Umsetzung der zweiten Stufe des MwSt-Digitalpakets

Die Finanzverwaltung äußert sich zur Umsetzung der zweiten Stufe des MwSt-Digitalpakets zum 1.4.2021 bzw. 1.7.2021 und ändert den UStAE.

Zum 1.7.2021 und für die Anmeldemöglichkeiten auch schon ab dem 1.4.2021 treten die neuen Regelungen des sog. MwSt-Digitalpakets in der Europäischen Union in Kraft. Durch diese neuen Vorschriften verändern sich insbesondere die Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Lieferungen gegenüber Nichtunternehmern. Es wird aber auch ein neuer Leistungstatbestand – ein "fiktives Reihengeschäft" – eingeführt. Darüber hinaus wird die bisherige Mini-One-Stop-Shop-Regelung durch verschiedene One-Stop-Shops abgelöst, die für Unternehmer völlig neue Bedingungen für die Besteuerung von Umsätzen nach sich ziehen. Die Finanzverwaltung hat pünktlich zum gesetzlichen Start der Anmeldemöglichkeit zum One-Stop-Shop und damit rechtzeitig vor Inkrafttreten der weiteren Vorschriften in einem ausführlichen Schreiben Stellung genommen und den UStAE umfassend ergänzt.

Hintergrund

Nach dem Wegfall der Binnenmarktgrenzen zum 1.1.1993 wurde entschieden, weiterhin Umsatzsteuer bei Lieferungen im Bestimmungsmitgliedstaat (sog. Bestimmungslandprinzip) entstehen zu lassen, wenn dies praktisch möglich ist. Bei Lieferungen an Personen, die keine innergemeinschaftlichen Erwerbe besteuern müssen (Nichtunternehmer und besondere Unternehmer i.S.d. § 1a Abs. 3 UStG, die die Erwerbsschwelle nicht überschreiten) wurde dies insbesondere dadurch umgesetzt, dass sich der Ort der Lieferung in den Bestimmungsmitgliedstaat verlagerte, wenn die landesspezifische Lieferschwelle von mindestens 35.000 EUR überschritten wurde (sog. Versandhandelsregelung). Dies führte dann zwingend zu einer individuellen Veranlagungsverpflichtung für den liefernden Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat.

Diese hohen Lieferschwellen verbunden mit hohen Kosten bei einer individuellen Veranlagung in anderen Mitgliedstaaten waren nicht mehr zeitgemäß, zumal sich der Markt der Versandhandelslieferungen seit Einführung des Binnenmarkts radikal verändert hat. Aus diesem Grund wurde in der Europäischen Union das sog. MwSt-Digitalpaket verabschiedet, dessen zweite  – wesentliche – Stufe eigentlich zum 1.1.2021 umgesetzt werden sollte. Aufgrund der Corona-Krise wurde dieser Termin – systematisch unglücklich – unionseinheitlich auf den 1.7.2021 verschoben. Die Umsetzung in das nationale Recht erfolgte durch das Jahressteuergesetz 2020.

Im Mittelpunkt der Änderungen zum 1.7.2021 steht die Fortentwicklung der bisherigen Versandhandelsregelung zum innergemeinschaftlichen Fernverkauf. Der Ort der Lieferung wird – mit Ausnahme einer geringfügigen Bagatellregelung (sog. Umsatzschwelle) – weiterhin bei der Lieferung an einen Abnehmerkreis, der keinen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen muss (Nichtunternehmer i.S.d. § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG oder die sog. besonderen Unternehmer nach § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG, die die jeweilige Erwerbsschwelle des Bestimmungsstaats nicht übersteigen und nicht darauf verzichten), nach § 3c Abs. 1 UStG in der ab dem 1.7.2021 geltenden Fassung dort sein, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet.

Es ergeben sich aber insbesondere 2 wesentliche Veränderungen im Vergleich zu den bisherigen Regelungen, die zu umfangreichen Anpassungen führen werden:

  1. Es gibt ab dem 1.7.2021 keine Lieferschwelle in der bisher bekannten Höhe mehr. Es kommt lediglich eine für alle Mitgliedstaaten summarische Umsatzschwelle i.H.v. 10.000 EUR (§ 3c Abs. 4 UStG) zur Anwendung, die zusammen mit der bisher schon bekannten Bagatellgrenze für die Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen ("TRFE-Leistungen") an Nichtunternehmer i.S.d. § 3a Abs. 5 UStG gilt. Die Umsatzschwelle gilt nicht pro Land, sondern für die Summe aller unter diese Regelungen fallenden Umsätze.
  2. Während bei der bisherigen Versandhandelsregelung der leistende Unternehmer unter den Bedingungen des § 3c UStG sich in dem jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat auch unmittelbar registrieren und besteuern lassen musste, wird jetzt wahlweise die bisher nur für bestimmte sonstige Leistungen geltende "Mini-One-Stop-Shop-Regelung" auf diese Leistungen erweitert – dann als "One-Stop-Shop-Regelung" (OSS-Regelung).

