1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist durch das 2. SGGÄndG v. 25.6.1958 (BGBl. I S. 409) geändert worden. Die Entscheidung nach Aktenlage ist wie das Urteil nach § 124 Abs. 2 eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

2 Rechtspraxis

2.1 Voraussetzungen des § 126 für eine Entscheidung nach Aktenlage

 

Rz. 2

Erste Voraussetzung des § 126 für eine Entscheidung nach Aktenlage ist, dass einer der Beteiligten oder beide Beteiligten nicht erscheinen.

Weiter müssen die Beteiligten rechtzeitig und formgerecht geladen oder vom Termin benachrichtigt worden sein (§§ 63, 110). Die Ladung muss zwar nach § 63 Abs. 1 Satz 2  nicht (mehr) zugestellt werden; es genügt schon die Bekanntgabe, etwa durch einfachen Brief oder durch Einwurfeinschreiben. Es liegt jedoch weiterhin vorrangig in der Verantwortung des Gerichts, den Anspruch auf rechtliches Gehör sicherzustellen (vgl. BSG, Beschluss v. 12.3.2019, B 13 R 160/17 B). Die Ladung bzw. Terminsmitteilung hat den gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 erforderlichen Hinweis zu enthalten, dass im Falle des Ausbleibens des Beteiligten nach Lage der Akten entschieden werden kann. Es darf ferner kein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung bzw. Vertagung bestehen (z. B. wegen unverschuldeter Verhinderung eines Beteiligten; siehe dazu die Kommentierung zu § 124 Rz. 4 und § 128 Rz. 17 ff.). Ist Antrag auf Aufhebung des Termins gestellt worden, darf in Abwesenheit des Beteiligten nur entschieden werden, wenn der Vorsitzende diesen Antrag abgelehnt hat (vgl. BSG, Urteil v. 30.10.2001, B 4 RA 51/01 R).

Ist nur ein Beteiligter erschienen kann auf dessen Antrag nach Lage der Akten entschieden werden. Bei mehreren Erschienenen sind entsprechende Anträge aller Beteiligter notwendig (auch des/der einfach Beigeladenen, vgl. BSG, SozR § 126 Nr. 3; Peters/Sauter/Wolff, SGG, § 126 Rz. 13). Erscheint kein Beteiligter, ist kein Antrag erforderlich.

Der Vorsitzende darf sich zwar schon mit den Formalien befasst und die erschienenen Beteiligten ins Protokoll aufgenommen haben (vgl. Peters/Sauter/Wolff, SGG, § 126 Rz. 17), der Sachverhalt darf aber noch nicht dargestellt worden sein, denn mit ihm würde die mündliche Verhandlung eröffnet (§ 112 Abs. 1 Satz 2; Zeihe, SGG, § 126 Rz. 2b; a. A. Bley, in: GK, § 126 Anm. 4b). Nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung kann nicht mehr zu einer Entscheidung nach Lage der Akten übergegangen werden (Bay LSG, Urteil v. 14.11.2018, L 18 SB 139/18). Ferner muss die Sache entscheidungsreif sein.

2.2 Entscheidungsmöglichkeiten des Gerichts

 

Rz. 3

Liegen die unter Rz. 2 genannten Voraussetzungen vor, kann das Gericht nach Lage der Akten entscheiden. Die Entschließung, nach Lage der Akten entscheiden zu wollen, ist eine prozessleitende Verfügung und gemäß § 172 Abs. 2 nicht mit der Beschwerde anfechtbar (Zeihe, § 126 Rz. 2a). Weil im Falle einer Entscheidung nach Aktenlage das Urteil ohne mündliche Verhandlung ergeht (vgl. BSGE 28 S. 151), ist das Urteil nicht zu verkünden, sondern gemäß § 133 zuzustellen (vgl. wegen der Frage des Wirksamwerdens des Urteils nach Aktenlage und wegen der Gewährung rechtlichen Gehörs Rz. 17 bis 21 zu § 124 und Rz. 8, 9 zu § 133 sowie unten Rz. 4).

 

Rz. 4

Erscheint nur ein Beteiligter, kann das Gericht trotz dessen Antrags, nach Lage der Akten zu entscheiden, mit dem erschienenen Beteiligten einseitig mündlich verhandeln und das Urteil verkünden (vgl. Zeihe, SGG, § 126 Rz. 2a; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 126 Rz. 4). Die Darstellung des Sachverhalts darf dabei nach der Rechtsprechung des BSG auch dann nicht unterbleiben, wenn der erschienene Beklagtenvertreter "im Hinblick auf die Abwesenheit des Klägers" hierauf verzichtet und der Vorsitzende darauf hingewiesen hatte, "dass die ehrenamtlichen Richter bereits vorab über den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt" worden seien (vgl. BSG, Beschluss v. 15.1.2011, B 5 R 261/10 B; mit kritischer Anm. Legde, SGb 2012 S. 110). Das Gericht kann die mündliche Verhandlung aber auch ohne Beteiligte unter Beschränkung auf die Darstellung des Sachverhalts durchführen (str., vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 126 Rz. 4; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 126 Anm. 4; Zeihe, SGG, § 126 Rz. 1c, 2c; Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 129 Rz. 6; Hauck, in: Hennig, SGG, § 126 Rz. 2 und 20; Kopp/Schenke, VwGO, § 103 Rz. 3; Dolderer, in Sodan/Ziekow, VwGO, § 102 Rz. 63; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 19.7.2010, L 19 AL 55/10; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil v. 14.12.2017, L 5 KR 11/16). Nach anderer, heute überholter Ansicht handele sich es um eine "Scheinverhandlung", die abzulehnen sei (vgl. Krasney/­Udsching, VII Rz. 163; Niesel, SGb 1976 S. 214). Krasney/Udsching meinen etwa, § 126 lasse zwar an sich auch in einem solchen Falle die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu, das Gericht solle aber stets nach Lage der Akten entscheiden. Sie gehen allerdings auch von der Annahme aus, dass bei einem Urteil nach § 126 die im Termin bestehende Prozesslage (also nicht der Zeitpunkt der Abgabe des Urteils zum Zwecke der Zustellung) maßgebend sei und dass das Gericht die Möglichkeit habe, die Wirksamkeit "durch Verkün...

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