" … Es kann dahingestellt bleiben, ob der von der Bekl. erklärte Widerruf ihrer im Zusammenhang mit dem Einrichtungsauftrag erteilten Vertragserklärung wirksam war und sie deshalb nicht zur Zahlung der geltend gemachten Beträge verpflichtet ist. Darauf kommt es deshalb nicht an, weil das AG jedenfalls im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen hat."

2.1. Die Kl., die nach eigenen Angaben Versicherungsvertreterin ist, hat der Bekl. mit Vertrag vom 26.2.2014 eine fondsgebundene Rentenversicherung, ausgestaltet als sog. Nettopolice, vermittelt. Am selben Tag hat sie sich mit der Bekl. bezüglich eines Einrichtungsauftrags geeinigt; darin heißt es “Der Kunde bezahlt für die Vermittlung des oben stehenden Versicherungsvertrags ein einmaliges Agio, das für die eigentliche Vermittlung, die Prüfung des Antrags und die Einrichtung des Versicherungsvertrags anfällt'. In den “Allgemeinen Bedingungen für den Einrichtungsauftrag', § 2 Abs. 3, heißt es: Der Anspruch auf das Agio entsteht nicht bzw. erlischt rückwirkend, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag rechtmäßig widerrufen … wird.

Die Bekl. hat sich bezüglich der Gesamtagiokosten i.H.v. 4.536 EUR zur Zahlung von 60 monatlichen Raten à 75,60 EUR verpflichtet. Entsprechend ihrem Antrag auf Abschluss der Rentenversicherung erhielt sie am 25.3.2014 eine Versicherungspolice. In der Widerrufsbelehrung zum Rentenversicherungsvertrag findet sich bezüglich der Widerrufsfolgen kein Hinweis auf das rückwirkende Erlöschen der Zahlungspflicht aus dem Einrichtungsauftrag. Die Bekl. hat die monatlichen Raten von April 2014 bis März 2015 bezahlt. Mit Schreiben v. 24.4.2015 hat sie bezüglich der abgeschlossenen Rentenversicherung der P … AG schriftlich mitgeteilt: “Hiermit mache ich von meinem Widerspruchsrecht nach § 5a VVG Gebrauch'.

2.2. Nach Auffassung der Kammer ist die Klage unbegründet, weil der Widerruf der Erklärung bezüglich der Rentenversicherung wirksam ist und damit entsprechend § 2 Abs. 3 der AGB des Einrichtungsauftrags die Zahlungspflicht der Bekl. aus diesem Auftrag erloschen ist.

Der Widerruf war nicht verfristet, weil die Bekl. entgegen §§ 8, 9 VVG nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden war, so dass die Widerrufsfrist gem. §§ 8, 152 Abs. 1 VVG zum Zeitpunkt des Widerrufs am 24.4.2015 noch nicht abgelaufen war. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG setzt der Beginn des Laufs der Widerrufsfrist den Zugang einer deutlich gestalteten Belehrung über das Widerrufsrecht und über die Rechtsfolgen des Widerrufs, die dem VN seine Rechte deutlich machen, voraus.

Zu den Rechtsfolgen des Widerrufs eines Versicherungsvertrags, der als Nettopolice ausgestaltet ist, zählen auch die Auswirkungen auf die mit diesem Vertrag zusammenhängenden Verträge. Dies folgt aus § 9 Abs. 2 VVG i.d.F. v. 1.5.2013 (BGH zfs 2014, 273), der auf den vorliegenden, erst in 2014 geschlossenen Rentenversicherungsvertrag Anwendung findet. Bei dem zwischen der Kl. als Versicherungsvertreter und der Bekl. geschlossenen Einrichtungsauftrag handelt es sich um einen zusammenhängenden Vertrag i.S.d. § 9 Abs. 2 VVG. Ein solcher liegt vor, wenn er einen Bezug zu dem widerrufenen Vertrag aufweist und eine Dienstleistung des VR oder eines Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Versicherer betrifft.

Von einem zusammenhängenden Vertrag i.S.d. § 9 Abs. 2 VVG (bzw. des wortgleichen § 360 BGB) wird ausgegangen, wenn die Vertragsinhalte so miteinander kausal verknüpft sind, dass jeweils der eine Vertrag den anderen bedingt (u.a. Palandt/Grüneberg, BGB-Kommentar, 75. Aufl. 2016, § 360 Rn 2) bzw. wenn ein tatsächlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen beiden Verträgen besteht (Rixecker, in: Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl. 2014, § 9 Rn 25) oder wenn ein konkreter Verweis in den Verträgen den erforderlichen Bezug zueinander herstellt (Wendt/Lorscheid-Kratz, BB 2013, 2434, 2436). Dies wird insb. dann bejaht, wenn nach den Vertragsbestimmungen die Auflösung des einen Vertrags auch zur Beendigung des anderen führt. … Vorliegend besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Rentenversicherungsvertrag und dem Einrichtungsauftrag, denn eine Vergütungspflicht aus dem Letzteren konnte nur entstehen, wenn der Erstere zustande gekommen war. Zwischen beiden Verträgen besteht auch ein zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang. Schließlich ergibt sich daraus, dass mit der Vergütung aus dem Einrichtungsauftrag nicht nur die Vermittlung, sondern auch die “Prüfung des Antrags und die Einrichtung des Versicherungsvertrags' abgegolten wird sowie daraus, dass laut § 2 Abs. 3 der AGB zum Einrichtungsvertrag der Anspruch auf das Agio vom Bestand des Versicherungsvertrags abhängig ist, dass es sich bei beiden Verträgen um zusammenhängende i.S.d. § 9 Abs. 2 VVG handelt (vgl. dazu auch Reiff, VersR 2016, 757 ff., 761; Rixecker, a.a.O., § 9 Rn 29).

Da die Bekl. nicht darüber belehrt wurde, dass Folge eines rechtzeitigen Widerrufs des Versicherungsvertrags auch das rückwirkende Erlöschen des Agioans...

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