Signatur eines beA-Schriftsatzes muss lesbar sein

Die Nichtbeachtung der Anforderungen an ein über das beA versandtes elektronisches Dokument erweist sich immer wieder als Haftungsfalle für Anwälte. So muss etwa nach einer Entscheidung des BSG die einfache Signatur den Unterzeichner klar erkennen lassen.

In einer kürzlich bekannt gewordenen Entscheidung hat das BSG die Anforderungen an die einfache Signatur unter einen über das beA versandten Schriftsatz präzisiert. Besteht die Signatur lediglich aus einem unleserlichen Gekritzel, so ist der Schriftsatz dem Gericht nicht wirksam zugegangen und eine davon abhängige Frist gegebenenfalls versäumt.

Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen

Gegenstand des vom BSG entschiedenen Falls war eine Klage auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Sowohl die Klage als auch die anschließende Berufung waren erfolglos. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat das BSG als unzulässig verworfen, weil die Beschwerde dem Gericht nicht form- und fristgerecht zugegangen war.

Kanzleikollege half mit seinem persönlichen beA aus

Der Prozessvertreter des Klägers hatte die Nichtzulassungsbeschwerde über sein beA einreichen wollen. Wegen technischer Probleme übernahm ein zur Kanzlei gehörender Rechtsanwaltskollege die Übermittlung über sein beA mit eigenem Absenderzertifikat. Der hiernach innerhalb der Beschwerdefrist bei Gericht eingegangene Schriftsatz trug den Briefkopf des Prozessvertreters des Klägers sowie am Ende die maschinengeschriebene Namensbezeichnung des Prozessbevollmächtigten, darunter den handschriftlichen Zusatz: „für den verhinderten Rechtsanwalt …“. Im Anschluss darauf folgten zwei nicht entzifferbare Namenskürzel mit dem Zusatz „Rechtsanwalt“.

Elektronische Übermittlungsanforderungen nicht erfüllt

Die auf diese Weise eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde entsprach nach dem Verwerfungsbeschluss des BSG nicht den Anforderungen an die Einreichung eines elektronischen Dokuments gemäß § 65a Abs. 1 SGG. Danach müsse das elektronische Dokument

  • entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) der verantwortenden Person oder
  • mit einer auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereichten einfachen Signatur der verantwortenden Person versehen sein,
  • wobei ein über das beA versandter Schriftsatz nur dann über einen im Sinne des § 65a Abs. 1  SGG sicheren Übermittlungsweg eingereicht wurde, wenn die das Dokument signierende und verantwortende Person mit dem tatsächlichen Versender übereinstimmt (BAG, Beschluss v. 5.6.2020, 10 AZN 53/20).

Erfordernis eines sicheren Übermittlungswegs nicht erfüllt

Diesen Anforderungen genügte der eingereichte Schriftsatz nach der Bewertung des BSG nicht. Da das Dokument keine qeS enthielt, hätte es mit einer einfachen Signatur des tatsächlichen Absenders versehen sein müssen. Die am Textende vorhandene maschinengeschriebene Bezeichnung des ursprünglichen Prozessvertreters reicht nach Bewertung des BSG grundsätzlich für eine einfache Signatur aus. Der Prozessvertreter selbst hatte die Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht über sein persönliches beA versandt, so dass insoweit das Erfordernis eines sicheren Übermittlungswegs nicht erfüllt war.

Signatur muss den Unterzeichner erkennen lassen

Die beiden unter den Zusatz „für den verhinderten Rechtsanwalt …“ angefügten unleserlichen Handzeichen ließen nach Bewertung des BSG demgegenüber nicht erkennen, ob diese Kürzel von dem tatsächlichen Absender oder von einer anderen Person stammten. Zwar könne eine eingescannte handschriftliche Unterschrift als einfache Signatur anzusehen sein (BAG, Beschluss v. 14.9.2020, 5 AZB 23/20), dies gelte aber nicht, wenn die Unterschrift nicht entzifferbar ist und damit ohne Sonderwissen oder sogar Beweisaufnahme keiner bestimmten Person zugeordnet werden kann.

Signatur ist kein gerichtliches Ratespiel

Diese Schlussfolgerung ergibt sich nach Auslegung des BSG aus dem Sinn und Zweck der vom Gesetz eingeräumten Option der einfachen Signatur. Diese solle sicherstellen, dass die durch die Signatur ausgewiesene Person mit derjenigen identisch ist, welche mit ihrer Unterschrift die Urheberschaft eines Dokuments zu erkennen gibt. Diese Funktion könne aber nur eine lesbare Unterschrift erfüllen, nicht ein unleserliches Gekritzel, bei dem das Gericht „raten, vermuten oder glauben“ könne oder auch nicht.

Signatur dient Identifizierbarkeit des inhaltlich Verantwortlichen

Das Gericht fügte hinzu, dass selbst bei einer Erkennbarkeit der Kürzel die Voraussetzungen an eine elektronische Signatur hier nicht erfüllt seien. Die Identifizierbarkeit der Signatur habe nicht nur den Sinn der Identifizierbarkeit des Absenders, vielmehr solle mit der Signatur auch die Person identifizierbar sein, die die inhaltliche Verantwortung für den eingegangenen Schriftsatz übernimmt. Dies sei hier bei dem vermutlichen Urheber der Kürzel aber nicht der Fall gewesen, denn eine Rückfrage seitens des Gerichts habe ergeben, dass allein der ursprüngliche Prozessbevollmächtigte die inhaltliche Verantwortung für die Nichtzulassungsbeschwerde übernehme. Der „Zweitunterzeichner“ habe lediglich wegen technischer Probleme aushelfen, aber keine inhaltliche Verantwortung übernehmen wollen.

Keine Wiedereinsetzung bei verschuldetem Versäumnis

Nach Auffassung des BSG kam in diesem Fall auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Fristversäumnis nicht in Betracht. Nach Auffassung des Gerichts wäre die aufgetretenen Problematik leicht zu umgehen gewesen, da der Prozessbevollmächtigte das Dokument einfach mit einer qeS hätte versehen können. Dann wären keine Fristprobleme aufgetreten. Selbst eine Ersatzeinreichung - beispielsweise über Telefax - sei bei technischen Störungen des beA gemäß § 65d Satz 3 und 4 SGG möglich.


(BSG, Beschluss v. 16.2.2022, B 5 R 198/21)


Hinweis

Der DAV rät zur Vermeidung ähnlicher Probleme bei der Versendung von fristgebundenen Schriftsätzen über das beA dazu, bevorzugt die qeS einzusetzen. Bei Verwendung der einfachen Signatur sei grundsätzlich die maschinenschriftliche Unterschrift zu präferieren, da hier keine Lesbarkeitsprobleme auftreten könnten.


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