Hinweis: Unternehmer können sich seit dem 1.4.2021 über das Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern für die neue One-Stop-Shop-Regelung registrieren lassen. Unternehmer, die schon für das Vorgängerverfahren der Mini-One-Stop-Shop-Regelung registriert sind, nehmen automatisch an der Sonderregelung One-Stop-Shop (EU-Regelung) teil. Andere Unternehmer müssen, um an der Sonderregelung teilzunehmen, ihre Teilnahme auf elektronischem Weg unter Angabe ihrer USt-IdNr. beim BZSt beantragen. Bei umsatzsteuerlichen Organschaften muss die Teilnahme an der Sonderregelung durch den Organträger unter dessen USt-IdNr. beantragt werden.

Über diese neuen innergemeinschaftlichen Fernverkäufe hinaus sind aber zur Sicherstellung des Steueraufkommens in der Europäischen Union weitere Veränderungen im UStG vorgenommen worden.

Insgesamt lassen sich die neuen Regelungen in verschiedene Kategorien unterteilen:

  1. Völlig neue Regelungen für die Verkäufe in andere Mitgliedstaaten an Leistungsempfänger, die ohne gültige USt-IdNr. auftreten – Neufassung des § 3c UStG, von den Versandhandelslieferungen zu den innergemeinschaftlichen Fernverkäufen.
  2. Aufnahme neuer Vorschriften in § 3c UStG für Lieferungen, bei denen die Gegenstände aus dem Drittlandsgebiet in die Europäische Union eingeführt werden.
  3. Regelungen zu einem "fiktiven Reihengeschäft", wenn Gegenstände unter Einbeziehung einer elektronischen Plattform geliefert werden.
  4. Einführung verschiedener Möglichkeiten der zentralen Erfassung von Umsätzen in anderen Mitgliedstaaten über einen One-Stop-Shop.
  5. Vereinfachtes Einfuhrverfahren bei gleichzeitigem Wegfall der bisherigen Befreiung für Waren bis zu einem Wert von 22 EUR.

Wichtig: Von entscheidender Bedeutung – insbesondere für deutsche Unternehmer – sind die Veränderungen bei dem innergemeinschaftlichen Fernverkauf. Unternehmer, die Waren in andere Mitgliedstaaten an Abnehmer verkaufen, die keinen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen müssen und die bisher wegen der hohen Lieferschwellen (mindestens 35.000 EUR pro Land) sich nicht um die Umsatzsteuerkonsequenzen in den anderen Mitgliedstaaten kümmern mussten, müssen sich jetzt intensiv mit den neuen Regelungen auseinandersetzen.

Das BMF-Schreiben v. 1.4.2021

Nach einer Einführung zu den Grundsätzen der Neuregelungen ergänzt bzw. ändert die Finanzverwaltung den UStAE. Zu den Neuregelungen werden neue Abschnitte eingefügt oder die Abschnitte vollständig neu gefasst:

  • Zur Einbeziehung von Betreibern elektronischer Schnittstellen in fiktive Lieferketten wird ein neuer Abschn. 3.18 UStAE eingeführt.
  • Zur Anwendung der unionseinheitlichen Bagatellregelung (Umsatzschwelle) für die innergemeinschaftlichen Fernverkäufe und die digitalen Dienstleistungen (diese umfassen nach § 3a Abs. 5 UStG die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, die Telekommunikationsdienstleistungen und die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen) wird Abschn. 3a.9a Abs. 1 UStAE um ein Anwendungsbeispiel ergänzt.
  • Zu den innergemeinschaftlichen Fernverkäufen und den anderen Fernverkäufen wird Abschn. 3c.1 UStAE vollständig neu gefasst – diese ab dem 1.7.2021 geltenden Verwaltungsanweisungen haben nichts mehr mit den bisherigen Anweisungen der Finanzverwaltung zu den Versandhandelslieferungen zu tun.
  • Zur Steuerbefreiung bei Lieferungen über eine elektronische Schnittstelle wird eine kurze Erläuterung durch einen Abschn. 4.4c.1 UStAE eingeführt.
  • Zu den neuen One-Stop-Shop-Regelungen werden umfassende neue Abschnitte (Abschn. 18i.1, 18j.1 und 18k.1 UStAE) in den UStAE aufgenommen.
  • Für die Möglichkeit eines vereinfachten Einfuhrverfahrens bei Gegenständen mit einem Sachwert bis zu 150 EUR wird Abschn. 21a.1 UStAE neu aufgenommen.
  • Für die Aufzeichnungspflichten bei Teilnahme an den besonderen Besteuerungsverfahren werden die Hinweise in Abschn. 22.3a UStAE ergänzt.

