0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit dem SGB I v. 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015) mit Wirkung zum 1.1.1976 in Kraft getreten und seither nicht geändert worden.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift entspricht unverändert dem Gesetzentwurf (BT-Drs. 7/868). Wie die §§ 3 bis 10 insgesamt, gehört sie zu den Regelungen des Ersten Abschnitts, die die sozialrechtlichen Grundpositionen des Bürgers und die Leitideen aufzeigen, die den Vorschriften der einzelnen Sozialleistungsbereiche zugrunde liegen. Sie nimmt auf die bereits in § 1 Satz 2 genannte Förderung der Familie und damit auch auf Art. 6 GG Bezug. Das Recht auf Minderung der wirtschaftlichen Belastung, die durch Unterhalt für Kinder entsteht, gehört zu den sozialen Rechten nach § 2 Abs. 1 Satz 1. Die Regelung begründet jedoch entgegen dem Wortlaut, der ein Recht auf Minderung des Unterhaltsaufwandes einräumt, keine konkreten Leistungsansprüche und bedarf der Konkretisierung hinsichtlich der Voraussetzungen und der Art des Ausgleichs der wirtschaftlichen Belastung durch weitere Rechtsvorschriften (§ 2 Abs. 1 Satz 2).

 

Rz. 3

Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 7/868 S. 24) führt zu § 6 (und § 7) aus, dass die Sozialleistungen, deren Leitideen die Vorschriften nennen, weniger die Förderung der Persönlichkeitsentfaltung oder den Schutz gegen bestimmte Risiken, als vielmehr die Minderung bestimmter, ausschließlich wirtschaftlicher Belastungen, die unter sozialstaatlichen Gesichtspunkten des Ausgleichs bedürfen, bezwecken. Es erscheine nach unseren Wertvorstellungen gerechtfertigt, dass dem, der für Kinder Unterhalt zu leisten hat oder leistet, durch Kindergeld oder Kinderzuschläge zu anderen Sozialleistungen ein Teil seiner wirtschaftlichen Belastung abgenommen wird. Als Ausnahme von dieser ausschließlich wirtschaftlich orientierten Regelung des Familien-/Kinderlastenausgleichs in § 6 können die besonderen Leistungen zur Bildung und Teilhabe nach § 6b BKGG angesehen werden.

 

Rz. 4

Die Regelung ist im Zusammenhang mit den in § 25 i. V. m. § 68 Nr. 9, 15 und (bis 31.7.2013 Nr. 15a) konkretisierten Leistungen zur Minderung des Familienaufwands durch das Bundeskindergeldgesetz (BKGG), [bis 31.7.2013 dem Ersten Abschnitt des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG)] und dem Ersten Abschnitt des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) zu sehen (so Eichenhofer, in: Eichenhofer/v. Koppenfels-Spies/Wenner, SGB I, 2. Aufl., §§ 6, 25 Rz. 1). § 6 selbst ist jedoch keine anspruchsbegründende Vorschrift.

 

Rz. 4a

Die Regelung des § 6 (und auch die Vorschriften des BKGG und des Steuerrechts) betreffen nur die Ansprüche, die für Unterhaltspflichtige wegen der Kinder entstehen. Eigenständige Regelungen für Sozialleistungsansprüche an Kinder und für Kinder (z. B. nach dem SGB VIII) selbst werden von der Vorschrift nicht erfasst; insbesondere auch nicht die Ansprüche auf Unterhaltsleistung nach § 1 des Gesetzes zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (UnterhVG), die den Kindern selbst zustehen.

2 Rechtspraxis

2.1 Familienlastenausgleich

 

Rz. 5

Die Überschrift nimmt die Familie und das Ziel der Minderung deren wirtschaftlichen Aufwands in Bezug. Die Regelung lässt sich jedoch nicht als eine solche eines umfassenden Familienlasten- oder Familienleistungsausgleichs (so § 31 EStG) verstehen, der alle Leistungen und Vergünstigungen einbezieht, die mit der Familie zusammenhängen. Dem Grunde nach bezog und bezieht sich die Regelung sogar nur auf das Kindergeld, welches (allein) bei Inkrafttreten der Vorschrift als Sozialleistung zur Minderung des Unterhaltsaufwandes vorgesehen war (vgl. Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 6 Rz. 2). § 6 nimmt inhaltlich lediglich den wirtschaftlichen Unterhalt für Kinder in Bezug, so dass man von einem Kinderlastenausgleich sprechen kann (so u. a. auch de Groot, in Hauck/Noftz, SGB I, § 6 Rz. 7; Stand: Juli 2017; Seewald, in: KassKomm. SGB I, § 6 Rz. 2, Stand: September 2013). Andere mittel- oder unmittelbare sonstige familienfördernde oder begünstigende Vorteile oder Ansprüche, wie z. B. die beitragsfreie Familienversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung (§ 5 SGB V, § 25 SGB XI), das Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes (§ 45 Abs. 2 SGB V), höhere Renten- oder Sozialleistungen bei Vorhandensein von unterhaltsberechtigten Kindern und besondere Sozialleistungen für Kinder und an Kindern sind nicht in die Regelung einbezogen. Daher musste und sind auch die wirtschaftliche Entlastung von Sozialbeiträgen in der Pflegeversicherung für Personen, die Kinder haben (BVerfG, Urteil v. 3.4.2001, 1 BvR 1629/94, BVerfGE 103 S. 242; § 55 Abs. 3 SGB XI), und die Berücksichtigung der Zeit der Kinderziehung in der Rentenversicherung, die vom BVerfG gefordert und gesetzlich umgesetzt wurden (§§ 56, 70 Abs. 2, sowie § 57 SGB VI), nicht in den Regelungsbereich der Vorschrift aufgenommen worden. Rechnete man die vorstehend genannten (und sonstige auf Kinder abstellende begünstigende) Regelungen zu den den Aufwand für Kindesunterhalt reduzierenden Leistungen, bedürfte

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