rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohngeldzahlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. In einer Zweiergemeinschaft kann der Wohnungseigentümer, der gemeinschaftliche Kosten und Lasten vorgestreckt hat, von dem anderen Wohnungseigentümer eine anteilige Erstattung verlangen. Eine vorherige Beschlussfassung über eine Jahresabrechnung oder einen Wirtschaftsplan gemäß § 28 WEG ist dazu ausnahmsweise nicht erforderlich.

2. Die Aufrechnung mit Gegenforderungen gegen einen Wohngeldanspruch ist auch in einer Zweiergemeinschaft grundsätzlich unzulässig. Etwas anderes gilt nur, wenn es sich um eine unstreitige Gegenforderung oder um einen Anspruch aus Notgeschäftsführung oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag handelt. Abgesehen von diesen Ausnahmen erfasst das Aufrechnungsverbot auch streitige gemeinschaftsbezogene Gegenforderungen, wie etwa eine Forderung aus § 16 I WEG.

 

Verfahrensgang

AG Starnberg (Urteil vom 23.05.2008; Aktenzeichen 3 C 1805/07)

 

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.410,24 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommt: Die Revision wurde nicht zugelassen; eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 1 WEG handelt (Spielbauer/Then, WEG, § 62 Rz. 6).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Amtsgericht hat den Beklagten zu Recht dazu verurteilt, einen Betrag von 4.410,24 EUR an rückständigem Wohngeld an die Klägerin zu bezahlen.

1. Im Ergebnis besteht Einigkeit darüber, dass in einer Zweiergemeinschaft der Wohnungseigentümer, der gemeinschaftliche Kosten und Lasten vorgestreckt hat, von dem anderen Wohnungseigentümer eine anteilige Erstattung verlangen kann (BayObLG NZM 2002, 609, 610; OLG Karlsruhe ZMR 2007, 138; Bärmann/Merle, WEG, 10. Aufl., § 28 Rz. 145; Riecke/Schmid-Elzer, WEG, 2. Aufl., § 16 Rz. 182).

Umstritten ist nur, ob dies aus § 16 II WEG (so noch Bärmann/Merle, WEG, 9. Aufl., § 28 Rz. 4) oder aus §§ 683, 670 BGB (OLG Karlsruhe ZMR 2007, 138; Bärmann/Merle, WEG 10. Aufl., § 28 Rz. 145; Riecke/Schmid-Elzer, WEG, 2. Aufl., § 16 Rz. 182) oder aus § 812 BGB folgt (BayObLG NZM 2002, 609, 610, Riecke/Schmid-Elzer, WEG, 2. Aufl., § 16 Rz. 182). Für § 16 II WEG spricht, dass die Norm den Innenausgleich von Wohnungseigentümern regelt, um den es hier gerade geht. Dass die Norm grundsätzlich dennoch keinen eigenständigen Zahlungsanspruch bildet, weil die Erfordernisse des § 28 WEG hinzukommen müssen (Palandt/Bassenge, 68. Aufl., § 16 WEG Rz. 1), heißt nicht, dass dies nicht ausnahmsweise anders sein kann, wenn – wie hier (hierzu sogleich unten 2) – die besonderen Erfordernisse des § 28 WEG nicht bestehen. Gemäß § 10 II WEG ist § 16 II WEG den allgemeinen Regeln im BGB vorrangig.

2. Besondere Formerfordernisse für die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs bestehen nicht.

Grundsätzlich bedarf eine Wohngeldforderung, um die es hier der Sache nach geht, allerdings gemäß § 28 I, III, V WEG einer durch Eigentümerbeschluss genehmigten Jahresabrechnung oder eines durch Eigentümerbeschluss genehmigten Wirtschaftsplanes (BayObLG NZM 2002, 609; OLG Karlsruhe ZMR 2007, 138; Bärmann/Merle, WEG, 10. Aufl., § 28 Rz. 144; Spielbauer/Then, WEG, § 28 Rz. 83).

Bei einer Zweiergemeinschaft ohne eigenen Hausverwalter ist hiervon jedoch eine Ausnahme zu machen. Bei einer aus zwei Personen bestehenden WEG, die jeweils einen 50 % – Anteil halten, ist es naturgemäß schwer, einen Mehrheitsbeschluss über eine Jahresabrechnung zu fassen. Sind die beiden Miteigentümer – wie hier – untereinander zerstritten, wäre ein solcher Beschluss praktisch kaum möglich; der in Vorlage gehende Miteigentümer liefe Gefahr, letztlich keine Erstattung von dem anderen Miteigentümer mehr verlangen zu können. Umgekehrt erfordert die Willensbildung von nur zwei Personen nicht in jedem Fall zwingend einen (Mehrheits-)Beschluss, der vor allem der Willensbildung im Mehrpersonenverhältnis dient. Das Beschlusserfordernis des § 28 WEG verkäme daher in einem solchen Fall zu einer bloßen Förmelei, die die Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft ernstlich gefährden würde. Deshalb ist es geboten, in Ausnahme zu § 28 WEG, dem in Vorlage getretenen Miteigentümer ohne weiteren Beschluss einen Erstattungsanspruch gegenüber dem anderen Miteigentümer zuzugestehen (BayObLG NZM 2002, 609, 610; OLG Karlsruhe ZMR 2007, 138; Bärmann/Merle, WEG, 10. Aufl., § 28 Rz. 145; Riecke/Schmid-Elzer, WEG, 2. Aufl., § 16 Rz. 182).

3. Die Klägerin hat substantiiert, unter Vorlage der Einzelbelege, vorgetragen, dass sie im Zeitraum vom 29.01.2004 bis zum 11.01.2008 Kosten und Lasten der Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 8.820,48 EUR verauslagt hat. Die bereits bei der Verhandlu...

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