Lieferung über elektronische Schnittstellen

Unterstützt eine elektronische Schnittstelle die Lieferung eines Unternehmers, kann sich unter weiteren Voraussetzungen ein fiktives Reihengeschäft nach der neu eingeführten Regelung des § 3 Abs. 3a UStG ergeben. Allerdings ergeben sich diese Rechtsfolgen nur unter 2 alternativen Voraussetzungen:

  1. Die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt und endet innerhalb der EU und der leistende Unternehmer ist nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig (§ 3 Abs. 3a Satz 1 UStG). Der Leistungsempfänger muss ein Nichtunternehmer oder eine andere in § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG aufgeführte Person (= nichtunternehmerisch tätige juristische Personen ohne USt-IdNr. sowie teilweise unternehmerisch tätige juristische Personen, bei denen die Leistung ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist) sein.
  2. Ein Gegenstand mit einem Sachwert (= Preis der Waren ohne Transport- und Versicherungskosten (sofern diese nicht im Preis enthalten sind) sowie aller anderen Steuern und Abgaben, Abschn. 3.18 Abs. 7 UStAE) von max. 150 EUR wird in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt (§ 3 Abs. 3a Satz 2 UStG). Der Leistungsempfänger muss ein Nichtunternehmer, eine andere in § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG aufgeführte Person oder ein besonderer Unternehmer nach § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG sein, der die Erwerbsschwelle nicht überschreitet und nicht auf die Anwendung verzichtet.

Wichtig: Für deutsche Unternehmer als Lieferer kann sich eine umsatzsteuerrechtliche Konsequenz damit nur nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG ergeben. Dies setzt aber voraus, dass der Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet eingeführt wird.

Dem Begriff der elektronischen Schnittstelle ist nach Abschn. 3.18 Abs. 3 UStAE ein sehr weites Verständnis zugrunde zu legen, er soll jegliche Art elektronischer Handelsplätze umfassen. Zur Frage der "Unterstützung" der Lieferung durch die elektronische Schnittstelle nimmt die Finanzverwaltung in Abschn. 3.18 Abs. 3 UStAE Bezug auf die unionseinheitlich in Art. 5b MwStSystRL-DVO enthaltenen Vorgaben.

Hinweis: In Abschn. 3.18 Abs. 3 UStAE hat die Finanzverwaltung – nicht erschöpfende – Merkmale aufgenommen, die darauf hindeuten können, dass ein Unternehmer eine elektronische Schnittstelle betreibt (insg. 11 verschiede Merkmale), dass eine elektronische Schnittstelle an der Autorisierung der Abrechnung beteiligt ist (insg. 5 Merkmale) oder dass der Unternehmer, der eine elektronische Schnittstelle betreibt, an der Bestellung oder Lieferung der Gegenstände beteiligt ist (insg. 7 Merkmale).

Bei einem Fernverkauf nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG muss der Gegenstand durch den Lieferer oder für seine Rechnung befördert oder versendet werden; da die Lieferung von Gas, Elektrizität, Wärme und Kälte keine bewegte Lieferung sein kann, fallen diese Lieferungen nicht unter den Begriff des Fernverkaufs. Es reicht aber auch eine indirekte Beteiligung des Lieferers aus. Eine indirekte Beteiligung (Art. 5a MwStSystRL-DVO und Abschn. 3.18 Abs. 4 Satz 8 UStAE) liegt vor, wenn

  • die Versendung oder Beförderung der Gegenstände vom Lieferer als Unterauftrag an einen Dritten vergeben wird, der die Gegenstände an den Erwerber transportiert oder transportieren lässt;
  • die Versendung oder Beförderung der Gegenstände durch einen Dritten erfolgt, der Lieferer jedoch entweder die gesamte oder die teilweise Verantwortung für die Lieferung der Gegenstände an den Erwerber trägt;
  • der Lieferer dem Erwerber die Transportkosten in Rechnung stellt, diese einzieht und sie dann an einen Dritten weiterleitet, der die Versendung oder Beförderung der Waren übernimmt;
  • der Lieferer in jeglicher Weise gegenüber dem Erwerber die Zustelldienste eines Dritten bewirbt, den Kontakt zwischen dem Erwerber und einem Dritten herstellt oder einem Dritten auf andere Weise die Informationen übermittelt, die dieser für die Zustellung der Gegenstände an den Erwerber benötigt.

Beispiel

Der in Deutschland ansässige Unternehmer U verkauft über das in Deutschland ansässige Internetportal I (= Vermittler) ein Radio für 100 EUR. Die Ware gelangt aus dem Lager des U in Bern (Schweiz) zum Privatkunden P nach Potsdam. Die Ware wird von I beim Zoll angemeldet; I nimmt am Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG (Import-One-Stop-Shop (IOSS)) teil.

