Gehen Reparaturkosten und Wertminderung mehr als 30 % über den Wiederbeschaffungswert hinaus (4. Stufe), so verstößt eine gleichwohl durchgeführte Reparatur im Allgemeinen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Der Geschädigte kann daher vom Schädiger nur den Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands verlangen.[37] Dies gilt nicht nur bei fiktiver, sondern auch bei konkreter Abrechnung. Der Geschädigte kann daher nicht verlangen, dass der Schädiger ihm die tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten bis zu der 130 %-Grenze ersetzt.[38] Dies gilt auch dann, wenn er sich mit einer unvollständigen Reparatur begnügt, deren Kosten unter der 130 %-Grenze bleiben.[39] Dahinter steht die Erwägung, dass es dem Geschädigten nicht erlaubt sein soll, sich den Integritätszuschlag trotz Unwirtschaftlichkeit der Reparatur zu erhalten.[40]

Ist es dem Geschädigten trotz eines Sachverständigengutachtens, das einen über die 130 %-Grenze hinausgehenden Reparaturaufwand ausweist, gelungen, das Fahrzeug – beispielsweise durch Verwendung gebrauchter Ersatzteile – einer vollständigen und fachgerechten Reparatur zuzuführen, ohne die 130 %-Grenze zu überschreiten, so hat er aber einen Anspruch auf Ersatz der tatsächlich angefallenen Kosten.[41] Beruht die Einhaltung der 130 %-Grenze darauf, dass die Werkstatt dem Geschädigten einen Rabatt gewährt hat, so bleibt es dagegen bei der durch das Gutachten begründeten Vermutung, dass die Reparatur wirtschaftlich unvernünftig war. Diese Ausnahme lässt sich mit dem Ziel rechtfertigen, Manipulationen im Zusammenwirken zwischen dem Geschädigten und der Werkstatt zu vermeiden.[42] Der Geschädigte kann diese Vermutung aber durch Vortrag zu den Gründen für die Rabattgewährung widerlegen.[43]

[37] BGH v. 10.7.2007 – VI ZR 258/06, NJW 2007, 2917 = VersR 2007, 1244; Wellner NJW 2012, 710.
[38] BGH v. 2.6.2015 – VI ZR 387/14, NJW 2015, 2958 Rn 7; BeckOGK/Brand, 1.3.2022, § 251 Rn 52; Staudinger/Höpfner, BGB, Neubearb. 2021, § 251 Rn 25; Ahrens/Spickhoff, Deliktsrecht, 2022, § 44 Rn 25.
[39] BGH v. 15.11.2011 – VI ZR 30/11, NJW 2012, 52 Rn 7; MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, § 251 Rn 44.
[40] MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, § 251 Rn 43.
[42] Zum Manipulationsrisiko MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, § 251 Rn 43.

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