Im Hinblick auf das Identitätsgutachten wird anderenorts deutlich strenger entschieden als dies hier geschah: Das OLG Zweibrücken (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 22.1.2018 – 1 OWi 2 Ss Bs 92/17, NZV 2018, 177) orientiert sich streng an der Rspr. des BGH (BGH, Beschl. v. 19.12.1995 – 4 StR 170/95, BGHSt 41, 376 = NZV 1996, 157), wo klargestellt wird, dass das Identitätsgutachten lediglich ein Indiz darstellt und der Tatrichter Feststellungen in erheblichem Umfang treffen muss, wenn er selbst nicht in der Lage ist, die Wiedererkennung nur anhand des Messbilds durchzuführen. Es muss insb. auch die Methodik der Begutachtung erläutert werden (vgl. dazu OLG Hamm, Beschl. v. 22.6.2017 – 4 RBs 216/17). Stützt sich der Tatrichter am Ende (nur) auf das Gutachten, bedarf es der genaueren Erläuterung von Individualmerkmalen, anhand derer der Tatrichter die gutachterliche Einschätzung nachvollzogen hat.

Die Anwendung der Vollstreckungslösung im Bußgeldverfahren ist zulässig (OLG Hamm, Beschl. v. 24.3.2011 – 3 RBs 70/10) und war durchaus häufig Gegenstand der Rspr. (z.B. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 6.5.2014 – Ss (B) 82/2012 (59/12 OWi)). Ausgehend von der Rspr. des BVerfG (Beschl. v. 2.7.2003 – 2 BvR 273/03) und des BGH zur Verfahrensverzögerung (Vollstreckungslösung, BGH, Beschl. v. 17.1.2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124) ist eine Prüfung der Verletzung des Beschleunigungsgebots wegen Eintritts der Verzögerung nach Urteilserlass ausnahmsweise von Amts wegen vorzunehmen (vgl. auch BGH, Beschl. v. 20.6.2007 – 2 StR 493/06, NStZ 2008, 118; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 31.3.2014 – Ss (B) 18/2014 [15/14 OWi]; OLG Hamm, Beschl. v. 24.3.2011 – 3 RBs 70/10, DAR 2011, 409). Die Geltendmachung der Verletzung des Beschleunigungsgebotes würde grds. die Erhebung einer Verfahrensrüge erfordern (OLG Hamm, Beschl. v. 12.12.2008 – 3 Ss OWi 250/08, SVR 2009, 465; OLG Hamm, Beschl. v. 28.3.2010 – III-3 RBs 28/09), sofern die Verfahrensverzögerung nicht – wie hier – erst nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist eingetreten ist.

Dies kann dann Auswirkung auf Geldbuße und Fahrverbot haben (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 24.1.2012 – 3 RBs 364/11, DAR 2012, 340). Die verstrichene Zeit muss im jeweiligen Einzelfall nach Verantwortungsanteilen geprüft werden. Eine schematische Reduzierung der Rechtsfolge ist nicht möglich.

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 7/2018, S. 411 - 412

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