Obwohl I nur als Vermittler handelt, wird nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG eine Lieferkette (= Reihengeschäft) fingiert – U liefert an I; I liefert an P. Die Warenbewegung wird der Lieferung des I an den P zugeordnet (§ 3 Abs. 6b UStG). Damit wäre die Lieferung in der Schweiz ausgeführt, der Ort wird aber nach § 3c Abs. 3 Satz 1 UStG nach DE verlagert - die Lieferung des I ist im Inland steuerbar und steuerpflichtig. I muss die Besteuerung im besonderen Verfahren nach § 18k UStG (IOSS) erklären. Die Einfuhr im Inland ist steuerbar, aber steuerfrei (§ 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG). Die Lieferung des U ist die ruhende Lieferung, die vor der bewegten Lieferung kommt und ebenfalls als am Beginn der Warenbewegung ausgeführt gilt (= Schweiz; § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG). Die Lieferung ist im Inland nicht steuerbar.

Die bewegte Lieferung – deren Ort dann dort ist, wo die Warenbewegung beginnt – wird immer der Lieferung des Betreibers der elektronischen Schnittstelle zugeordnet (§ 3 Abs. 6b UStG); diese Zuordnung geht der allgemeinen Zuordnung der bewegten Lieferung bei Reihengeschäften nach § 3 Abs. 6a UStG vor (Abschn. 3.18 Abs. 5 Satz 2 UStAE).

Wichtig: § 3 Abs. 3 Satz 2 UStG setzt voraus, dass es sich um eine Sendung mit einem Sachwert von max. 150 EUR handelt. Die Finanzverwaltung (Abschn. 3.18 Abs. 6 UStAE) stellt fest, dass grundsätzlich jedes Packstück eine Sendung i. S. d. Regelung darstellt. Werden Waren getrennt bestellt und getrennt geliefert, sind dies getrennte Sendungen, selbst wenn sie am selben Tag, aber in gesonderten Packstücken geliefert werden.

Die Ermittlung des Sachwerts stellt die Finanzverwaltung (Abschn. 3.18 Abs. 7 UStAE) an verschiedenen Beispielen dar. Soweit in der Rechnung gesondert ausgewiesen, gehen Transportkosten sowie die inländische als auch drittländische Umsatzsteuer nicht in den Sachwert mit ein.

In den Fällen des § 3 Abs. 3a UStG entsteht die Steuer zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zahlung angenommen wurde (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. i UStG sowie Abschn. 13.8 UStAE). Wird das besondere Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG (IOSS) angewendet, entsteht die Umsatzsteuer mit Ablauf des jeweiligen Kalendermonats (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h i. V. m. § 16 Abs. 1e Satz 1 UStG sowie Abschn. 13.8 UStAE – Besteuerungszeitraum ist hier der Kalendermonat).

Neuregelung zu den innergemeinschaftlichen Fernverkäufen

Die Finanzverwaltung fasst Abschn. 3c.1 UStAE zum 1.7.2021 völlig neu. In Abschn. 3c.1 UStAE wird der innergemeinschaftliche Fernverkauf anhand von verschiedenen Beispielen illustriert. Liegen die Voraussetzungen für einen innergemeinschaftlichen Fernverkauf vor, verlagert sich der Ort der Lieferung in den Mitgliedstaat, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Eine Ausnahme liegt nur dann vor, wenn der leistende Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr und im laufenden Kalenderjahr die Umsatzschwelle von 10.000 EUR nicht überschritten hat und auch nicht auf die Anwendung dieser Ausnahmereglung verzichtet hat (§ 3c Abs. 4 UStG). Bezüglich der Anwendung der Umsatzschwelle (Bagatellgrenze) wird auf Abschn. 3a.9a Abs. 1 UStAE verwiesen.

Wichtig: Für die Prüfung der Umsatzschwelle von 10.000 EUR werden nicht erst die Umsätze ab dem 1.7.2021 herangezogen. Hat ein Unternehmer in 2020 oder schon im ersten Halbjahr 2021 Waren in andere Mitgliedstaaten an Abnehmer i. S. d. § 3c Abs. 1 UStG für mehr als 10.000 EUR (in die Prüfung dieser Umsatzschwelle sind auch die TRFE-Leistungen i. S. d. § 3a Abs. 5 UStG mit einzubeziehen) – in der Summe aller Mitgliedstaaten – geliefert, unterliegen alle Lieferungen ab dem 1.7.2021 der Ortsbestimmung des § 3c Abs. 1 UStG, soweit die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind (Abschn. 3a.9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStAE).

Die Umsatzschwelle von 10.000 EUR wird aber in 2021 – obwohl die Regelung erst zum 1.7.2021 in Kraft tritt – nicht zeitanteilig aufgeteilt.

