Was gilt bei technischen Störungen des beA

Das nordrhein-westfälische OVG hat sich ausführlich mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen und über welche Zeitdauer Anwälte Dokumente an ein Gericht per Telefax oder auf dem Postweg versenden dürfen, wenn der Versand über das beA wegen einer technischen Störung nicht möglich ist.

Ausnahme von beA-Pflicht bei vorübergehender technischer Störung

Für den Fall einer technischen Störung sieht § 55d Satz 3 VwGO eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Nutzung des beA vor. Nach dieser Ausnahmebestimmung bleibt die Übermittlung von Schriftsätzen nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wenn eine elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Die vorübergehende Unmöglichkeit hat der Anwalt mit der Ersatzeinreichung des Schriftstücks oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. Gleichlautende Regelungen findet sich auch in anderen Verfahrensordnungen, für den Zivilprozess in § 130d Satz 2 ZPO.

Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz per Telefax

In dem vom OVG entschiedenen Fall hatte ein Anwalt mit Schriftsatz vom 11.2.2022 beim VG um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Die Antragsschrift hatte er per Telefax übermittelt und dies damit begründet, dass die Telekom bisher nicht in der Lage gewesen sei, eine Störung seiner Telefon- und Internetverbindung zu beheben. Von dritter Seite sei daher ein Telefaxgerät zur Verfügung gestellt worden, über das er die Antragsschrift eingereicht habe.

Technische Störung über einen Zeitraum von mehr als fünf Wochen

Dieser Vorgang wiederholte sich bei der Einreichung der Beschwerdeschrift gegen die ablehnende erstinstanzliche Entscheidung. Mit der am 23.3.2022 beim OVG per Telefax eingereichten Beschwerdeschrift berief sich der Anwalt erneut auf die Störung seiner Telefon- und Internetverbindung. Erst für den 30.3.2022 habe die Telekom eine Behebung der Störung in Aussicht gestellt. Die Richtigkeit seiner Darstellung versicherte er anwaltlich.

Beschwerde per Fax trotz Internetstörung unzulässig

Das OVG wies die Beschwerde als unzulässig zurück, weil sie nicht als elektronisches Dokument über das beA eingereicht wurde. Der Anwalt habe nicht dargetan, dass ihm die Übermittlung im Sinne des § 55d Satz 3 VwGO vorübergehend nicht möglich gewesen sei. Zwischen Einreichung seines ursprünglichen Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz beim VG und der Einreichung der Beschwerdeschrift liege ein Zeitraum von fünf Wochen. Dieser Zeitraum sei nicht bloß vorübergehend im Sinne des Gesetzes. Über einen dermaßen langen Zeitraum könne der Anwalt sich nicht mit Erfolg auf das Vorliegen einer vorübergehenden technischen Störung berufen, zumal er auch nicht dargelegt habe, mit welcher Intensität und auf welche Weise er sich um eine kurzfristigere Behebung der Störung bemüht habe.

Anwälte sollten über einen mobilen Hotspot verfügen

Nach Auffassung des OVG hätte der Anwalt sich angesichts der Dauer der Störung auch um die Beschaffung und Verwendung eines mobilen Hotspots bemühen müssen, um eine möglichst schnelle Einsatzbereitschaft seines beA wiederherzustellen. Auch sei der Anwalt über mehrere Wochen nicht der Aufforderung des OVG nachgekommen, umgehend ein elektronisches Dokument nachzureichen, auch nicht nach dem 30. März, also dem Zeitpunkt, zu dem die Störung durch die Telekom behoben werden sollte.

Anwaltliche Versicherung zur Glaubhaftmachung ausreichend?

Schließlich äußerte das OVG auch noch Zweifel daran, ob der Anwalt seine Darlegungen zur technischen Störung seiner Telefon- und Internetverbindung hinreichend glaubhaft gemacht habe. Die auch im Verwaltungsrechtsverfahren insoweit zur Anwendung kommende Regelung des § 294 ZPO sehe zur Glaubhaftmachung die üblichen Beweismittel sowie die Versicherung an Eidesstatt vor. Ob eine einfache anwaltliche Versicherung diesen Kriterien gerecht wird, ließ das OVG offen. Im Ergebnis wies das OVG die Beschwerde als unzulässig zurück (OVG NRW, Beschluss v. 6.7.2022, 16 B 413/22).

Glaubhaftmachung technischer Störungen möglichst sofort

In 2 Entscheidungen stellte der BGH klar, dass in Fällen einer aufgrund technischer Schwierigkeiten bedingten Unmöglichkeit einer elektronischen Übermittlung der Anwalt verpflichtet ist, gemäß §§ 129, 130 Nr. 6 ZPO die Gründe für die technische Unmöglichkeit der Übermittlung unverzüglich darzulegen und glaubhaft zu machen. Dies bedeute, dass die Glaubhaftmachung in aller Regel gleichzeitig mit der Einreichung des fristgebundenen Schriftsatzes zu erfolgen habe. Nur in dem Ausnahmefall, dass sich das technische Problem so kurz vor Fristablauf zeige, dass für eine Darlegung der technischen Probleme gleichzeitig mit der Einreichung des Schriftsatzes keine Zeit mehr bleibt, entfalle die Pflicht zur gleichzeitigen Übermittlung der Glaubhaftmachung. Allerdings müsse die Glaubhaftmachung unverzüglich nachgeholt werden, sonst sei der Schriftsatz verfristet (BGH, Beschluss v. 17.11.2022, IX ZB 17/22; BGH, Beschluss v. 15.12.2022, III ZB 18/22).

Kostenumlage zum beA ist rechtens

Zum Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass die monatlich für das beA zu zahlende Umlage an die Rechtsanwaltskammer rechtens ist. Die Umlagekosten entstehen nach einer Entscheidung des BGH als Folge der Einrichtung des beA durch die BRAK. Daher setze die Umlage der Kosten keine Nutzung durch den Anwalt und nicht einmal ein empfangsbereites beA voraus. Es handle sich nicht um eine Nutzungsgebühr, sondern um eine von der BRAK rechtmäßig beschlossene Umlage für Einrichtung und Unterhaltung des beA (BGH, Beschluss v. 23.5.2019, V ZB 196/17.)