Rz. 26

Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 sieht Leistungen für die Erstausstattung mit Bekleidung, auch Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt vor. Davon werden Ersatzbeschaffungen nicht erfasst. Leistungen zur Erstausstattung mit Bekleidung kommen aber neben der Erstausstattung selbst auch in vergleichbaren Lebenslagen in Betracht (wie auch bei der Erstausstattung für die Wohnung). Auch kommt eine Leistung im Rahmen der Erstausstattung für Bekleidung nicht für die Anschaffung von festlicher Bekleidung für besondere Anlässe wie etwa die Jugendweihefeier in Betracht (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 14.11.2013, L 5 AS 175/12). Festliche Bekleidung für einen Jugendlichen zählt demnach nicht zu dem grundlegenden Bedarf an menschenwürdiger Bekleidung. Eine Teilnahme an der Feier in Alltagskleidung stelle keinen Verstoß gegen die Menschenwürde dar. Auch können etwaige Kosten für Tagesfahrten anlässlich der Jugendweihefeier nicht im Rahmen der Leistungen für Bildung und Teilhabe übernommen werden, weil die Fahrt nicht auf landesrechtlichen Bestimmungen beruht. Eine erhebliche Gewichtsreduktion kann jedoch einen außergewöhnlichen Umstand darstellen, der einen Anspruch auf Erstausstattung für Bekleidung begründen kann (LSG Hamburg, Urteil v. 27.10.2011, L 5 AS 342/10, vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 8.11.2013, L 19 AS 1777/13 B ER für den Fall erheblicher Gewichtsschwankungen). Der Anspruch auf die Leistungen soll unabhängig davon bestehen, ob die betroffene Leistungsberechtigte Zuwendungen aus der Mutter-Kind-Stiftung erhält (LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 13.6.2013, L 13 AS 52/11). Leistungen kommen in Betracht nach

  • Eintritt und für die Zeit einer Schwangerschaft,
  • Geburt,
  • Erstausstattung nach einem Schadensereignis unter Verlust der Kleidung,
  • Erstausstattung bei Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II, wenn keine ausreichende Kleidung vorhanden ist.

Für Säuglinge sind nicht nur Bekleidungsstücke einschließlich Windeln zu übernehmen, sondern auch eine Grundausstattung mit Sachgegenständen, wie Wickelauflagen, Kinderwagen, Kinderbett einschließlich Bettwäsche usw. Insoweit ist Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 als "einschließlich Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt" zu lesen. Der Gesetzgeber hat zum 1.8.2006 durch das SGB II-Fortentwicklungsgesetz anerkanntermaßen eine entsprechende Klarstellung vorgenommen. Aus den Mitteln der Mutter-Kind-Stiftung gewährte Leistungen sollen der Mutter ohne Rechtsanspruch zusätzliche, über den Anspruch nach dem SGB II hinausgehende Hilfen zur Verfügung gestellt werden, die einer Frau in Notlage die Fortsetzung der Schwangerschaft erleichtern sollen. Deshalb soll es auch nicht darauf ankommen, ob diese Leistungen vor oder nach denen nach dem SGB II gewährt werden. Leistungen der Stiftung für die Erstausstattung des Kindes bleiben als Einkommen unberücksichtigt, wenn bei Sozialleistungen aufgrund von Rechtsvorschriften die Gewährung oder die Höhe dieser Leistung von anderem Einkommen abhängig ist (§ 5 Abs. 2 MuKStiftG). Eine Anrechnung dem Grunde oder der Höhe nach ist damit ausgeschlossen. Bedarfe nach dem SGB II sind mit den Leistungen nicht zu decken. Ein Jobcenter darf die Ablehnung einer Erstausstattung auch nicht pauschal damit begründen, es sei das übliche Vorgehen, die beim ersten Kind angeschafften Gegenstände beim zweiten Kind weiterzubenutzen. Vielmehr kann im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der besonderen Umstände wieder eine Erstausstattung geboten sein (SG Karlsruhe, Urteil v. 12.12.2017, S 12 AS 1866/17).

 

Rz. 26a

Der Bedarf für eine Erstausstattung bei Geburt nach Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ist bedarfsbezogen zu ermitteln. Die Rechtswidrigkeit der Höhe einer gewährten Pauschale kann sich nur daraus ergeben, dass mit dieser Pauschale der konkrete Bedarf nicht gedeckt werden konnte. Die Gerichte haben nicht abstrakt und losgelöst von den geltend gemachten Aufwendungen im Einzelfall eine höhere Pauschale für die Säuglingserstausstattung festzulegen (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 22.9.2020, L 14 AS 560/17

Kommt es zum Totalverlust der Bekleidung oder besitzt der Leistungsberechtigte aufgrund von Wohnungslosigkeit oder Haft keine ausreichende Bekleidung mehr, dürften die vorhandenen Bedarfe durch die Jobcenter zu decken sein (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 25.2.2010, L 34 AS 24/09; Bay. LSG, Urteil v. 23.4.09, L 11 AS 125/08). Besitzt ein nach Strafhaft entlassener Leistungsberechtigter kaum mehr Kleidung, weil sie bei der Räumung seiner Wohnung abhanden gekommen ist, besteht Anspruch auf eine Erstausstattung (SG Chemnitz, Urteil v. 20.9.2012, S 29 AS 3229/12). In der verbliebenen Kleidung konnte das Gericht keine Grundausstattung erkennen. Ein längerer Zeitablauf von der Entstehung des Bedarfes bis zur Antragstellung sei unerheblich, wenn der Bedarf fortbestehe.

 

Rz. 27

Zur Ausstattung gehören nur wirklich notwendige Bekleidungsstücke. Ein Verweis auf gebrauchte Artikel verstößt auch bei Schwangerschaftsbekleidung nicht gegen die Menschenwürd...

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