Beispiele

Der in Deutschland ansässige Unternehmer U verkauft über das Internet einen Fernseher für 1.000 EUR an eine Privatperson in den Niederlanden. Die Ware wird am 5.7.2021 aus seinem Lager in Deutschland durch einen von ihm beauftragten Frachtführer zum Kunden in die Niederlande transportiert.

a) U hat in 2020 Waren im Gesamtwert von 20.000 EUR an Privatpersonen in anderen Mitgliedstaaten geliefert.

b) U hat in 2020 keine Waren in andere Mitgliedstaaten geliefert, hat aber im ersten Halbjahr 2021 schon für 12.000 EUR an diese Abnehmer Waren geliefert.

c) U hat bisher noch keine Waren an Abnehmer in anderen Mitgliedstaaten geliefert, aber in 2020 für 12.000 EUR Privatpersonen aus Österreich den Download von E-Books ermöglicht.

d) U hat in 2020 Waren für 5.000 EUR an Privatpersonen in anderen Mitgliedstaaten geliefert, in 2021 bis 30.6.2021 bisher für 7.000 EUR.

In den Fällen a) – c) hat U jeweils die Umsatzschwelle von 10.000 EUR nach § 3c Abs. 4 UStG überschritten, sodass der Ort der Lieferung des Fernsehers nach § 3c Abs. 1 UStG in den Niederlanden ist (Ende der Versendung). Die Lieferung ist im Inland nicht steuerbar, es entsteht aber niederländische Umsatzsteuer, da der Umsatz nach niederländischem Recht dort steuerbar und steuerpflichtig ist. Soweit U an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j UStG teilnimmt (OSS), ist der Umsatz in der besonderen Umsatzsteuererklärung für das dritte Quartal gegenüber dem BZSt zu erklären und die niederländische Umsatzsteuer bis Ende Oktober 2021 an das BZSt zu zahlen. Für die Anwendung des OSS ist die Anmeldung bis zum 1.7.2021 erforderlich. Nimmt U nicht an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j UStG teil, muss er sich für diese Lieferung in den Niederlanden umsatzsteuerrechtlich erfassen lassen.

Nur im Fall d) hat U die Umsatzschwelle von 10.000 EUR bisher nicht überschritten, sodass sich der Ort der Lieferung nicht in die Niederlande verlagert. Die Lieferung ist mit Übergabe an den Frachtführer ausgeführt (§ 3 Abs. 6 Satz 4 UStG) und damit im Inland steuerbar und auch steuerpflichtig. U muss deutsche Umsatzsteuer abführen. Wenn er im weiteren Verlauf von 2021 mit weiteren Lieferungen (in der Summe) oder den TRFE-Leistungen die Umsatzschwelle von 10.000 EUR überschreitet, ist die Leistung, mit der die Schwelle überschritten wird, die erste Leistung, deren Ort sich nach § 3c Abs. 1 UStG richtet.

In Abschn. 3c.1 Abs. 2 UStAE definiert die Finanzverwaltung die Leistungsempfänger i. S. d. Regelung des § 3c Abs. 1 UStG. Weiterhin muss der leistende Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat befördern oder versenden oder wenigstens indirekt an dem Warentransport beteiligt sein; da die Lieferung von Gas, Elektrizität, Wärme und Kälte keine bewegte Lieferung sein kann, fallen diese Lieferungen nicht unter den Begriff des innergemeinschaftlichen Fernverkaufs. Zur Frage der mittelbaren Beteiligung an dem Warentransport verweist die Finanzverwaltung auf die gleichlautenden Regelungen zur fiktiven Lieferung bei Einschaltung einer elektronischen Schnittstelle; vgl. dazu oben.

Neuregelung zu den weiteren Fernverkäufen

In § 3c Abs. 2 und Abs. 3 UStG sind die weiteren Möglichkeiten des Fernverkaufs geregelt, die jeweils eine Einfuhr eines Gegenstands aus dem Drittland voraussetzen:

  • In Abschn. 3c.1 Abs. 3 UStAE setzt die Finanzverwaltung die Regelungen zu einem Fernverkauf eines Gegenstands um, der aus dem Drittlandsgebiet in einen anderen Mitgliedstaat als den, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands an den Erwerber endet, eingeführt wird. Der Ort der Lieferung ist nach § 3c Abs. 2 UStG dort, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Die Regelung gilt unabhängig von einer umsatzbezogenen Bagatellgrenze.
  • Der Fernverkauf eines Gegenstands, der aus dem Drittlandsgebiet in den Mitgliedstaat eingeführt wird, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands an den Erwerber endet, wenn die Lieferung über das besondere elektronische Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG erfolgt, wird von der Finanzverwaltung in Abschn. 3c.1 Abs. 4 UStAE umgesetzt. Der Ort der Lieferung ist unter den Voraussetzungen nach § 3c Abs. 3 UStG im Einfuhrland. Die Regelung gilt ebenfalls unabhängig von einer umsatzbezogenen Bagatellgrenze.

Beispiel

Der deutsche Händler H verkauft über seinen eigenen Internet-Shop ein Radio an eine Privatperson in Stuttgart für 100 EUR. Die Ware wird aus dem Auslieferungslager des H in Bern (Schweiz) zu dem Kunden versandt. Die Zollanmeldung erfolgt durch H; H nimmt an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18k UStG (IOSS) teil.

