Unterschreitung des Mindestabstands

Auch ein Berufskraftfahrer muss nicht die Länge der Fahrbahn-Markierungen auf der Autobahn kennen. Die Behörden können daher von dem Autofahrer nicht verlangen, dass er den Abstand zum Vordermann nach der Länge der Markierungen berechnet.

Welcher Autofahrer weiß schon, dass der weiße, unterbrochene Streifen einer Fahrbahnmarkierung auf der Autobahn grundsätzlich eine Länge von 6 m hat und der Freiraum dazwischen eine Länge von 12 m? Das Amtsgericht Wildeshausen war der Ansicht, dass einem Lkw-Fahrer solche  Längenverhältnisse bekannt sein müssten. Wegen Unterschreitens des Mindestabstands zum Vordermann war der LKW-Fahrer mit einem Bußgeld von 80 EUR belegt worden. Das AG argumentierte, anhand der Längenverhältnisse der Fahrbahnmarkierungen und der dazwischen liegenden Freiräume hätte der LKW-Fahrer unschwer erkennen können, dass der Abstand deutlich zu niedrig war. Das AG hat daher den gegen den Fahrer ergangenen Bußgeldbescheid der Bußgeldbehörde bestätigt.

Überforderung eines LKW-Fahrers

Diese Anforderungen an das Wissen eines Lkw Fahrers waren dem OLG Oldenburg denn doch zu hoch angesetzt. Die Länge der Straßenmarkierungen ist nach dem OLG- Senats einem durchschnittlichen Kraftfahrzeugführer nicht bekannt. Zu diesem Zweck müsse er nämlich einen Blick in die Richtlinien für Straßenmarkierungen (RMS-1 und RMS-2) werfen. Hierzu sei ein Autofahrer aber nicht verpflichtet. Eine Abstandsermittlung mit Hilfe der Länge der Fahrbahnmarkierungen könne daher von einem durchschnittlichen Kfz-Führer und auch nicht von einem Berufskraftfahrer verlangt werden.

LKW-Fahrer noch nicht aus dem Schneider

Das OLG hob daher das Urteil des AG auf, womit der LKW-Fahrer aber noch lange nicht obsiegt hat. Das OLG hat das Verfahren nämlich an die Vorinstanz zurück verwiesen. Das AG muss laut OLG-Senat nun prüfen, ob es dem LKW-Fahrer möglich gewesen wäre, aufgrund anderer Umstände das deutliche Unterschreiten des Sicherheitsabstandes zu erkennen. Da das AG hierzu keine Feststellungen getroffen hatte, muss es diesen Fragen nun erneut nachgehen. Das OLG hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es eine Aufrechterhaltung der Verurteilung zur Zahlung des Bußgeldes mit anderen Argumenten für durchaus nicht unwahrscheinlich hält. Der Sieg vor dem OLG wäre damit nur ein Pyrrhussieg.

(OLG Oldenburg, Beschluss v. 5.1.2015, 2 Ss Owi 322/14)

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