Corona-bedingt dürfen Zweitwohnungen nicht genutzt werden

In engen Wohnungen lauert zur Zeit der Corona-Lagerkoller. Aber in beliebten Ferienregionen, besonders in Norddeutschland, dürfen Zweitwohnungsbesitzer ihre Zweitwohnung, nie wär sie so wertvoll wie heute, trotzdem nicht mehr nutzen. Einige dort befindliche Zweitwohnungsbesitzer wurden bereits mit nachhaltigem Druck zur Abreise bewegt. Die Landesregierung Schleswig-Holstein rudert jetzt zurück.

Zweitwohnungsbesitzer nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern in weiten Teilen der nördlichen, an Nord- und Ostsee angrenzenden Ferienregionen sind verbittert, weil sie in den Osterferien nicht in ihre Ferienwohnung dürfen. Selbst diejenigen Zweitwohnungsbesitzer, die schon dort waren, wurden wieder zurückgeschickt.

Nutzung von Zweitwohnungen in den Küstenregionen weitgehend untersagt

Einige der betroffenen Zweitwohnungsbesitzer haben inzwischen in Eilverfahren vor verschiedenen Gerichten geklagt und sind größtenteils gescheitert. Am 3.4.2020 hatte die schleswig-holsteinische Landesregierung erklärt, zur Eindämmung der Verbreitung des Covid-19-Virus sei der Besuch einer Zweitwohnung in der Küstenregion, der während der Osterferien massenweise zu erwarten sei, unerwünscht. Daraufhin hatten die meisten Kreise in Schleswig-Holstein per Allgemeinverfügung die Nutzung von Zweitwohnungen untersagt und bereits dort befindliche Nutzer zur umgehenden Rückreise aufgefordert.

Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz zurückgewiesen

Einige Zweitwohnungsbesitzer - unter anderem auf den beliebten Ferieninseln wie Sylt und Amrum - haben im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Feststellung der Unwirksamkeit dieser Allgemeinverfügungen beim zuständigen VG Schleswig-Holstein beantragt. Das VG bestätigte jedoch die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Allgemeinverfügungen.

Öffentliches Interesse am Schutz vor Ansteckung mit Covid-19 geht vor

Das Recht der Zweitwohnungsbesitzer auf Nutzung ihrer Wohnungen und damit die Ausübung des gemäß Art. 14 GG geschützte Eigentumsrechts werde durch die Betroffenen Allgemeinverfügungen zwar eingeschränkt, jedoch sei diese Einschränkung durch ein überwiegendes öffentliches Gesundheitsinteresse, dem Schutz vor Ansteckungsgefahren und einer Weiterverbreitung des Covid-19-Virus gerechtfertigt. Auch habe keiner der Antragsteller plausibel darlegen können, dass es ihm nicht zumutbar sei, angesichts der aktuellen Krise seine Hauptwohnung zu nutzen.

Allgemeinverfügung sofort vollziehbar

Mit dieser Begründung bestätigte das VG auch die sofortige Vollziehung der Allgemeinverfügung (VG Schleswig-Holstein, Beschlüsse v. 22.3.2020, 1 B 11-14/20)


Wer zu spät kommt ... schon angereiste Zweitwohnungsbesitzer dürfen doch bleiben

Die Einlegung eines Rechtsmittels dürfte sich für die Antragsteller erübrigen. Nach Rücksprache mit sämtlichen Landräten des Landes ist die Regierung Schleswig-Holstein zurückgerudert. Das Land verfügte per Erlass, dass Zweitwohnungsbesitzer, die sich bereits in ihrer Zweitwohnung aufhalten, nicht abreisen müssen. Die Landesregierung bekräftigte zugleich, dass eine Neuanreise zur Zweitwohnung ohne triftigen Grund weiterhin untersagt bleibt und Verstöße hiergegen auch mit einem Bußgeld geahndet werden.

OVG Schleswig-Holstein bestätigt Anreiseverbote

Das OVG Schleswig Holstein hat inzwischen die Anreiseverbote zur Nutzung von Zweitwohnungen zwecks Bekämpfung und Ausbreitung des Corona-Virus bestätigt und lässt lediglich zwingende berufliche oder zwingende gesundheitliche Gründe als Ausnahme von dem Anreiseverbot zu (OVG Schleswig-Holstein, Beschlüsse v. 2.4.2020, 3 MB 8/20 und 3 MB 11/2020).

In anderen Küstenregionen bleibt es strenger

In anderen Ferienregionen außerhalb Schleswig-Holsteins an Nord- und Ostsee bleibt die Lage auch für Besitzer von Zweitwohnungen, die schon da sind, weiterhin ungünstiger. So hat das VG Oldenburg entschieden, dass die Anordnung der Ausreise gegenüber einem Ehepaar aus Rheinland-Pfalz, das sich an seinem Zweitwohnsitz im Landkreis Aurich bereits mehrere Wochen aufhielt, rechtmäßig war. Die Argumentation des Ehepaars, sie könnten das Virus von außen nicht einschleppen, da sie sich schon mehr als zwei Wochen in der Zweitwohnung aufhielten, ließ das Gericht nicht gelten. Auch das VG Oldenburg stellte den Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit über den Schutz des Eigentums. Im übrigen bestehe die Gefahr einer Überlastung des regionalen Gesundheitssystems, wenn eine große Zahl an Zweitwohnungsbesitzern an Corona erkranke und in den örtlichen Krankenhäusern versorgt werden müsse.

(VG Oldenburg, Beschluss v. 27.3.2020, 7 B 721/20)

Entscheidung des VG Potsdam zugunsten der Zweitwohnungsbesitzer

Anders entschied das VG Potsdam und gab den Anträgen von zwei Berliner Bürgern statt, die sich gegen das Verbot gewährt hatten, ihre Zweithäuser im Landkreis Ostprignitz-Ruppin aufzusuchen. Das VG hatte die Geeignetheit dieses Verbots zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Zweifel gezogen. Der Landkreis hat allerdings Beschwerde gegen die Entscheidung beim OVG Berlin-Brandenburg eingelegt.

(VG Potsdam, Beschluss v. 31.3.2020, 6 L 302/20)

Flickenteppich der Besuchsverbote für Zweitwohnungen in Deutschland

Die Situation für Zweitwohnungsbesitzer stellt sich zur Zeit in Deutschland äußerst uneinheitlich dar:


Verboten ist der Besuch einer Zweitwohnung in

  • Niedersachsen,
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • und Schleswig-Holstein.


  • Nicht verboten (aber teilweise nicht erwünscht) ist der Besuch einer Zweitwohnung in Baden-Württemberg,
  • Bayern (nicht erwünscht),
  • Berlin,
  • Brandenburg (mit Ausnahme des Landkreises Ostprignitz-Ruppin),
  • Bremen,
  • Hamburg,
  • Hessen (mit Ausnahme des Landkreises Waldeck-Frankenberg),
  • Nordrhein-Westfalen,
  • Rheinland-Pfalz,
  • Saarland (nur bei triftigem Grund erlaubt).

Da bekommt der Begriff "Gastlichkeit" mit dem so gerne geworben wird, doch gerade für Risikogruppen eine ganz neue Bedeutung.

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