H führt eine Lieferung  gegenüber dem Kunden aus. Der Gegenstand gelangt aus dem Drittlandsgebiet (Schweiz) in das Inland. Da der Gegenstand im Inland eingeführt wird und der Gegenstand anschließend im Inland verbleibt, verlagert sich der Ort der Lieferung in das Inland (§ 3c Abs. 3 Satz 1 UStG). Die Lieferung ist für H im Inland steuerbar und mangels einer Steuerbefreiung auch steuerpflichtig. Die Umsatzsteuer ist nicht im Regelverfahren zu erklären, sondern über den IOSS nach § 18k UStG. Die Einfuhr des H ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG steuerbar, aber nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG steuerfrei.

Würde H nicht am IOSS-Verfahren teilnehmen, käme § 3c Abs. 3 UStG nicht zur Anwendung, der Ort der Lieferung (eigentlich Beginn der Beförderung oder Versendung nach § 3 Abs. 6 UStG in der Schweiz) würde sich aber – soweit H der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist – in das Inland verlagern (§ 3 Abs. 8 UStG). Die dann im Inland ebenfalls steuerbare und steuerpflichtige Lieferung des H müsste im Regelverfahren (Umsatzsteuer-Voranmeldung) erklärt werden. Die Einfuhr wäre für H steuerbar und steuerpflichtig, nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG hätte er den Vorsteuerabzug.

Steuerbefreiung bei Lieferungen nach § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG

Bei Lieferungen über eine elektronische Schnittstelle, bei der die Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, liegt ein fiktives Reihengeschäft (Unternehmer – elektronische Schnittstelle – Kunde) vor, wenn der Unternehmer nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist. In diesem Fall ist der Lieferung der elektronischen Schnittstelle die Warenbewegung zuzurechnen.  Die Lieferung des (aus dem Drittlandsgebiet stammenden) Unternehmers ist die ruhende Lieferung, die aber – soweit der Ort der Lieferung im Inland ist – nach § 4 Nr. 4c UStG steuerfrei. Die Finanzverwaltung nimmt in Abschn. 4.4c.1 UStAE Hinweise zu dieser Steuerbefreiung auf, die nicht über die sich aus dem Gesetz bzw. aus der Systematik ergebenden Erkenntnisse hinausgehen.

Beispiel

Der in der Schweiz ansässige Unternehmer S verkauft über das in Deutschland ansässige Internetportal I (I ist zivilrechtlich Vermittler und handelt in fremden Namen) ein Elektrogerät für 1.000 EUR. Die Ware gelangt aus dem Lager des S in Stuttgart zum Privatkunden P nach Potsdam.

Obwohl I nur als Vermittler handelt, wird nach § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG (S kommt aus dem Drittlandsgebiet, die Versendung der Ware beginnt und endet im Gemeinschaftsgebiet) eine Lieferkette (fiktives Reihengeschäft) fingiert – S liefert danach an I; I liefert an P.

Die Warenbewegung wird der Lieferung des I an den P zugeordnet (§ 3 Abs. 6b UStG). Damit ist die Lieferung des I am Beginn der Warenbewegung (Stuttgart) ausgeführt – die Lieferung des I ist im Inland steuerbar und steuerpflichtig. I muss die sich aus der Lieferung an K ergebende deutsche Umsatzsteuer berechnen und anmelden. Soweit I an dem besonderen Verfahren nach § 18j UStG (One-Stop-Shop) teilnimmt, ist der Umsatz in diesem Verfahren zu besteuern, ansonsten im Regelverfahren (Umsatzsteuer-Voranmeldung).

Die Lieferung des S ist die ruhende Lieferung, die vor der bewegten Lieferung als ausgeführt gilt und ebenfalls einen Ort der Lieferung am Beginn der Warenbewegung hat (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG). S liefert damit im Inland steuerbar an I. Die Lieferung ist aber nach § 4 Nr. 4c UStG steuerfrei.

Besteuerung über den One-Stop-Shop

Zum 1.7.2021 ist die Besteuerung bestimmter Umsätze über die neuen One-Stop-Shops möglich. Die Finanzverwaltung nimmt in je einem neuen Abschnitt im UStAE zu jeder Möglichkeit Stellung.

