Zu nah aufgefahren: Fahrverbot zwingend?
Rechts stehen, links gehen – was schon bei der Benutzung von Rolltreppen oft nicht klappt, findet im Straßenverkehr sein Pendant: Auf mehrspurigen Straßen, zumeist Autobahnen, drängt es alle in die mittlere oder die linke Spur, selbst wenn die eigene Geschwindigkeit niedrig und die anderen Fahrstreifen frei sind. So auch in einem vor dem AG Landstuhl verhandelten Fall.
Notorischer Linksfahrer
Ein Autofahrer fährt auf der linken von drei Spuren und drosselt dort seine Geschwindigkeit deutlich von knapp 130 auf 122 km/h, ohne ersichtlichen Grund. Auf die mittlere Spur, die komplett frei ist, wechselt er trotz seiner reduzierten Geschwindigkeit nicht.
Der Hintermann reagiert auf das langsamere Fahren des Vordermannes nicht angemessen, er fährt deutlich zu nah auf. Eine Brückenabstandsmessung ergibt einen Abstand von 17,37 Metern. 59 Meter hätten es bei der Geschwindigkeit aber sein müssen, berechnet anhand der Faustregel: halber Tachoabstand. Damit verstößt der drängelnde Hintermann gegen §§ 1 Abs. 2 und 2 Abs. 1 StVO in erheblichem Maße.
Fahrverhalten des Vordermannes mitursächlich
Dem Auffahrenden droht damit eine Regelgeldbuße von 160 Euro sowie ein Fahrverbot von einem Monat. Doch das Gericht erkannte mildernde Umstände, unter anderem begründet durch das Fahrverhalten des Vordermannes:
- Dadurch, dass dieser stur auf der linken Spur fuhr, hinderte er den Hintermann in ordnungsgemäßer Weise daran, die linke Autobahnspur in vollem Umfang zu nutzen.
- Der vorausfahrende Pkw hätte mit der Drosselung der eigenen Geschwindigkeit die linke Fahrspur verlassen und auf die mittlere, freie Fahrbahn wechseln müssen.
- Das Verhalten des vorausfahrenden Fahrers war mitursächlich dafür, dass der Hintermann den nötigen Abstand nicht eingehalten hat.
Gegen den zu nah Auffahrenden spricht: Innerhalb von fast zehn Sekunden – so lange dauerte der Beobachtungszeitraum – hätte er den Abstand zum Vordermann aktiv vergrößern können und müssen.
Einsicht des Dränglers hat positive Folgen
Da der zu nah Auffahrende seine Fahrereigenschaft sofort eingeräumt hatte, obwohl er auf den Messbildern nur schemenhaft zu erkennen war und er seinen Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt hatte, sah das Gericht keine Notwendigkeit eines Fahrverbots.
Im Ergebnis stand eine Geldbuße in Höhe von 500 Euro wegen fahrlässiger Nichteinhaltung des erforderlichen Abstands.
(AG Landstuhl, Urteil v. 22.02.2016, 2 OWi 4286 Js 14527/15)
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Unterschreitung des Mindestabstands
Hintergrund:
Im Gesetz ist nicht genau geregelt, welchen Abstand Kraftfahrer, die hintereinander herfahren, zum Vordermann einzuhalten haben. Lediglich für Lkw über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht sowie für Kraftomnibusse sieht § 4 Abs. 3 StVO verbindlich vor, dass sie bei über 50 km/h mindestens 50 m Abstand zum Vordermann einhalten müssen.
Im Übrigen ist der einzuhaltende Abstand und die damit einhergehende Ahndung abhängig von der Verkehrssituation; die Faustregel "halber Tachoabstand" ist nur ein mehr oder minder unverbindlicher Anhaltspunkt. Nach der herrschenden Rechtsprechung darf der Sicherheitsabstand zwischen zwei Kraftfahrzeugen auf einer Schnellstraße den von dem nachfolgenden Kraftfahrzeug in 0,8 Sekunden zurückzulegenden Weg grundsätzlich nicht unterschreiten.
- Die Faustregel "halber Tachoabstand" spielt allerdings bei der Ahndung nach dem bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog eine Rolle.
- Wer zu dicht auffährt bei mehr als 80 km/h und hierbei weniger als 5/10 des halben Tachowertes Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einhält,
- muss mit Geldbußen ab 75 EUR und mit Punkten in Flensburg rechnen.
- Im Bußgeldkatalog gibt es eine Staffelung, beginnend bei einem Abstand von "weniger als 5/10 des halben Tachowertes" bis "weniger als 1/10".
Je geringer der Abstand, umso höher ist die Buße und umso mehr Punkte gibt es im FAER, evtl. sogar ein Fahrverbot.
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