" … [10] II. (…) Der Kl. hat einen Anspruch gegen die Bekl. i.H.v. 9.000 EUR aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Das klageabweisende Urteil des LG ist deshalb dahingehend abzuändern."

[11] 1. Die Feststellungen des LG zu den Absprachen zwischen den Parteien kann der Senat seiner Entscheidung nicht zugrunde legen. Gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das nur dann möglich, wenn keine konkreten Anhaltspunkte an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen bestehen. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

[12] a) Was die Parteien hinsichtlich der Überweisung und ihrer eventuellen Rückzahlung besprochen haben, ist zwischen ihnen streitig. Für seine Behauptung der Vereinbarung einer Rückzahlung trägt der Kl. die Beweislast (BGH NJW 2014, 2275; Beschl. v. 19.11.2014 – IV ZR 317/13, BeckRS 2014, 22752). Allerdings kann er einen geeigneten Beweisantritt unterbreiten, nämlich die Vernehmung der Bekl. als Partei. Dem muss ein Gericht gem. § 445 Abs. 1 ZPO nachkommen. Im Anschluss daran ist aufgrund des Gebots der prozessualen Waffengleichheit der Kl. selbst auf seinen Antrag als Partei anzuhören oder zu vernehmen.

[13] b) Diese Möglichkeit hat der Klägervertreter in der ersten Instanz nicht gesehen, er hat lediglich seine eigene Parteivernehmung beantragt. Ein Gericht muss ihn aber auf die dargestellte Möglichkeit hinweisen. Ordnungsgemäße Feststellungen, an die das BG gem. § 529 Abs. 1 S. 1 ZPO gebunden wäre, lägen mithin allenfalls dann vor, wenn das erstinstanzliche Gericht die erforderliche Beweisaufnahme durchgeführt und ihr Ergebnis danach gewürdigt hätte.

[14] c) Daran fehlt es. Das LG hat beide Parteien gem. § 141 Abs. 1 ZPO angehört. Eine Beweisaufnahme ist aber nur durchgeführt, wenn das Gericht eines der Beweismittel der ZPO erhoben hat. Dies sind der Augenschein (§§ 371 ff. ZPO), die Zeugenvernehmung (§§ 373 ff. ZPO), der Sachverständigenbeweis (§§ 402 ff. ZPO), der Urkundenbeweis (§§ 415 ff. ZPO) und die Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO). Die Anhörung einer Partei gem. § 141 Abs. 1 ZPO ist demgegenüber kein Beweismittel. Natürlich kann das Ergebnis einer Parteianhörung im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt und verwertet werden. Dies gilt aber für den gesamten Prozessstoff und bspw. auch für das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien. Zum Beweismittel wird die Parteianhörung dadurch nicht.

[15] d) Mithin hat das LG durch die bloße Anhörung beider Parteien keine Beweisaufnahme durchgeführt.

[16] e) Mangels Beweisaufnahme konnte das LG auch keine Beweiswürdigung anstellen, auf die sich der Senat gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hätte stützen können. Dies ist offenbar auch das eigene Verständnis des LG, denn in Auseinandersetzung mit dem Vorbringen und der Anhörung der Parteien gelangt es nach eigenem Bekunden gerade nicht zu einer Überzeugung i.S.v. § 286 Abs.1 ZPO, sondern lediglich zu dem Ergebnis, der Kl. habe "den behaupteten Darlehensvertrag nicht hinreichend behauptet". Damit hat es die Klage entweder (unzutreffend) an der fehlenden "Substanziierung" des klägerischen Vorbringens oder vielleicht am fehlenden "Anfangsbeweis" i.S.v. § 448 ZPO scheitern lassen.

[17] f) Der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit, der sich aus dem Recht auf gerichtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ableitet, gebietet es nicht, die Parteianhörung gem. § 141 Abs. 1 ZPO entgegen Wortlaut und Systematik der ZPO als Beweismittel anzusehen.

[18] Aus dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit kann sich durchaus das Recht einer Partei ergeben, ihre Wahrnehmungen über eine streitige Tatsache dem Gericht für eine Würdigung zu präsentieren, wenn sie sich in Beweisnot befindet (vgl. z.B. BVerfG NJW 2001, 2531; NJW 2008, 2170; EGMR NJW 1995, 1413; BGH NJW 2013, 2601). Dieses "Präsentieren" muss nicht zwangsläufig im Rahmen einer Parteivernehmung geschehen, vielmehr genügt es, wenn die betreffende Partei gem. § 141 Abs. 1 ZPO angehört wird (BVerfG NJW 2008, 2170; BGH NJW-RR 2006, 61; NJW 2003, 3636). Dies muss deshalb ausreichend sein, weil – wie erwähnt – auch die Angaben, die eine Partei in ihrer Anhörung macht, vom Gericht bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden können.

[19] Ein solcher Anspruch einer Partei auf ihre Vernehmung oder Anhörung besteht aber nicht schon dann, wenn sie für ein bestrittenes Vorbringen keinen Zeugen hat. Ein solcher Prozessverlauf ist vielmehr Ausdruck des allgemeinen Lebensrisikos (BGHZ 150, 334 = NJW 2002, 2247). Das verfassungsrechtliche Gebot ihrer Vernehmung oder Anhörung ist Folge des Gebots der prozessualen Waffengleichheit, und greift nur dann ein, wenn im Prozess andernfalls eine Ungleichbehandlung drohte. Dies ist erst dann der Fall, wenn das Gericht einen Zeugen vernommen hat, der dem Lager der Gegenseite (= Partei A) zuzurechnen ist, während es die Vernehmung der Partei B mit Hinweis auf § 447 ZPO verweigert (EGMR NJW 1995, 1413). § 447 ZPO ist Ausdruck einer Skepsis des Gesetzes gegenüber den Angaben einer Partei in eigener Sache. Diese Skepsis kann gegenüber einem Zeugen aus dem Lager...

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