Besteuerungsverfahren für Drittlandsunternehmer (One-Stop-Shop – Nicht-EU-Regelung)

Über die Neuregelung des § 18i UStG, zu der die Finanzverwaltung ausführlich in Abschn. 18i.1 UStAE Stellung nimmt, wird es nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern ermöglicht, in dem besonderen Verfahren sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG (insb. Nichtunternehmer sowie juristische Personen, die nicht Unternehmer sind und die keine USt-IdNr. haben), für die sie Umsatzsteuer in der EU schulden, über eine elektronische Erfassung in einem Mitgliedstaat abzuwickeln. In diesem Zusammenhang ist Folgendes zu beachten:

  • In diesem Verfahren können ab 1.7.2021 nicht nur die "TRFE-Leistungen" besteuert werden, sondern alle gegenüber diesen Leistungsempfängern ausgeführten sonstigen Leistungen.
  • Die auf den jeweiligen EU-Mitgliedstaat entfallenden Umsätze sind zu trennen und dem im betreffenden EU-Mitgliedstaat geltenden Steuersatz zu unterwerfen.
  • Der Besteuerungszeitraum ist nach § 16 Abs. 1c Satz 1 UStG das Kalendervierteljahr, die Erklärung ist innerhalb eines Monats nach Ablauf des Besteuerungszeitraums elektronisch abzugeben und die Zahlung bis zu dieser Frist zu leisten.

Besteuerungsverfahren für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer (One-Stop-Shop – EU-Regelung)

In Abschn. 18j.1 UStAE wird der One-Stop-Shop nach § 18j UStG ausführlich von der Finanzverwaltung geregelt. Diese Regelung wird vor allem für deutsche Unternehmen von Bedeutung sein.

Die One-Stop-Shop-Regelung kann für die folgenden Sachverhalte angewendet werden:

  • Der Unternehmer führt in anderen Mitgliedstaaten (in denen er nicht ansässig ist) sonstige Leistungen an Nichtunternehmer (i. S. d. § 3a Abs. 5 UStG) aus, für die er die Umsatzsteuer schuldet.
  • Der Unternehmer führt innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Abs. 1 UStG aus.
  • Der Unternehmer führt als elektronische Schnittstelle fiktive Lieferungen nach § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG innerhalb eines Mitgliedstaats aus.

Wichtig: Bis zum 30.6.2021 konnten deutsche Unternehmer nur die sog. TRFE-Leistungen (nach § 3a Abs. 5 UStG) gegenüber Nichtunternehmern in anderen Mitgliedstaaten über die "Mini-One-Stop-Shop-Regelung" des § 18h UStG erfassen. Jetzt ist dies nicht nur auf die innergemeinschaftlichen Fernverkäufe erweitert worden, sondern erfasst auch weitere sonstige Leistungen.

Auch Kleinunternehmer, die in anderen Mitgliedstaaten Umsatzsteuerbeträge schulden, können an diesem Verfahren teilnehmen; Organschaften dürfen das Wahlrecht nur einheitlich durch den Organträger ausüben (Abschn. 18j.1 Abs. 1 Satz 3 UStAE).

Praxis-Tipp: Bei dem One-Stop-Shop gilt nur ein "Alles-oder-nichts-Prinzip". Wenn dieses Verfahren gewählt wird, muss es für alle in diesem Verfahren erfassbaren Umsätze und für alle Mitgliedstaaten angewendet werden. Kleinere Unternehmen werden in der Praxis nicht an der Teilnahme an diesem Verfahren vorbeikommen, da sie sich ansonsten in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU zur Umsatzsteuer erfassen lassen müssten.

Die weiteren Aussagen der Finanzverwaltung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Besteuerungszeitraum ist das Kalendervierteljahr (§ 16 Abs. 1d Satz 1 UStG); die Erklärung ist binnen eines Monats elektronisch abzugeben und Zahlung zu leisten.
  • Anders als bisher bei MOSS kann der Unternehmer Berichtigungen einer Erklärung in einer späteren Erklärung vornehmen (unter Angabe des zu berichtigenden Zeitraums).
  • Die Anmeldung zu diesem Verfahren muss – wenn Deutschland gewählt wird – gegenüber dem BZSt erfolgen. Die Anmeldung muss vor Beginn des Besteuerungszeitraums (Kalendervierteljahr) erfolgen.
  • Werden erstmals solche Umsätze ausgeführt oder die Umsatzgrenze (10.000 EUR) überschritten, muss die Anmeldung bis zum 10. Tag des auf die erste Leistungserbringung folgenden Monats erfolgen.
  • Werden keine solchen Umsätze mehr ausgeführt oder es treten andere Änderungen ein, ist dies bis zum 10. Tag des auf die Änderung folgenden Monats anzuzeigen.
  • Die Teilnahme kann auch widerrufen werden (dann muss individuelle Veranlagung erfolgen); der Widerruf ist nur vor Beginn eines neuen Besteuerungszeitraums möglich.
  • Die Finanzverwaltung kann bei nachhaltigen Verstößen gegen die Verpflichtungen oder wenn 2 Jahre keine solchen Umsätze ausgeführt wurden, den Unternehmer für die Zukunft von dem Verfahren ausschließen.
  • Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an dem besonderen Besteuerungsverfahren teil, ist die Steuererklärung ab dem Zeitpunkt, zu dem die Daten dem BZSt übermittelt worden sind, eine Steueranmeldung i. S. d. § 150 Abs. 1 Satz 3 und § 168 AO.
  • Die Beträge in der Umsatzsteuererklärung sind in Euro anzugeben, es sei denn, der EU-Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Leistungsort liegt, sieht die Angabe der Beträge in seiner Landeswährung vor. Bei einer Umrechnung muss eine tagesgenaue Umrechnung erfolgen (§ 16 Abs. 6 Sätze 4 und 5 UStG).

