BGH: Kostenersatz bei eigenmächtigem Verwalterhandeln

Ein WEG-Verwalter kann – anders als einzelne Wohnungseigentümer – einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für eigenmächtig oder beschlusswidrig ausgeführte Arbeiten am Gemeinschaftseigentum haben.

Hintergrund: Verwalter beauftragt anderes Unternehmen als beschlossen

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von ihrer ehemaligen Verwalterin die Erstattung von Kosten für Sanierungsarbeiten.

Im Jahr 2014 hatten die Wohnungseigentümer beschlossen, die Eingangstüren und Briefkastenanlagen für rund 40.000 Euro erneuern zu lassen und hiermit die Firma B., ein ortsansässiges und schon lange bestehendes Unternehmen, zu beauftragen.

Die Verwalterin vergab den Auftrag jedoch an die Firma M., eine erst kurz zuvor gegründete Unternehmergesellschaft/UG (haftungsbeschränkt). Diese hatte die Arbeiten günstiger angeboten und führte sie schließlich für 36.300 Euro aus. Die Verwalterin zahlte die Rechnungen mit Mitteln der Gemeinschaft. Im Jahr 2017 geriet die Firma M. in Insolvenz.

Die Wohnungseigentümer genehmigten den Vertrag mit der Firma M. nicht und verlangen von der Verwalterin die Rückzahlung der an die Firma M. gezahlten Beträge. Die Verwalterin machte in gleicher Höhe Gegenansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht geltend und rechnete damit gegen die Forderung der Gemeinschaft auf.

Amts- und Landgericht meinten, der beschlusswidrig handelnden Verwalterin stünden keine Gegenansprüche zu. Laut BGH-Rechtsprechung könne ein Wohnungseigentümer für eigenmächtig ausgeführte Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum keinen Ersatz verlangen. Dasselbe müsse auch für einen Verwalter gelten, der Arbeiten ausführen lässt, die der Beschlusslage widersprechen. In beiden Fällen sei der Vorrang des § 21 Abs. 4 WEG a. F. zu beachten, wonach die Wohnungseigentümer über Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum entscheiden. Daher müsse die Verwalterin den an die Firma M. gezahlten Betrag zurückzahlen.

Entscheidung: Eigenmächtiges Handeln kippt Erstattung nicht

Der BGH hebt die Entscheidung des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück.

Im Ausgangspunkt steht der Gemeinschaft gegen die Verwalterin ein Anspruch auf Rückzahlung der Gelder zu, die die Verwalterin zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhalten, aber nicht bestimmungsgemäß an das von der Gemeinschaft nicht gewünschte und beauftragte Unternehmen gezahlt hat.

Allerdings kann der Verwalterin ein Gegenanspruch zustehen, obwohl ihr Handeln nicht von einem Beschluss der Eigentümer oder der Befugnis zur Notgeschäftsführung gedeckt war.

Kein Ersatz für eigenmächtig handelnde Eigentümer

Führt ein einzelner Wohnungseigentümer eigenmächtig Arbeiten am Gemeinschaftseigentum aus, kann er – von den eng begrenzten Fällen der Notgeschäftsführung abgesehen – von der Gemeinschaft keinen Ersatz der aufgewendeten Kosten verlangen. Die Entscheidung über solche Maßnahmen liegt bei der Gesamtheit der Wohnungseigentümer. Einzelne Eigentümer sind hingegen nicht befugt, Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchzuführen. Dies darf nicht durch einen Ersatzanspruch ausgehebelt werden.

Eigenmächtig handelnder Verwalter kann Ersatzanspruch haben

Anders als einzelne Eigentümer hat der Verwalter aufgrund seines gesetzlichen Aufgabenkreises die Kompetenz, Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchzuführen. Das galt bereits vor der WEG-Reform und gilt auch unter dem neuen Recht.

Wegen der unterschiedlichen Pflichtenstellung und Kompetenz von Wohnungseigentümern einerseits und Verwalter andererseits lässt sich die Rechtsprechung, dass Eigentümer für eigenmächtige Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum keinen Ersatz beanspruchen können, nicht auf den Fall übertragen, dass der Verwalter solche Maßnahmen tätigt. Einem Verwalter, der eigenmächtig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt, kann gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vielmehr ein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zustehen.

Ein Ersatzanspruch widerspricht auch nicht den Interessen der Wohnungseigentümer. Hat sich der Verwalter über einen Beschluss und damit über den erklärten Willen der Eigentümer hinweggesetzt, steht ihm gemäß § 684 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch nur nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung zu. Damit ist sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer keine Maßnahmen bezahlen müssen, die für sie ohne Wert sind. Denn der Ersatzanspruch des Verwalters ist dann grundsätzlich auf Ausgleich der Werterhöhung der Anlage gerichtet, die die von ihm veranlassten Maßnahmen bewirkt haben. Wenn die Maßnahmen der Planung der Wohnungseigentümer entsprachen, sind dagegen ihre ersparten Aufwendungen maßgeblich.

Abschlag für unerwünschten Vertragspartner

Liegt die Eigenmächtigkeit wie hier darin, dass sich der Verwalter über die Entscheidung der Wohnungseigentümer hinweggesetzt hat, eine bestimmte Firma zu beauftragen, kann dies eine Verringerung des Ersatzanspruchs rechtfertigen. Das kommt in Betracht, wenn die künftige Durchsetzung etwaiger Gewährleistungsansprüche gegen die von dem Verwalter beauftragte Firma weniger erfolgversprechend erscheint oder wenn die Eigentümer die Geschäftsbeziehung zu der von ihnen ausgewählten Firma festigen und sich hierdurch künftige Vorteile (etwa die schnellere Ausführung von Arbeiten oder die Durchführung von Wartungen und Kleinreparaturen) sichern wollten. 

Die sich aus der Beauftragung eines anderen Unternehmens ergebenden wirtschaftlichen Nachteile lassen sich durch einen Abschlag vom Erstattungsanspruch des Verwalters berücksichtigen. Dieser kann je nach den Umständen des Einzelfalls bis zu 20 Prozent betragen.

(BGH, Urteil v. 10.12.2021, V ZR 32/21)


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Schlagworte zum Thema:  Wohnungseigentumsrecht