Keine Kostenerstattung bei vorschnellem Anwaltsmandat

Kein Anspruch auf Erstattung der durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten, wenn die Anwaltsbeauftragung zur Rechtsverfolgung nicht erforderlich oder vorschnell war.

Wer in einer zivilrechtlichen Angelegenheit einen Rechtsanwalt mit der Verfolgung und Durchsetzung seiner Rechte beauftragt, hat Anspruch auf Ersatz der hierdurch entstandenen Kosten durch den Gegner, wenn die Gegenseite in vorwerfbarer Weise Veranlassung zur Einschaltung eines Rechtsbeistandes gegeben hat. Das AG München hat in einer kürzlich bekannt gewordenen Entscheidung einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten mit der Begründung abgelehnt, dass die Mandatierung des Anwalts zu schnell erfolgt sei.

Kurzzeitige Probleme bei der Finanzierung eines Autokaufs

Der Kläger des vom AG entschiedenen Falls hatte von der beklagten Autohändlerin einen gebrauchten PKW Toyota zum Preis von 23.490 EUR erworben. 6.000 EUR zahlte der Kläger an, der Rest des Kaufpreises sollte durch Vermittlung der Verkäuferin über ein Bankdarlehen finanziert werden. Als bei der finanzierenden Bank Probleme auftauchen, teilte die Händlerin dem Kunden per E-Mail mit, die Bank habe einen „Rückzieher“ gemacht. Dies verband sie mit der Aufforderung, entweder das Auto ordnungsgemäß zuzulassen oder es zurückzubringen. Der Käufer solle bitte sofort Kontakt mit dem Händler aufnehmen.

Bankfinanzierung stand nach gut 3 Wochen

Diese Mail nahm der Käufer zum Anlass, noch am gleichen Tag einen Rechtsanwalt zu konsultieren. Er beauftragte den Anwalt damit, gegenüber der Verkäuferin seine Rechte wahrzunehmen. Gut 3 Wochen nach der versandten Mail informierte die Autohändlerin den Käufer dahingehend, dass die Sache sich geklärt habe. Der Vertrag könne wie geschlossen abgewickelt werden und der Käufer das Fahrzeug behalten.

Käufer forderte Ersatz der Anwaltskosten

Zu diesem Zeitpunkt waren bereits Anwaltskosten in Höhe von 1.583,63 EUR angefallen, die der Käufer von der Kfz-Händlerin erstattet haben wollte. Mit der hierauf gerichteten Klage hatte der Käufer keinen Erfolg. Nach Auffassung des AG war die Beauftragung des Anwalts unmittelbar nach Erhalt der Mail noch nicht notwendig. Dem Kläger sei trotz der - zugegebenermaßen etwas „verwirrenden“ - Mail der Beklagten zuzumuten gewesen, den Versuch zu unternehmen, die Angelegenheit zunächst selbst mit der Verkäuferin zu klären.

Autohändlerin nicht in Verzug

Das AG schloss die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen für den Ersatz der Anwaltskosten der Reihe nach aus. Ein Anspruch auf Ersatz der entstandenen Anwaltskosten aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs.1 u. 2, 286 BGB komme nicht in Betracht, denn die Verkäuferin sei nicht mit einer vertraglichen Hauptleistungspflicht in Verzug geraten.

Keine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten

Das Gericht verneinte auch einen Anspruch auf Kostenerstattung wegen der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Trotz der etwas missverständlich und verwirrend formulierten Mail habe die Kfz-Händlerin keine Nebenpflicht verletzt. Aus der Mail sei ersichtlich gewesen, dass Schwierigkeiten allein bei der finanzierenden Bank und nicht bei der Beklagten als Vertragspartnerin aufgetreten seien. Der Kläger hätte in dieser Situation nach Auffassung des Gerichts Kontakt mit der Verkäuferin aufnehmen können. Auf diese Weise hätte er erfahren, dass lediglich die Bank bei der Finanzierung zögerte, die Beklagte selbst aber am geschlossenen Kaufvertrag festhalten wolle.

Verletzung der Schadensminderungspflicht durch überschnelle Mandatierung

Das Gericht betonte den in § 254 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Schadensminderungspflicht. Hiernach habe der Kläger nicht sofort eine kostenpflichtige Maßnahme in Form der Einschaltung eines Anwalts ergreifen dürfen. Die Mandatierung bereits wenige Stunden nach Erhalt der Mail sei überhastet und verfrüht gewesen. Daran ändere es auch nichts, dass der Kläger über keine guten Deutschkenntnisse verfügt und deshalb in besonderem Maße verunsichert gewesen sei. Fehlende Sprachkenntnisse fielen in die Risikosphäre des Klägers.

Kein Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten

Im Ergebnis musste der Kläger seine Anwaltskosten selbst tragen. Das Gericht wies seine Klage ab.


(AG München, Urteil v. 8.5.2025, 223 C 1289/25)


Schlagworte zum Thema:  Recht , Anwalt , Anwaltsgebühren