Leitsatz

  1. Erstattungsanspruch vorgestreckter gemeinschaftlicher Kosten und Lasten in Zweiergemeinschaft auch ohne Beschlussfassung über Wirtschaftsplan oder Jahresabrechnung
  2. Aufrechnung mit Gegenforderungen auch in Zweiergemeinschaft grds. unzulässig
 

Normenkette

§§ 16 Abs. 1 u. 2, 28 WEG

 

Kommentar

  1. Hat in einer Zweiergemeinschaft ein Eigentümer gemeinschaftliche Kosten und Lasten vorgestreckt, kann er vom anderen Eigentümer anteilige Erstattung verlangen (h.M.). Umstritten ist dabei allein, ob sich sein Anspruch aus § 16 Abs. 2 WEG, aus den §§ 683, 670 BGB oder aus § 812 BGB ergibt. Anwendbar sein dürfte § 16 Abs. 2 WEG, der den Innenausgleich von Wohnungseigentümern – wie auch hier – gerade regelt. Diese WEG-Bestimmung geht den allgemeinen Regelungen im BGB vor. Allerdings begründet § 16 Abs. 2 WEG keinen eigenständigen Zahlungsanspruch, da grds. die Erfordernisse des § 28 WEG (Beschlussfassung) hinzukommen müssen. Ausnahmsweise kommt es allerdings auf eine solche Beschlussfassung in einer Zweiergemeinschaft nicht an, wenn die beiden Eigentümer – wie hier – untereinander zerstritten sind, da dann ein solcher Genehmigungsbeschluss praktisch kaum möglich wäre. Eine Beschlussfassung dient vor allem der Willensbildung in einem Mehrpersonenverhältnis und ist in einer anteilsgleichen Zweiergemeinschaft eine bloße Förmelei, die auch die Funktionsfähigkeit dieser Gemeinschaft ernstlich gefährden könnte. Insoweit muss dem Eigentümer auch ohne weiteren Beschluss ein Erstattungsanspruch gegen den anderen Miteigentümer zustehen (BayObLG, NZM 2002, 609/610; OLG Karlsruhe, ZMR 2007, 138).

    Bezahlte Grundsteuern sind allerdings keine das Gemeinschaftseigentum betreffende Last und beziehen sich ausschließlich auf das jeweilige Sondereigentum.

  2. Eine Aufrechnung mit Gegenforderungen gegen einen solchen Wohngelderstattungsanspruch ist auch in einer Zweiergemeinschaft grds. unzulässig. Aufrechnen kann ein Eigentümer nach h.M. nur mit Forderungen aus Notmaßnahmen oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder mit anerkannten bzw. rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen; i. Ü. besteht ein Aufrechnungsverbot. Dies begründet sich aus dem Treueverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, um die notwendige finanzielle Grundlage zur Begleichung aller gemeinschaftlichen Verpflichtungen zu gewährleisten. Eine Auseinandersetzung über (streitige) Gegenansprüche würde die Versorgung der Gemeinschaft u.U. erheblich gefährden. Solche Gegenansprüche sind deshalb grds. gesondert geltend zu machen bzw. in eigenen Verfahren einzuklagen. Gerade in einer Zweiergemeinschaft fällt dies besonders ins Gewicht, wenn Zahlungsverzögerungen eines Eigentümers vom anderen Miteigentümer aufgefangen werden müssten.

    Auch eine behauptete Gegenforderung aus anteiligen Mietzinsen aus einer gemeinschaftlichen Vermietung einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Dachgeschosswohnung (vgl. § 16 Abs. 1 WEG) lässt ein solches Aufrechnungsverbot unberührt, erstreckt sich also auf solche gemeinschaftsbezogenen Gegenforderungen (so auch OLG München, NZM 2007, 335 für eine Schadensersatzforderung aus § 14 Nr. 4 WEG). Eine derartige nach Grund und Höhe umstrittene Forderung wäre bei Zulassung einer Aufrechnung geeignet, den Wohngeldprozess erheblich zu verzögern und damit die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft zu gefährden. Anders ist dies bei einer Gegenforderung aus Notgeschäftsführung, bei der sich der Geschäftsführer gleichsam für die Gemeinschaft aufgeopfert hat und deshalb ohne weitere Verzögerung von dieser entschädigt werden soll.

    Die Grundsätze zum Aufrechnungsverbot gelten auch für ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB (OLG München, NZM 2005, 673/674 und Spielbauer/Then, WEG, § 28 Rn. 23).

  3. Revision wurde gem. § 543 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO nicht zugelassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordere. Damit war auch eine Entscheidung über vorläufige Vollstreckbarkeit nicht veranlasst. Nichtzulassungsbeschwerde gegen verneinte Revision war nach §§ 62 Abs. 2 i. V. mit § 43 Nr. 4 WEG ausgeschlossen.

    Von einer Darstellung des Sachverhalts wurde gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO mangels Rechtsmittelfähigkeit der Entscheidung abgesehen.

 

Link zur Entscheidung

LG München I v. 2.2.2009, 1 S 10225/08, mitgeteilt von Richter Dr. Tetenberg

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