Digitalisierung im Gesellschaftsrecht: GmbH-Online-Gründung

Ziel der  Digitalisierungsrichtlinie ist es, EU-Gesellschaften durch mehr digitale Handlungs- und Kommunikationsmöglichkeiten wettbewerbsfähig zu halten und die digitalen Kommunikationswege im Handels- und Gesellschaftsrecht für Beurkundungen und Registeranmeldungen etc. sicher und effizient zu gestalten.


Zwar ist durch die Corona-Pandemie die Kommunikation per Videokonferenz in der Arbeitswelt gängig geworden. Notarielle Beurkundungstermine per Videokonferenz abzuhalten, ist jedoch nach wie vor nicht möglich, da die Anwesenheit der Beteiligten bzw. jedenfalls eines Vertreters bei der Beurkundung erforderlich ist. Nach dem neuen Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (2019/1151/EU) vom 5.7.2021 (BGBl. I S. 3338), das größtenteils am 1.8.2022 in Kraft tritt, ist u.a. bereits die Online-Gründung der GmbH ermöglicht worden. Nun will der Gesetzgeber mit einem Ergänzungsgesetz weitere Erleichterungen schaffen und hat hierzu einen Entwurf vorgelegt ( Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften).

Der deutsche Gesetzgeber hatte von der Opt-Out-Möglichkeit in der umzusetzenden Digitalisierungsrichtlinie Gebrauch gemacht, die Online-Gründung nicht für alle Kapitalgesellschaften, sondern nur für GmbHs und UGs umzusetzen. Daran wird nach wie vor festgehalten. Der Referentenentwurf zur Erweiterung der bereits getroffenen Regelungen sieht aber eine Ausdehnung der Online-Gründung einer GmbH im Wege der Sachgründung vor. Ferner soll die Online-Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen nicht auf bestimmte Rechtsträger beschränkt sein und satzungsändernde Gesellschafterbeschlüsse einschließlich Kapitalmaßnahmen sollen ebenfalls online möglich sein. Langfristig wird der Zweck verfolgt,

  • die Gründung von Gesellschaften
  • unter Einsatz digitaler Instrumente
  • europaweit zu vereinfachen
  • sowie kostengünstiger und effizienter zu gestalten.

Das Gesetz sowie der Referentenentwurf enthalten folgende Neuerungen:


  • Online-Gründung einer GmbH

Die Gründung einer GmbH ist künftig rein digital möglich. Für diese Online-Gründung ist der Bundesnotarkammer die Pflicht auferlegt worden, ein sicheres, manipulationsresistentes und zuverlässiges Videokommunikationssystem zu betreiben, auf das die Notare Zugriff haben.

Um eine einwandfreie Identifikation der Beteiligten zu gewährleisten, sollen deren Lichtbilder aus dem Chip des Personalausweises, des Passes oder des elektronischen Aufenthaltstitels ausgelesen werden. Dem Unterschriftserfordernis nach § 2 Abs. 1 S. 2 GmbHG wird durch eine qualifizierte elektronische Signatur sämtlicher Gesellschafter Genüge getan.

Ziel des Gesetzgebers ist es, die Möglichkeit einer notariellen Beurkundung und Beglaubigung mittels Videokommunikation einzuführen, ohne dadurch die bewährten Grundsätze des notariellen Präsenzverfahrens außer Acht zu lassen. Die besondere Funktion, die Notare im Bereich der vorsorgenden Rechtspflege erfüllen, soll auch im Onlineverfahren beibehalten werden.  Wie praktikabel sich dies letztlich erweisen wird, hängt maßgeblich von der Benutzerfreundlichkeit des Videokommunikationssystems ab, das von der Bundesnotarkammer zu betreiben ist.

Die Möglichkeit der Online-Gründung wird allerdings nur für die GmbH eingeführt und nicht für Gesellschaften sonstiger Rechtsformen. Weder Personengesellschaften noch Aktiengesellschaften werden von der neuen Regelung erfasst. Zudem war ursprünglich nur eine Bargründung der GmbH im Online-Verfahren vorgesehen, die voraussetzt, dass das Stammkapital tatsächlich eingezahlt wird. Hier will der Gesetzgeber mit dem Ergänzungsgesetz nun nachbessern und auch eine Sachgründung online ermöglichen, also die Erbringung des Stammkapitals durch Sacheinlagen wie z.B. Fahrzeuge. Nur Sachgründungen mittels Gegenständen, deren Übertragung beurkundungspflichtig ist, wie Grundstücke oder GmbH-Geschäftsanteile, sollen im Online-Verfahren nicht möglich sein.

