hier: Anspruch von Begleitpersonen auf Leistungen nach § 11 Abs. 3 SGB V während einer Übergangspflege

Sachstand:

Nach § 11 Abs. 3 SGB V umfassen die Leistungen bei stationärer Behandlung auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten.

Durch das "Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG)" vom 11.7.2021 (BGBl. I Nr. 44 vom 19.7.2021, S. 2754 ff.) wurde der § 39e SGB V eingeführt. Danach haben Versicherte unmittelbar im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung einen Anspruch auf Leistungen der Übergangspflege für längstens 10 Tage in dem Krankenhaus, in dem die Krankenhausbehandlung erfolgt ist. Voraussetzung dafür ist, dass erforderliche Leistungen der häuslichen Krankenpflege, der Kurzzeitpflege, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Pflegeleistungen nach dem SGB XI nicht oder nur unter erheblichem Aufwand erbracht werden können. Die Übergangspflege beinhaltet die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die Aktivierung der Versicherten, die Grund- und Behandlungspflege, ein Entlassmanagement, Unterkunft und Verpflegung sowie die im Einzelfall erforderliche ärztliche Behandlung.

Aus der Praxis wurde die Frage gestellt, ob medizinisch notwendige Begleitpersonen für Zeiten der Übergangspflege nach § 39e SGB V einen Leistungsanspruch nach § 11 Abs. 3 SGB V haben und insoweit die Leistung der Übergangspflege vom Begriff der stationären Behandlung i.S.d. § 11 Abs. 3 SGB V umfasst ist.

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 11 Abs. 3 SGB V besteht ein Anspruch auf Leistungen für medizinisch notwendige Begleitpersonen bei "stationärer Behandlung". Bei der Mitaufnahme einer Pflegekraft nach § 63b Abs. 6 Satz 1 SGB XII konkretisiert der Gesetzeswortlaut dahingehend, dass ein Anspruch bei "stationärer Behandlung in einem Krankenhaus nach § 108 SGB V oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 107 Abs. 2 SGB V" besteht. Eine nähere Definition des Begriffes "stationäre Behandlung" erfolgt nicht in § 11 Abs. 3 SGB V. Daher scheint die Annahme naheliegend, dass ein Leistungsanspruch bei allen stationären Behandlungen i.S.d. SGB V bestehen kann.

Dafür spricht auch, dass das LSG NRW in seinem Urteil vom 19.12.2000, L 5 KR 5/00 bestätigte, dass die Regelung des § 11 Abs. 3 SGB V für alle Formen der stationären Behandlung gelte (hier zu: stationäre Rehabilitationsmaßnahme nach § 40 Abs. 2 SGB V).

Auch die Kommentarliteratur beschränkt den Anspruch nach § 11 Abs. 3 SGB V nicht auf bestimmte stationäre Behandlungen des SGB V (u.a. Joussen in BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, 65. Edition und Roters in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 118. EL März 2022).

Während der Zeit der Übergangspflege nach § 39e SGB V sind die Versicherten weiterhin stationär in dem Krankenhaus untergebracht, in dem zuvor die stationäre Krankenhausbehandlung erfolgt ist.

Weiterhin umfasst die Übergangspflege – je nach Bedarf der Versicherten – u.a. die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die Grund- und Behandlungspflege (u.a. als Ersatz für Leistungen nach § 37 SGB V) sowie die im Einzelfall erforderliche ärztliche Behandlung (§ 39e Abs. 1 Satz 2 SGB V). Diese Leistungen sind Bestandteil des Anspruchs auf Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 3 und 4 SGB V), sodass während der Übergangspflege regelhaft auch eine Behandlung der Versicherten erfolgt. Daraus lässt sich ableiten, dass auch für Zeiten der Übergangspflege nach § 39e SGB V eine stationäre Behandlung i.S.d. § 11 Abs. 3 SGB V vorliegt.

Dafür scheint auch zu sprechen, dass der § 39e SGB V dem Fünften Abschnitt [des Dritten Kapitels] des SGB V ("Leistungen bei Krankheit") und dort dem Ersten Titel "Krankenbehandlung" zugeordnet ist. Ebenso zählt § 11 Abs. 1 SGB V die einzelnen, von den Krankenkassen zu gewährenden Leistungsarten auf, zu denen nach Nummer 4 auch Leistungen zur Behandlung einer Krankheit gemäß §§ 27-52 SGB V gehören, wozu auch Leistungen der Übergangspflege nach § 39e SGB V gehören.

Vor diesem Hintergrund war eine Beratung der Thematik in der Fachkonferenz Leistungs- und Beziehungsrecht angezeigt.

Besprechungseregbnis:

Die Besprechungsteilnehmerinnen und Besprechungsteilnehmer vertreten einvernehmlich die Auffassung, dass es sich bei der Übergangspflege nach § 39e SGB V um eine stationäre Behandlung i.S.d. § 11 Abs. 3 SGB V handelt. Insofern können medizinisch notwendige Begleitpersonen sowie Pflegekräfte nach § 63b Abs. 6 Satz 1 SGB XII für die Zeiten ihrer stationären Mitaufnahme während einer Übergangspflege nach § 39e SGB V einen Anspruch auf Leistungen nach § 11 Abs. 3 SGB V haben. Leistungspflichtig ist die Krankenkasse, die die Kosten der Hauptleistung "Übergangspflege" trägt.

Medizinisch begründet ist die Mitaufnahme oder Anwesenheit einer Begleitperson – analog zu Fällen der Begleitung im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlungen oder Rehabilitationsmaßnahme – regelhaft bei (Klein-)Kin...

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