Rz. 371

Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 1.8.2016 die Schnittstelle der Ausbildungsförderung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach eigener Einschätzung entschärft.

Auszubildende, deren Ausbildung dem Grunde nach durch Ausbildungsförderung nach dem BAföG, durch Berufsausbildungsbeihilfe oder durch das Ausbildungsgeld nach dem SGB III förderungsfähig sind, hatten bis zum 31.7.2016 über die Leistungen für Auszubildende nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II. Die Abgrenzung der Systeme fußt auf dem Grundgedanken, dass Auszubildende den spezialgesetzlichen Regelungen der Ausbildungsförderung zugewiesen werden sollen. Dennoch galten schon zuvor Ausnahmen insbesondere für diejenigen Auszubildenden, die während einer förderungsfähigen Ausbildung im Haushalt der Eltern leben. Sie waren und sind bereits bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zum Bezug von Bürgergeld berechtigt.

 

Rz. 372

Zudem sind in § 27 ergänzende Leistungen geregelt, die – teilweise aufstockend – neben der Ausbildungsförderung für Auszubildende erbracht werden, die keinen Anspruch auf Bürgergeld haben (zum Begriff der besonderen Härte in § 27 Abs. 3 vgl. Bay. LSG, Urteil v. 18.7.2018, L 15 AS 686/16). Dabei folgt die Berechnung der Leistungen nach § 27 weitgehend den für das Bürgergeld geltenden Regelungen.

Abs. 5 Satz 1 regelt seit dem 1.8.2016 grundsätzlich, dass Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben. Abs. 5 Satz 2 bestimmt, dass der Ausschluss auch für Auszubildende gilt, deren Bedarf sich nach § 61 Abs. 2, § 62 Abs. 3, § 123 Satz 1 Nr. 2 (Klarstellung durch das Gesetz zur Anpassung des Zwölften und des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Gesetze v. 22.12.2023, BGBl. I Nr. 408, redaktionelle Korrektur des Verweises) sowie § 124 Nr. 2 SGB III bemisst.

Seit der Neufassung der Abs. 5 und 6 mit Wirkung zum 1.8.2016 gehören dagegen zum leistungsberechtigten Personenkreis

  • Auszubildende in einer nach § 57 SGB III förderungsfähigen Berufsausbildung bzw. in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme,
  • Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 12 oder § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG bemisst (Schüler) und
  • behinderte Auszubildende, die für eine Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 118 SGB III erhalten.

Förderungsfähige Berufsausbildungen oder Berufsausbildungsvorbereitungen (§§ 51, 57, 58 SGB III) unterfallen seit dem 1.8.2016 nicht (mehr) dem Leistungsausschluss; Bürgergeld kann daher ggf. aufstockend gewährt werden (Bay. LSG, Beschluss v. 9.8.2016, L 16 AS 366/16 B ER). Damit wird das Ziel verfolgt, die Aufnahme und das Absolvieren einer Ausbildung zu erleichtern.

 

Rz. 373

Ausgeschlossen sind nach Abs. 5 Satz 1 Studierende in eigener Wohnung an höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen einschließlich der Schüler und Studierenden, die in einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung einen Anspruch auf BAföG-Leistungen haben (wie schon zuvor mit der Ausnahme älterer Abendschüler). Der Leistungsausschluss soll nicht Auszubildende erfassen, die in Fällen des § 2 Abs. 5 Satz 1 HS 2 BAföG in Teilzeitform ausgebildet werden, wenn die Ausbildung auch nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist (OVG Lüneburg, Urteil v. 24.10.2019, 4 LC 238/16). Das SG Berlin hat entschieden, dass die Fortführung eines dem Grunde nach förderungsfähigen Vollzeitstudiums in Teilzeit lediglich eine andere Ausbildungsmodalität darstellt (SG Berlin, Urteil v. 26.8.2019, S 34 AS 2277/18). Ein Ausschluss nach Abs. 5 soll aber nicht das in Teilzeit absolvierte und damit nach § 2 Abs. 5 BAföG nicht förderfähige Studiensemester betreffen (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 21.7.2022, L 14 AS 189/21).

Auch ein duales Studium kann dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG sein. Der Einwand, die Förderungsfähigkeit des Studiums sei nicht gegeben, weil das Studium die Arbeitskraft nicht i. S. d. § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG voll in Anspruch nimmt, greift nicht durch, wenn es sich bei der beruflichen Ausbildung um einen integrierten Bestandteil des Hochschulstudiums und nicht um eine daneben betriebene Tätigkeit handelt (BSG, Urteil v. 21.6.2023, B 7 AS 11/22). Im entschiedenen Verfahren änderte es nichts an der Förderungsfähigkeit des Studiums im Rahmen des BAföG dem Grunde nach, dass deswegen keine Leistungen nach dem BAföG zustanden, weil der (späte) Fachrichtungswechsel dem dortigen Leistungsanspruch entgegenstand. Es waren allein individuelle Gründe für den Ausschluss von Ausbildungsförderungsleistungen nach dem BAföG ausschlaggebend.

Das BSG hat offen gelassen, ob die Ausbildung nach anderen Vorschriften dem Grunde nach hätte gefördert werden können, weil auch dies den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 nicht berührt. Hierfür sprechen dessen Wortlaut, seine Entstehungsgeschichte sowie insbesonder...

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