" … 1. Das LG ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Bekl. als Gesamtschuldner in vollem Umfang zum Ersatz der durch den Verkehrsunfall v. 25.8.2006 bedingten materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet sind. Dies ergibt sich aus der als Grund- und Teilurteil anzusehenden Entscheidung des LG v. 30.12.2009 und dem Senatsurt. v. 21.12.2010, in dem die vollumfängliche samtverbindliche Haftung der Bekl. gem. den §§ 7, 11, 17, 18 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249 ff. BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung bejaht worden ist."

2. Demzufolge steht dem Kl. aufgrund seiner unfallbedingten Verletzungen ein Schmerzensgeld gem. §§ 11 S. 2 StVG, 253 Abs. 2 BGB zu, das der Senat über den vom LG angenommenen Gesamtbetrag von 25.000 EUR unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles mit insgesamt 35.000 EUR bemisst.

a) Das Schmerzensgeld verfolgt vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden zu verschaffen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien. Als objektivierbare Umstände besitzen vor allem die Art der Verletzungen, Art und Dauer der Behandlungen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Gewicht. Hierbei zählen das Entstehen von Dauerschäden, psychischen Beeinträchtigungen und seelisch bedingten Folgeschäden zu den maßgeblichen Faktoren. Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen. Die beruflichen Folgen der Verletzung und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes. Hierbei kommt es nicht zuletzt auf das Alter des Geschädigten an; denn ein und dieselbe Beeinträchtigung wird nicht in jedem Lebensalter gleich gravierend empfunden (Senat NJW 2011, 933, 935 m.w.N.). Bei der Schmerzensgeldbemessung nach diesen Grundsätzen verbietet sich eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Anhaltspunkt bieten können, ohne jedoch zwingend zu einer bestimmten “richtigen‘ Schmerzensgeldhöhe zu führen (Senat NJW 2011, 933, 935).

b) Auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts hat das BG die erstinstanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gem. §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Hält das BG sie für zwar vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. Das BG darf es nicht dabei belassen zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insb. ob das Gericht sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinander gesetzt und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (BGH NJW 2006, 1589, 1592 Rn 30).

aa) Wie das LG zutreffend und in der Berufungsinstanz unangegriffen festgestellt hat, erlitt der – am … geborene und damit im Unfallzeitpunkt 39 Jahre alte – Kl., der nach abgeschlossener Promotion in Chemie und Weiterbildung in einem Krankenhaus in W als Qualitätsmanager tätig ist, unfallbedingt unstreitig eine vordere Beckenringfraktur links mit Bruch der Massa lateralis (bauchseitige Anteile des Os sacrum), eine ventrale Acetabulumfraktur links, eine distale Ulnaschaftfraktur links mit Bewegungsminderung, eine Orbitafraktur links mit Contusio bulbi links, eine Nasenbeinfraktur, eine Lungenkontusion und ein Schädelhirntrauma zweiten Grades. Darüber hinaus hat das LG ebenso zutreffend und in der Berufungsinstanz unangegriffen festgestellt, dass eine leichte Bewegungseinschränkung des Kl. in der Rotation, eine leichte Verhärtung der Muskulatur im Ursprungsbereich der pelvitrochantären Muskeln als Folge der Beckenringfraktur links sowie eine geringe Einschränkung der Umwendbewegung des Unterarmes nach außen, etwas mehr als hälftig, eine circa 16 cm lange, reizlose Narbe als Folge der Fraktur der körpernahen Elle links mit subjektiver lokaler Schmerzhaftigkeit und eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion erwiesen sind. Der Kl. befand sich unfallbedingt vom 25.8.2006 bis zum 15.9.2006 im Klinikum S. und musste sich einer Operation der Fraktur der körpernahen Elle unterziehen, im Übrigen wurde er konservativ behandelt. Im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt befand sich der Kl. bis zum 20.11.2006 in teilstationärer Behandlung in der Reha-Klinik S. Nach der Entl...

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