Fahrtenbuch als Konsequenz für Geschwindigkeitsüberschreitung

Wird bei einer Geschwindigkeitsmessung ein standardisiertes Messverfahren eingesetzt, kann der Temposünder verlangen, Zugang zu den Messdaten zu bekommen. Allerdings muss er alles ihm Zumutbare tun, um an die Daten zu gelangen, hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt.

121 Kilometer pro Stunde anstatt der zugelassenen 80 km/h – auf der A 8 wurde ein Auto mit dieser Geschwindigkeitsüberschreitung von einem mobilen Lasermessgerät erfasst. Der Fahrer des Fahrzeugs ließ sich allerdings nicht ermitteln.

Geschwindigkeitsmessung nicht verwertbar?

Als Konsequenz wurde angeordnet, dass der Halter des Fahrzeugs für sechs Monate ein Fahrtenbuch führen muss. Der kam der Anordnung zwar nach, klagte aber nach erfolglosem Widerspruch und beantragte, die Rechtswidrigkeit der Anordnung festzustellen. Er begründete dies damit, dass die Geschwindigkeitsmessung nicht verwertbar sei, da das Messgerät keine Rohmessdaten speichere.

Das Verwaltungsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass das Messgerät sehr wohl die Rohmessdaten gespeichert hatte.

Anspruch des Halters auf vollständige Messdaten?

Der Kläger hatte daraufhin geltend gemacht, dass die Daten ihm von der Bußgeldstelle nicht vollständig zur Verfügung gestellt wurden, obwohl dies für eine effektive Rechtsverfolgung notwendig sei. Das Oberverwaltungsgericht hatte die Berufung des Klägers zurückgewiesen, mit folgender Begründung: Behörden und Gerichte dürften bei der Entscheidung einer Fahrtenbuchanordnung die Ergebnisse standardisierter Messverfahren zu Grunde legen, solange der Betroffene keine substanziierten Einwände gegen die Richtigkeit der Messung erhebe.

Um dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, die Richtigkeit der Messung zu überprüfen, gebiete das Recht auf ein faires Verfahren, ihm den Zugang zu den Rohmessdaten zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse der Betroffene diesen Zugang aber rechtzeitig beantragt haben. Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen. Der Kläger habe den Antrag auf Zugang bei der Bußgeldstelle erst gestellt, nachdem die Geltungsdauer der Fahrtenbuchanordnung bereits abgelaufen gewesen sei.

Bundesverwaltungsgericht: Geschwindigkeitsmessung ist verwertbar

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Mit seinem Einwand, die Geschwindigkeitsmessung sei nicht verwertbar, da ihm nicht auch die Rohmessdaten Dritter zur Überprüfung der Messung zur Verfügung gestellt worden seien, hatte er keinen Erfolg.

Die vom Berufungsgericht formulierte zeitliche Grenze, innerhalb derer der Antrag gestellt werden könne, lasse sich aus den maßgeblichen bundesrechtlichen Regelungen allerdings nicht entnehmen. Das Berufungsurteil sei aus anderen Gründen richtig.

Wurde bei einer Geschwindigkeitsmessung ein standardisiertes Messverfahren eingesetzt, gilt laut BVerwG:

  • Aus dem Recht auf ein faires Verfahren folgt zwar im Grundsatz ein Anspruch auf Zugang zu den bei der Bußgeldstelle vorhandenen Daten.
  • Allerdings muss der Betroffene alle zumutbaren Schritte unternehmen, um seinen Zugangsanspruch geltend zu machen und durchzusetzen.
  • Nur ist es ein Gebot eines fairen Verfahrens, ihm nicht die Möglichkeit zu nehmen, auf der Grundlage der begehrten Informationen konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler vorzutragen.

Im vorliegenden Fall habe der Kläger nicht alles Zumutbare getan, um an die gewünschten Daten zu gelangen. Die Bußgeldstelle hatte ihm die seinen Pkw betreffenden Rohmessdaten zur Verfügung gestellt, nicht aber, wie von dem Kläger beantragt, zusätzlich die Rohmessdaten der gesamten Messreihe, also nicht die Daten zu anderen Verkehrsteilnehmern.

Der Kläger habe keine rechtlichen Schritte unternommen, um den behaupteten umfassenden Zugangsanspruch gegenüber der Bußgeldstelle durchzusetzen, so das BVerwG.

(BVerwG, Urteil v. 02.02.2023, 3 C 14.21)


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