Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. abweichende Leistungserbringung. Erstausstattung bei Geburt. Verlust der für das erste Kind angeschafften Gegenstände. erneute Erstausstattung bei Geburt des zweiten Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Erstausstattung kommt nicht nur im Zusammenhang mit dem tatsächlich erstmaligen Auftreten des Bedarfs in Betracht, sondern eine Erstausstattung kann auch durch einen neuen Bedarf aufgrund außergewöhnlicher Umstände begründet sein.

2. Das Jobcenter kann die Ablehnung einer Erstausstattung nicht pauschal damit begründen, es sei das übliche Vorgehen, die beim ersten Kind angeschafften Gegenstände beim zweiten Kind weiter zu benutzen.

3. Im konkreten Einzelfall kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände wieder eine Erstausstattung gegeben sein.

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 19.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.05.2017 rechtswidrig gewesen ist.

2. Die Beklagte erstattet der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstausstattung für ein Baby hat.

Die am … 1996 geborene Klägerin bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Jobcenter der Stadt Pforzheim (JC). Seit dem 01.03.2016 lebt sie in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Lebensgefährten und ihrem im Jahr 2013 geborenen Sohn. Bis dahin wohnte sie gemeinsam mit dem Sohn im Haushalt ihrer Mutter. Auf ihren Antrag vom 11.08.2016 wurden ihr und den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zuletzt mit Bescheid vom 23.09.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.09.2016 bis zum 31.03.2017 bewilligt.

Am 21.09.2016 zeigte die Klägerin unter Vorlage einer frauenärztlichen Bescheinigung ihre erneute Schwangerschaft an. Der errechnete Entbindungstermin fiel auf den 21.04.2017.

Mit Schreiben vom 11.11.2016 beantragte sie beim JC eine einmalige Beihilfe für Schwangerschaftskleidung. Mit Bescheid vom 15.11.2016 wurde der Antrag abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, ihr sei bereits mit Bescheid vom 18.06.2013 bei der Schwangerschaft mit dem ersten Sohn eine Schwangerschaftsbekleidung als Pauschale gewährt worden. Dabei sei sie darauf hingewiesen worden, dass die Erstausstattung lediglich beim erstmaligen Bedarf gewährt werde und aufzubewahren sei.

Gegen den Bescheid vom 15.11.2016 erhob sie am 14.12.2016 Widerspruch, den sie damit begründete, zum Zeitpunkt als sie zuletzt Schwangerschaftskleidung als Pauschale bekommen habe, sei ihr Sohn noch nicht auf der Welt gewesen und das sei nun schon mehr als drei Jahre her. Sie sei Anfang des Jahres bei ihrer Mutter ausgezogen und habe keinerlei Schwangerschaftskleidung mitgenommen. Zwischenzeitlich habe ihre Mutter alles entsorgt. Sie sei nicht mit dem Gedanken ausgezogen wieder schwanger zu werden, deswegen habe sie nur die Sachen mitgenommen, die sie für sich und ihren Sohn benötigt habe.

Am 23.01.2017 fand sowohl in der Wohnung der Klägerin als auch in der Wohnung der Mutter ein Besuch durch den Außendienst des JC statt. Es wurde festgestellt, dass in keiner der beiden Wohnungen Schwangerschaftskleidung oder Babykleidung gesichtet werden konnte.

Mit Abhilfebescheid vom 20.03.2017 wurde ihr deswegen eine Erstausstattung für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt in Höhe von 291,00 € bewilligt.

Mit Schreiben vom 21.03.2017 beantragte die Klägerin eine Babyerstausstattung bestehend aus einem Kinderbett mit Matratze und Nestchen, einem Kinderwagen, einer Kinderschale, einer Wickelkommode plus Auflage, Fläschchen sowie Kleidung.

Der Antrag vom 21.03.2017 wurde bezüglich der Säuglingserstausstattung mit Bescheid vom 19.04.2017 abgelehnt. Zur Begründung wurde abermals darauf abgestellt, dass für den ersten Sohn mit Bescheid vom 18.06.2013 eine Säuglingserstausstattung in Höhe von 445,00 € bewilligt worden sei. Dabei sei sie darauf hingewiesen worden, dass es sich um eine Ausstattung beim erstmaligen Bedarf handele. Diese sei mindestens 3 Jahre aufzubewahren. Sie habe bei dem Auszug aus dem Elternhaus innerhalb dieser Mindestaufbewahrungszeit von drei Jahren die Gegenstände der Erstausstattung freiwillig aufgegeben. Der Antrag sei daher abzulehnen.

Mit Bescheid vom 20.04.2017 wurde ihr eine Pauschale in Höhe von 187,00 € für Bekleidung im 1. Lebensjahr für die ersten 6 Lebensmonate und eine Pauschale in Höhe von 141,00 € für Bekleidung für die nächsten 6 Lebensmonate gewährt.

Gegen den Bescheid vom 19.04.2017 erhob die Klägerin am 09.05.2017 Widerspruch. Zu dessen Begründung führte sie aus, am 20.04.2017 sei ihr Sohn auf die Welt gekommen. Für diesen habe sie weder ein Bett noch einen Kinderwagen. Die Sachen von ihrem dreijährigen Sohn habe sie bei ihrem Auszug zurückgelassen und seien von der Mutter entsorgt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2017 wurde der Klägerin in Abänderung zum Bescheid vom 19.04.2017 ein Betrag in Höhe von 5,00...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge