Rz. 7

Das soziale Recht auf Minderung seines Unterhaltsaufwands steht demjenigen zu, der entweder zum Unterhalt rechtlich verpflichtet ist oder der tatsächlich Unterhalt leistet. Eine vollständige Familie wird nicht vorausgesetzt, so dass der in der Überschrift genannte Familienaufwand nicht vorliegen muss. Daher ist es ausreichend, dass eine oder mehrere Person einem Kind Unterhalt gewähren oder dem Grunde nach zu gewähren haben.

 

Rz. 8

Das soziale Recht auf Minderung des Familienaufwands ist an die Voraussetzung geknüpft, dass entweder eine rechtliche Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kindern besteht (§§ 1601 ff. BGB) oder Unterhalt tatsächlich geleistet wird. Der Begriff des Unterhalts ist weit zu verstehen und umfasst den gesamten Lebensbedarf eines Kindes, also Wohnung, Kleidung, Verpflegung, Krankheitskosten, Aufwendungen für religiöse, kulturelle oder geistige Zwecke und Taschengeld. Nicht erforderlich ist, dass der Unterhalt in voller Höhe zu leisten ist oder geleistet wird. Dementsprechend besteht kein Anspruch auf Minderung des Unterhaltsaufwands, wenn das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten (§ 1602 BGB). Für die Frage des Selbstunterhalts sind nicht die zivilrechtlichen Kriterien maßgeblich. Der Anspruch auf Kindergeld setzt, neben den Altersgrenzen des § 2 BKGG, lediglich voraus, dass keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, wobei eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i. S. d. §§ 8 und 8a SGB IV und Freiwilligendienste unschädlich sind. Demgegenüber regelte das BErzGG bis zum 31.7.2013 den Ausschluss des Anspruchs auf Erziehungsgeld, wenn von den Eltern Einkommensgrenzen überschritten wurden (§ 5 Abs. 3 und 4 BErzGG). Das Elterngeld nach dem BEEG wird unabhängig vom Unterhaltsbedarf des Kindes und unabhängig vom Einkommen der Eltern gewährt.

 

Rz. 9

Obwohl die Vorschrift von Kindern spricht, also den Plural verwendet, entsteht das Recht auf Minderung der wirtschaftlichen Belastung bereits ab dem ersten Kind (so auch Lilge, in: Lilge, SGB I, 4. Aufl., § 6 Rz. 12; Weselski, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, § 6 Rz. 12, Stand: 15.3.2018). Dies ergibt sich im Rückschluss aus der Einweisungsvorschrift des § 25 und den dort genannten Gesetzen, die Leistungen ab dem ersten Kind vorsehen.

 

Rz. 10

Kinder sind nach der allgemeinen gesetzlichen Definition die in gerader Linie verwandten Abkömmlinge (§ 1589 BGB), also primär die leiblichen Kinder, unabhängig davon, ob sie ehelich oder nicht ehelich sind. § 6 selbst enthält keine Konkretisierung, wer sonst zu den Kindern gehört, und bestimmt Kinder auch nicht durch eine Altersgrenze, wie dies z. B. in § 7 Abs. 1 Nr. 1 (14 Jahre) oder Abs. 2 (18 Jahre) SGB VIII für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe geregelt ist. Grundsätzlich dürfte es sich anbieten, einen weiten Kinderbegriff zugrunde zu legen, der neben den eigenen Kindern auch angenommene Kinder (§§ 1741, 1754 BGB) umfasst. Verwandtschaftliche Beziehungen werden allerdings nicht vorausgesetzt, denn auch der tatsächliche Unterhalt für Kinder berechtigt zur Minderung der dadurch eintretenden Belastung. Unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen konkrete Ansprüche wegen Unterhaltspflicht oder -zahlung an Kinder bestehen, wird in den einzelnen Sachvorschriften der besonderen Sozialgesetzbücher geregelt. Diese legen auch fest, ob und unter welchen Voraussetzungen für Stief- oder Pflegekinder und/oder Enkel oder in sonstigen Fällen Leistungen zu gewähren sind (z. B. § 2 BKGG, § 1 Abs. 3, 4 BEEG) und bis zu welchem Alter der Kinder Leistungen für diese gewährt werden (§ 2 BKGG§ 4 BEEG). Das BEEG gewählt nach § 4 BEEG nur für einen relativ kurzen Zeitraum von bis zu 24 bzw. 14 Monaten nach der Geburt Leistungen, so dass der Zeitraum der mit diesen Leistungen bewirkten Minderung des wirtschaftlichen Unterhaltsaufwands den Zeitraum der tatsächlichen und rechtlichen Unterhaltsverpflichtung (vgl. z. B. § 1603 Abs. 2 BGB) auch nur zu einem geringen Teil abdeckt. Für die Folgezeit findet die Minderung der Belastung durch steuerrechtliche Freibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG) und/oder Kindergeld (§§ 62 ff. EStG) statt.

 

Rz. 11

§ 6 regelt lediglich, dass der zum Unterhalt Verpflichtete oder der tatsächlich Unterhalt Leistende ein Recht auf Minderung der dadurch eintretenden wirtschaftlichen Belastung hat. Dementsprechend sind diese Personen auch als aus § 6 i. V. m. den Spezialgesetzen Berechtigte anzusehen. Allerdings war und ist eine finanzielle Unterhaltsgewährung durch Unterhaltsrente (§ 1612 BGB) an Kinder für die in § 25 angesprochenen Leistungen nicht Voraussetzung, so dass auch gerade diejenigen die Sozialleistung zur Minderung des Familienaufwands beanspruchen können, die mangels eigener wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gar nicht zur finanziellen Unterhaltsgewährung verpflichtet sind (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB). So steht Kinder-, Erziehungs- und Elterngeld den Personen zu, die das Ki...

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