Rz. 39

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders (§ 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie wird für jedes Verfahren und jede Instanz gesondert bewilligt. Dies erfordert in einem neuen Rechtszug erneut die Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen.

Unter einem Rechtszug i. S. v. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist der Gebührenrechtszug i. S. v. § 35 GKG zu verstehen (vgl. hierzu Kommentierung in § 197a Rz. 23; LSG Thüringen, Beschluss v. 27.1.2015, S 6 SF 1533/14 B m. w. N.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 5.1.2020, L 19 AS 22/20 B PKH). Wenn das Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde fortgesetzt wird, erstreckt sich die Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren auch auf das Berufungs- oder Revisionsverfahren, da bei einer Zulassung des Rechtsmittels das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kein eigener Gebührenrechtszug bildet (siehe auch Rz. 29). Die für eine Instanz ausgesprochene Bewilligung wirkt bei einer Zurückverweisung der Sache durch das Rechtsmittelgericht an das Gericht des unteren Rechtszugs fort (§ 37 GKG; BVerwG, Beschluss v. 9.6.2008, 5 B 204/07).

 

Rz. 40

Zuständig für die Entscheidung ist das Gericht, bei dem der Rechtsstreit in der Instanz anhängig ist (§ 127 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Das Gericht hat im Bewilligungsverfahren dem Prozessgegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Erklärung des Antragstellers zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen darf dem Gegner nur mit Zustimmung des Antragstellers zugeleitet werden (§§ 117 Abs. 2, 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Insofern ist eine Akteneinsicht des Gegners ausgeschlossen (BGH, Beschluss v. 29.4.2015, XII ZB 214/14). Dies ist mit Art. 103 Abs. 3 GG, § 62 vereinbar (BVerfG, Beschluss v. 14.1.1991, 1 BvR 41/88). In Prozesskostenhilfeverfahren besteht kein Anwaltszwang (§ 73 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1). Das Gericht kann nach § 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben, u. a. durch die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung glaubhaft macht. Das sind sowohl die Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen als auch die Angaben zum Klagebegehren. Es kann seinerseits Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlage von Urkunden verlangen und Auskünfte einholen (§ 118 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Zeugen und Sachverständige werden in aller Regel nicht vernommen (§ 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Das entspricht dem Grundsatz, dass die endgültige Entscheidung nicht in das Prozesskostenhilfeverfahren verlagert werden darf (BVerfG, Beschluss v. 13.3.1990, 2 BvR 94/88). Es ist vielmehr nach summarischer Prüfung auf der Grundlage des glaubhaften Vorbringens zu entscheiden.

Falls der Antragsteller seine Angaben binnen einer gesetzten Frist nicht glaubhaft gemacht oder er bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet hat, lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab (§ 118 Abs. 2 Satz 4, vgl. Rz. 14).

 

Rz. 41

Ein Prozesskostenhilfeverfahren ist auszusetzen, wenn die Erfolgsaussicht nicht beurteilt werden kann, weil alle hierfür erheblichen Gesichtspunkte der Prüfungskompetenz des zuständigen Gerichts entzogen sind und zunächst die Entscheidung einer anderen Stelle herbeizuführen ist (§ 114 Abs. 2; vgl. BSG, Beschluss v. 7.10.1992, 4 REg 12/91).

Das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers unterbrochen. Die Vorschrift des § 240 ZPO findet Anwendung. Der Antragsteller ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens persönlich nicht mehr prozessführungsbefugt (§ 80 Abs. 1 InsO) und die Insolvenzmasse ist bis zur eventuellen Aufnahme des Verfahrens nach § 180 Abs. 2 InsO im Verfahren nicht wirksam vertreten (BFH, Beschluss v. 27.9.2006, IV S 11/05; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 7.8.2009, 6 Sha 1/06; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 8.6.2011, L 19 AS 286/11 B; a. A. BGH, Beschluss v. 4.5.2006, IX ZA 26/04; LSG Niedersachsen, Beschluss v. 10.2.2009, L 7 B 31/07 AL). Nach dem Tod des Antragstellers erfolgt keine Bewilligung mehr (vgl. Rz. 16).

 

Rz. 42

Zuständig ist das Prozessgericht als das Gericht der Hauptsache (§ 127 Abs. 1 Satz 1 ZPO; BSG, Beschluss v. 28.2.2011, B 12 SF 10/10), d. h. das Gericht, bei dem der Rechtsstreit in der Instanz anhängig ist. Diese gilt auch für die Bedürftigkeitsprüfung. Nach bisherigem Recht hat die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen nach §§ 114, 115 ZPO vollständig dem Richter im Rahmen der einheitlichen Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag oblegen. § 73a Abs. 4 sieht nunmehr vor, dass der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle umfassend an der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mitwirken kann. Danach kann der zuständige Richter die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen nach §§ 114, 115 ZPO, einschließlich der in § 118 Abs. 2 ZPO bezeichneten Maßnahmen und den Beurkundungen nach § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO, auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ü...

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