Besteuerungsverfahren für Fernverkäufe von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen (bis 150 EUR)

Zu der neu in § 18k UStG aufgenommenen Regelung des sog. Import-One-Stop-Shops (IOSS) hat die Finanzverwaltung ausführlich in Abschn. 18k.1 UStAE Stellung genommen. Danach können Unternehmer, die ab dem 1.7.2021 als Steuerschuldner Fernverkäufe mit aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen (bis Sachwert von höchstens 150 EUR) ausführen und dafür im Gemeinschaftsgebiet Umsatzsteuer schulden, diese Umsatzsteuer ebenfalls in einem besonderen elektronischen Verfahren bei einer einzigen Stelle im Gemeinschaftsgebiet (wenn in Deutschland, ist dies auch das BZSt) erklären.

Wichtig: Anders als bei den anderen One-Stop-Shop-Regelungen ist für den IOSS der Kalendermonat der Besteuerungszeitraum. Ansonsten sind die in Abschn. 18k.1 UStAE aufgenommenen Verweise den Vorgaben zu dem normalen One-Stop-Shop entsprechend.

Konsequenzen für die Praxis

Die Regelungen des Digitalpakets werden viele Unternehmer vor neue Herausforderungen stellen. Es muss festgestellt werden, dass die Regelungen des Digitalpakets vielleicht einem guten Zweck dienen, die Umsetzung normale Anwender des Steuerrechts aber schlicht überfordern wird. Fiktive Reihengeschäfte, innergemeinschaftliche Fernverkäufe, Fernverkäufe mit unterschiedlichen Möglichkeiten der Einfuhr in der Europäischen Union, Unterschiede in Abhängigkeit vom Sachwert der Lieferung, verschiedene Möglichkeiten des One-Stop-Shops mit unterschiedlichen Besteuerungszeitpunkten werden kaum noch rechtssicher angewendet werden können. Es kommt hinzu, dass der Gesetzgeber eine Umsetzung gewählt hat, die kaum mehr lesbar ist. Der Versuch, aus dem Gesetz für Einzelfälle eine rechtssichere Lösung ermitteln zu wollen, wird zu einem Glücksspiel.

Insbesondere kleinere Unternehmen, die sich bisher nicht mit den Versandhandelsregelungen beschäftigt hatten, da die individuellen Lieferschwellen der Bestimmungsmitgliedstaaten nicht überschritten wurden, müssen sich mit diesen neuen Rechtsfolgen vertraut machen. Unternehmer, die (auch) Waren an Nichtunternehmer oder besondere Unternehmer liefern, die keinen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen müssen, werden in aller Regel jetzt die unionseinheitliche Umsatzschwelle von 10.000 EUR überschreiten. Wenn dann nicht die One-Stop-Shop-Regelung angewendet wird, muss der Unternehmer sich auch für Bagatellbeträge in anderen Mitgliedstaaten unmittelbar erfassen lassen. Die Teilnahme an der One-Stop-Shop-Regelung ist damit aus wirtschaftlichen Gründen alternativlos.

Besonderes Augenmerk muss darauf gerichtet werden, die Umsätze in dem "richtigen" Verfahren anzumelden. So kann auch ein deutscher Unternehmer für im Inland steuerbare Umsätze die Besteuerung im One-Stop-Shop vornehmen müssen, wenn er Waren aus einem Warenlager in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union an Nichtunternehmer in Deutschland verkauft und er sich für die Teilnahme am One-Stop-Shop entschieden hat.

Über die Regelungen des Digitalpakets ist lange diskutiert worden. Nun kommen sie zum 1.7.2021, die Praxis ist aber über diese Regelungen technologisch schon weit hinweg. Keine Antworten geben die Neuregelungen auf die heute üblichen Verkäufe über große Online-Marktplätze, die zur zeitnahen Versorgung Zentrallager in verschiedenen Mitgliedstaaten unterhalten und Waren der einzelnen Unternehmer zwischen diesen Lagern umlagern. Hier bleibt es bei der zwingenden Veranlagung der Unternehmer in den einzelnen Mitgliedstaaten. Eine Einbeziehung des innergemeinschaftlichen Verbringens in die Besteuerung über den One-Stop-Shop ist genauso wenig möglich wie die Lieferung aus einem solchen Warenlager an einen Nichtunternehmer in diesem Mitgliedstaat.

BMF, Schreiben v. 1.4.2021, III C 3 - S 7340/19/10003 :022