Rz. 11

Grundsätzlich kann jedem Beteiligten (§ 69) Prozesskostenhilfe gewährt werden (vgl. zum Prozesskostenhilfeanspruch eines Beigeladenen: LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 19.6.2020, L 4 BA 4069/18). Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt die Stellung eines Antrags, der für jede Instanz gesondert zu stellen ist, voraus (§ 117 Abs. 1 ZPO). Antragsberechtigt sind natürliche Personen, Parteien kraft Amtes (§ 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO) sowie juristische Personen und beteiligtenfähige Vereinigungen (§ 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO; § 70), die in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat ihren Sitz haben. Beteiligte Vereinigungen sind die Personengesellschaften des HGB, rechtsfähige Vereine (BSG, Beschluss v. 8.9.1989, 7 RAr 148/8) sowie rechtsfähige GbR (BGH, Beschluss v. 10.2.2011, IX ZB 145/09). Die Antragsberechtigung von inländischen juristischen Personen und beteiligtenfähigen Vereinigungen ist beschränkt. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe an solche Organisationen kommt nur in Betracht, wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Dies ist der Fall, wenn Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ein Sachverhalt ist, der größere Kreise der Bevölkerung oder des Wirtschaftslebens anspricht und soziale Wirkungen nach sich ziehen kann. Ein allgemeines Interesse an der Rechtsverfolgung kann angenommen werden, wenn außer den an der Führung des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Kreis von Personen durch die Unterlassung der Rechtsverfolgung in Mitleidenschaft gezogen würde, die Vereinigung gehindert würde, der Allgemeinheit dienende Aufgaben zu erfüllen oder wenn von der Durchführung des Prozesses die Existenz eines Unternehmens abhängt, an dessen Erhaltung wegen der großen Zahl von Arbeitsplätzen ein allgemeines Interesse besteht. Allein die Gemeinnützigkeit einer Vereinigung begründet noch kein allgemeines Interesse an der Rechtsverfolgung (BGH, Beschlüsse v. 23.72019, II ZR 56/18, und v. 10.2.2011, IX ZB 145/09 m. w. N.).

Zuständig ist das Prozessgericht als das Gericht der Hauptsache (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO; BSG, Beschluss v. 28.2.2011, B 12 SF 10/10).

 

Rz. 12

Der Prozesskostenhilfeantrag ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellen (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Antrag ist vollständig und damit bewilligungsreif, wenn das Streitverhältnis substantiiert unter Angabe der Beweismittel dargelegt und eine vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegt worden ist (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

 

Rz. 12a

In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel substantiiert darzustellen (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Ein Antragsteller hat eine Darlegungsobliegenheit, die auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes im sozialgerichtlichen Verfahren gilt (BVerfG, Beschlüsse v. 14.2.2017, 1 BvR 2507/16, und v. 14.4.2010, 1 BvR 362/10). Er hat den Sachverhalt zu schildern und wenigstens im Kern deutlich machen, auf welche Beanstandung er sein Begehren stützt (BVerfG, Beschlüsse v. 8.7.2019, 2 BvR 453/19, v. 5.11.2013, 1 BvR 2544/12, und v. 20.10.1993, 1 BvR 1686/93; LSG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse v. 5.3.2010, L 5 AS 344/09 B, und v. 29.4.2009, L 8 SO 4/09 B; vgl. zu den Anforderungen an die Antragsbegründung: Burkiczak, SGb 2011 S. 326). Der Antragsteller muss die hinreichende Erfolgsaussicht anhand konkret bezeichnender und darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert unter Angabe der Beweismittel aufzeigen. Eine einigermaßen plausible Minimalbegründung des Antrags ist zwingend erforderlich (vgl. BVerfG, Beschlüsse v. 20.5.2020, 1 BvR 2289/19, v. 18.3.2019, 1 BvR 2331/18, v. 29.4.2015, 2 BvR 804/14, und v. 5.11.2013, 1 BvR 2544/12; BFH, Beschluss v. 10.12.2014, V S 32/14 PKH, wonach ein nicht vertretener Antragsteller zumindest in laienhafter Weise das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darstellen und darlegen muss, was er begehrt). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich im Prozesskostenhilfeverfahren die zur Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage maßgeblichen tatsächlichen Aspekte selbst zu erarbeiten. Im sozialgerichtlichen Verfahren sind nach § 92 der Streitgegenstand und die zur Begründung des Klagebegehrens dienende Tatsachen und Beweismittel anzugeben (a. A. LSG Sachsen, Beschluss v. 31.7.2014, L 3 AL 71/13 B PKH, wonach die Einreichung einer Klagebegründung keine Voraussetzung für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist. Die Prüfung der als rechtswidrig beanstandeten Bescheide habe unter Zuhilfenahme der Verwaltungsakte und insbesondere des Vorbringens im Widerspruchsverfahren zu erfolge; vgl. aber LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 12.2.2018, L 7 AS 434/17 B). In Verfahren mit einem medizinischen Streitgegenstand ist eine substantiierte Begründung, die auf das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens eingeht und das Erfordernis weiterer medizinischer Ermittlungen aufzeigt, geboten. Dies setzt u. a. voraus, dass Mängel der im Verwaltungsverfahren erstell...

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