  • Offenlegung von Urkunden

Nach dem sog. „once-only-Prinzip“ müssen Urkunden und Informationen künftig nicht mehr in einem separaten Amtsblatt oder Portal offengelegt werden. In Abweichung zu der bisherigen Vorgabe, Registereintragungen in einem Bekanntmachungsportal separat offenzulegen, bedarf es nur noch der Eintragung im jeweiligen Register, in dem die Informationen dann erstmalig online zum Abruf bereitgestellt werden. Dies wird das bisherige Bekanntmachungswesen deutlich vereinfachen.

Gleiches gilt für Rechnungslegungsunterlagen, wie beispielsweise Jahresabschlüsse; diese sollen künftig nur noch in das Unternehmensregister eingestellt und dadurch offengelegt werden. Eine separate Publizität in Bundesanzeiger und Unternehmensregistern ist entbehrlich. Darüber hinaus wird entsprechend der Vorgabe der EU-Richtlinie künftig der Abruf von Informationen aus den Registern kostenlos möglich sein - um einem Missbrauch vorzubeugen allerdings beschränkt auf Einzelabrufe.

  • Registeranmeldungen online möglich

Die bei Registeranmeldungen erforderliche notarielle Beglaubigung des Handzeichens des Anmeldenden wird dadurch vereinfacht, dass sie mittels Videokommunikation möglich ist. Ein persönliches Erscheinen des Anmeldenden beim Notar ist nicht mehr erforderlich. Die mittels Videokommunikation erstellten Urkunden können vom Notar online eingereicht werden.

Diese Online-Beglaubigung von Registeranmeldungen ist im Gegensatz zur Online-Gründung nicht nur bei der GmbH, sondern bei allen deutschen Kapitalgesellschaften und für Einzelkaufleute möglich. Für Personengesellschaften und Genossenschaften war eine entsprechende Regelung ursprünglich nicht vorgesehen. Dem soll durch das Ergänzungsgesetz nun Abhilfe geschaffen werden. Auch Anmeldungen zum Partnerschafts-, Genossenschafts- und Vereinsregister sollen künftig mittels notarieller Online-Beglaubigung möglich sein.

Anmerkung: Neben einer Ausweitung der Online-Beglaubigung von Registeranmeldungen auf Personengesellschaften wäre auch eine Ausweitung der Online-Gründung auf weitere Gesellschaftsformen als die GmbH, wie in der Digitalisierungsrichtlinie vorgesehen, wünschenswert.

  • Online-Verfahren für Gesellschafterbeschlüsse

Mit dem Ergänzungsgesetz will der Gesetzgeber nun auch der Kritik gerecht werden, das videobasierte Verfahren bislang nicht auf weitere beurkundungspflichtige Vorgänge angewandt zu haben. Der Referentenentwurf sieht vor, dass künftig auch Gesellschafterbeschlüsse zu Satzungsänderungen online möglich sind, und zwar sogar in Bezug auf Kapitalmaßnahmen, also Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals einer Gesellschaft.


Hintergrund: Digitalisierungsrichtlinie der EU

Die Digitalisierungsrichtlinie der Europäischen Union 2019/1151/EU, des europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 zur Änderung der Richtlinie 2017/1132/EU im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht ist am 1.7.2019 in Kraft getreten. Mit dem Ziel, Online-Gründung von Kapitalgesellschaften zu ermöglichen, wurde die Gesellschaftsrechtsrichtlinie von 2017 ergänzt und abgeändert. Eine Opt-Out-Lösung hält es nationalen Gesetzgebern offen, die Online-Gründung nur für GmbHs und  UGs umzusetzen. Vorgabe ist es insbesondere,

1. dass die Mitgliedstaaten die Online-Gründung von Kapitalgesellschaften ohne physische Präsenz des Antragstellers ermöglichen und

2. dass die Online-Gründung bei Antragstellung einer natürlichen Person in fünf Arbeitstagen abgeschlossen ist (wenn ausschließlich Musterdokumente verwendet werden, in anderen Fällen darf sie höchstens zehn Arbeitstage dauern).

Zu ihrer Umsetzung in nationales Recht ist den Mitgliedsstaaten eine Frist bis zum 31.7.2021 gesetzt worden, allerdings hat Deutschland von der Verlängerungsoption von einem Jahr Gebrauch gemacht.


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Schlagworte zum Thema:  GmbH-Gründung, GmbH, Digitalisierung