Obliegenheiten bei Gebäudeversicherung in den Wintermonaten
Immobilienbesitzer sichern sich gegen unvorhergesehene Schäden an ihrem Eigentum häufig durch eine Gebäudeversicherung ab. Während oder nach der winterlichen Frostperiode werden den Versicherungen gehäuft Frostschäden infolge gefrorener Wasserleitungen gemeldet. Die Versicherten erleben in diesen Fällen nicht selten eine unliebsame Überraschung, wenn die Versicherung den Ersatz des entstandenen Schadens ablehnt. Die Versicherungen wenden in diesen Fällen häufig Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers ein. Mit einer solchen Fallkonstellation hat sich das OLG Frankfurt ausführlich auseinandergesetzt
Gebäudeleerstand über mehr als 2 Monate
In dem vom OLG entschiedenen Fall ging es um ein Gebäude, das als Folge einer Streitigkeit über die Wirksamkeit eines Kaufvertrages über das Gebäudegrundstück seit November 2016 leer stand. Gut 2 Monate später kam es im Januar 2017 zu Frostaufplatzungen. Der Gebäudeeigentümer meldete den Schaden seiner Gebäudeversicherung. Er wies darauf hin, dass die Heizungsanlage im November 2016 gewartet und so eingestellt worden sei, dass in sämtlichen in dem Gebäude befindlichen Räumen eine Mindesttemperatur von 10° beibehalten wurde. Das Raumklima sei zweimal wöchentlich kontrolliert worden.
Gebäudeversicherung lehnte Schadenersatz ab
Diese Vorsichtsmaßnahmen des Versicherungsnehmers bewertete die Versicherung als nicht ausreichend. Nach Auffassung der Versicherung hätte der Versicherungsnehmer angesichts des längeren Leerstandes des Gebäudes die wasserführenden Leitungen komplett leeren und absperren müssen. Die Unterlassung dieser Vorsichtsmaßnahmen sei eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers und führe zur Leistungsfreiheit der Versicherung.
LG kürzte die Leistungspflicht der Versicherung um 25 %
Die hierauf erhobene Klage des Versicherungsnehmers hatte erstinstanzlich beim LG überwiegend Erfolg. Das LG folgte allerdings der Ansicht der beklagten Versicherung insoweit, als die Kammer das Unterlassen der Entleerung der wasserführenden Leitungen als grob fahrlässige Verletzung der Obliegenheitspflicht des Versicherungsnehmers bewertete. Nach der Entscheidung der LG-Kammer führte diese Verletzung der Obliegenheitspflicht aber nicht zu einer vollständigen Leistungsfreiheit der Versicherung, vielmehr könne die Versicherung ihre Versicherungsleistung lediglich um 25 % kürzen.
AVB sahen Entleerung der Wasserleitungen bei Leerstand vor
In der Berufungsinstanz bewertete das OLG die Obliegenheitsverletzung des Klägers als deutlich schwerwiegender und leitete hieraus eine Kürzung der Leistungspflicht der beklagten Versicherung um 75 % ab. Der Senat wies darauf hin, dass nach den dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden AVB der Versicherungsnehmer in nicht genutzten Gebäudeteilen wasserführende Anlagen und Einrichtungen abzusperren und zu entleeren hat. Nach Auffassung des Senats ist die fehlende Absperrung und Entleerung der wasserführenden Leitungen und Anlagen vor diesem Hintergrund als dermaßen leichtfertig einzustufen, dass die Grenze zum Vorsatz nur knapp nicht überschritten sei.
Ergebnis: Leistungskürzung um 75 %
Zugunsten des Versicherungsnehmers berücksichtigte das OLG die vom Kläger veranlasste Minimalbeheizung der Räumlichkeiten, die sein Verschulden in einem etwas milderen Licht erschienen ließen. Allerdings vermisste der Senat Darlegungen des Versicherungsnehmers dazu, ob, wie oft und auf welche Weise er die Einhaltung der Temperatur in den leer stehenden Räumen kontrolliert habe. In der Gesamtbetrachtung sei nicht von einer völligen Leistungsfreiheit der Versicherung auszugehen, die gemäß § 81 Abs. 1 VVG im Fall einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles einschlägig wäre. Angemessen sei gemäß § 81 Abs. 2 VVG wegen grob fahrlässiger Obliegenheitsverpflichtung des Klägers eine Kürzung der Leistungspflicht der beklagten Versicherung um 75 %.
(OLG Frankfurt am Main, Urteil v. 7.8.2024, 7 U 251/20)
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