Mobilfunk: Unzulässigkeit der Anschlusssperre

Hat ein Kunde die Gebührenforderung eines Mobilfunkanbieters in plausibler Weise bestritten, so ist die Androhung einer Anschlusssperre durch den Anbieter eine aggressive geschäftliche Handlung und damit unlauter.

Diesen für Mobilfunkkunden nicht ganz unwichtigen Grundsatz hat das OLG Frankfurt in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung entwickelt.

Steigerung der Gebührenrechnung auf das 25-fache

Gegenstand des Verfahrens war der im Verhältnis von Mobilfunkanbieter und Mobilfunkkunden nicht ganz seltene Fall, dass das für den Anschluss zu entrichtenden Gebührenaufkommen sich in einem Monat plötzlich auf ungewöhnliche Weise rapide steigerte. Bei einem sonst durchschnittlichen monatlichen Gebührenaufkommen von unter 50 Euro stellte der Mobilfunkanbieter der Kundin für einen Monat einen Betrag in Höhe von ca. 1.300 Euro in Rechnung. Unter der Position „GPS- Auslandsverbindungsaufkommen“ wurde ein Betrag von über 1.250 Euro aufgeführt.

Kundin beanstandete Rechnung unverzüglich

Die Kundin beanstandete die Rechnungshöhe unter Hinweis auf ihr in dem betreffenden Abrechnungsmonat im Vergleich zu den Vormonaten unverändertes Telefonverhalten. Die Position „Auslandsverbindungsaufkommen“ sei für sie nicht nachvollziehbar, der in Rechnung gestellte Betrag in keiner Weise berechtigt.

Mobilfunkanbieter droht Sperrung an

Der Mobilfunkanbieter holte einen Prüfbericht des Netzbetreibers ein und wies die Kundin darauf hin, dass keine Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden und der Rechnungsbetrag berechtigt sei. Aus Gründen der Kulanz verzichte er auf die Hälfte des Rechnungsbetrags für das Auslandsverbindungsaufkommen. Die verbleibende Forderung sei aber unverzüglich zu begleichen. Im Fall nicht fristgerechter Zahlung behalte das Unternehmen sich eine Sperrung des Mobilfunkanschlusses vor.

Verbraucherschutzverband wurde aktiv

Die Kundin beschwerte sich daraufhin bei einem Verbraucherschutzverband. Dieser hielt die Androhung einer Sperrung des Mobilfunkanschlusses für unzulässig und klagte auf gerichtliche Feststellung der Unzulässigkeit. Nachdem das LG die Klage erstinstanzlich abgewiesen hatte, gab das OLG in zweiter Instanz der Klage statt und erklärte das Verhalten der Beklagten für rechtswidrig.

Die Voraussetzungen für eine Sperrung sind gesetzlich geregelt

Rechtsgrundlage für die Sperrung eines Mobilfunkanschlusses ist § 45 k TKG. Gemäß § 45 k Abs. 2 TKG darf der Anbieter eine Sperre durchführen, wenn

  • der Teilnehmer nach Abzug etwaiger Anzahlungen mit Zahlungsverpflichtungen von mindestens 75 Euro in Verzug ist und
  • der Anbieter die Sperre mindestens zwei Wochen vorher schriftlich angedroht und
  • den Teilnehmer auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes vor Gericht hingewiesen hat.
  • Gemäß § 45 k Abs. 2 Satz 2 TKG bleiben bei der Berechnung des 75-Eurobetrages nicht titulierte Forderungen, die der Teilnehmer form-, fristgerecht und schlüssig begründet beanstandet hat, außer Betracht.

Ausnahmen in bestimmten Fällen bestehen gemäß § 45 k Abs. 2 Satz 5 und Abs. 4 TKG, die im zu entscheidenden Fall aber nicht zur Anwendung kamen.

Plausibilität der Kundeneinwendungen genügt

Nach den Feststellungen des OLG waren die Voraussetzungen für eine Sperre im konkreten Fall nicht erfüllt, da die Kundin die Forderung des Telefonanbieters mit nachvollziehbaren Argumenten bestritten hatte. Die außergewöhnliche Höhe der Gebührenforderung für den Abrechnungsmonat im Vergleich zu durchschnittlichen Monaten lässt nach Auffassung des Senats berechtigte Zweifel an der Höhe der Forderung aufkommen. Eine weitere Substantiierung könne von der Kundin nicht verlangt werden, da sie keinen Zugriff auf die Erfassungsdaten habe.

Androhung der Sperrung ist unzulässige Verbraucherbeeinflussung

Hieraus zog der Senat die Schlussfolgerung, dass der Mobilfunkanbieter mit einer rechtlich nicht gerechtfertigten Sperre des Telefonanschlusses gedroht hatte. Die Drohung mit einem Vertragsbruch sei selbst dann, wenn die rechtliche Unzulässigkeit einer Telefonsperre nicht feststünde, sondern lediglich zweifelhaft wäre, geeignet, die Unabhängigkeit und damit die Fähigkeit des Verbrauchers zu einer informierten Entscheidung über seine weitere Vorgehensweise wesentlich einzuschränken. Die Drohung stelle damit eine unzulässige Beeinflussung des Verbrauchers dar, zumal die Sperrung eines Mobilfunkanschlusses von der überwiegenden Zahl der Verbraucher als ein empfindliches Übel angesehen werde. Ein Großteil der Verbraucher wickle heute die gesamte Fernkommunikation über den Mobilfunkanschluss ab.

OLG rügt aggressive Geschäftspraxis des Mobilfunkanbieters

Mit diesen Erwägungen gelangte der Senat zu dem Ergebnis, dass sich die Ankündigung der Sperre als eine aggressive Geschäftspraxis im Sinne des § 4a UWG darstellt, da die Androhung die Kundin zu einer geschäftlichen Entscheidung hätte veranlassen können, die sie andernfalls nicht getroffen hätte. Hierbei habe die Beklagte auch ihre Machtposition gegenüber der Kundin im Sinne von § 4a Abs. 3 UWG ausgenutzt. Damit sei die Androhung insgesamt unlauter und damit unzulässig gewesen.

(OLG Frankfurt, Urteil v. 24.10.2019, 6 U 14//18).

Schlagworte zum Thema:  Verbraucherschutz, Wettbewerbsrecht