Verstoßen Krankenkassen gegen das Mindestlohngesetz?

Krankenkassen unter Beschuss: Die großen Kassen erstatten Versicherten für Haushaltshilfen weniger als den Mindestlohn. Ein Erstattungssatz von 5 bis 6 Euro pro Stunde für privat organisierte Haushaltshilfen könnte gegen das Mindestlohngesetz verstoßen. Die Krankenkassen wehren sich jedoch.

Der CDU-Sozialflügel und die Gewerkschaft Verdi werfen großen gesetzlichen Krankenkassen vor, bei Haushaltshilfen gegen das Mindestlohngesetz zu verstoßen.


Erstatteter Stundensatz unter dem Mindestlohn

Der Branchenführer Techniker Krankenkasse (TK) etwa erstattet seinen Versicherten für ihre Hilfen 5,25 Euro pro Stunde statt den Mindestlohn von 8,50 Euro. Ein Sprecher der Kasse mit den meisten Versicherten in Deutschland bestätigte am 17.2.2015 einen entsprechenden Bericht des «Handelsblatts» (Online). Die Barmer GEK zahlt laut einer Sprecherin 6 Euro, die Ortskrankenkassen laut dem Onlinedienst 8,75 Euro.

Versicherte organisieren sich diese Haushaltshilfen privat, wenn sie sich etwa nach einem Klinikaufenthalt nicht selbst versorgen können. Die Kassen erstatten dann einen Stundensatz.

Krankenkassen sollten Mindestlohn erstatten

Der Bundesvize der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, sagte dem «Handelsblatt»: «Bei Haushaltshilfen handelt es sich nicht um ehrenamtliche, sondern um normale gewerbliche Tätigkeiten. Gerade von den gesetzlichen Krankenkassen kann erwartet werden, dass sie sich an das Mindestlohngesetz halten.»

Der Verdi-Wirtschaftspolitik-Experte Dierk Hirschel sagte: «Wenn Kassen für erwerbstätige Haushaltshilfen weniger als den Mindestlohn erstatten, handeln sie illegal.»

Muss das Mindestlohngesetz angewendet werden?

Bei den Kassen hieß es dazu, die Hilfen seien meist Nachbarn oder Verwandte. Sie bekämen eine Aufwandsentschädigung. Ein TK-Sprecher sagte: «Wir prüfen momentan, ob das Mindestlohngesetz Anwendung finden muss.» Unklar blieb, inwieweit Helfer zum Einsatz kommen, die nicht Nachbarn oder Verwandte sind. Offen ist auch, wieviele Fälle dieser Hilfestellungen es überhaupt gibt. Bei einer der Kassen hieß es, in einer gemeinsamen Statistik würden auch Fälle miterfasst, bei denen etwa die Ehepartner einsprängen und von der Kasse einen Ausgleich für ausgefallenen Arbeitslohn bekämen.

Arbeitsverträge gibt es bei dieser Art von Haushaltshilfen nach Kassen-Angaben nicht. Die Versicherungen verlangen nur einen Nachweis über die geleisteten Stunden und zahlen das Geld dann den Versicherten aus, die es den Helfern geben.


dpa
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