„ … Die Kl. hat als Kaskoversicherer unstreitig die hier in Rede stehenden Versicherungsleistungen i.H.v. insgesamt 5.393,72 EUR wegen der streitgegenständlichen Fahrzeugschäden an ihre Versicherungsnehmer erbracht. Dementsprechend liegen die Voraussetzungen für einen Übergang der entsprechenden Ersatzansprüche der unmittelbar geschädigten Fahrzeugeigentümer auf die Kl. nach § 67 VVG a.F. (jetzt § 86 VVG n.F.) vor.

b. Ebenfalls unstreitig sind die hier in Rede stehenden Fahrzeuge durch sturmbedingt gelöste Teile des Daches der Garagen der bekl. Eigentümer beschädigt worden. Ob dabei die Dachteile unmittelbar infolge des Sturms auf die Fahrzeuge herabgefallen sind (so die Kl.) oder sie sich zunächst nur gelöst haben und dann aus Sicherheitsgründen von der herbeigerufenen Feuerwehr in die Garagen hinuntergedrückt worden und dadurch auf die Fahrzeuge geraten sind (so die bekl. Eigentümer) kann dahinstehen. In jedem Falle beruhten die hier in Rede stehenden Fahrzeugschäden zurechenbar darauf, dass sich Dachteile gelöst haben, was für § 836 BGB ausreicht. Davon ist zu Recht auch das LG ausgegangen.

c. Unstreitig waren die bekl. Eigentümer Eigenbesitzer der hier in Rede stehenden Garagen. Insoweit genügt ein – hier vorliegender – mittelbarer Eigenbesitz (vgl. dazu nur Palandt/Sprau, a.a.O., § 836, Rn 12).

d. Es ist ferner davon auszugehen, dass das Ablösen der Dachteile Folge einer fehlerhaften Errichtung und/oder Unterhaltung des hier in Rede stehenden Garagendaches gewesen ist.

Das Vorliegen dieser weiteren Voraussetzung des § 836 Abs. 1 S. 1 BGB muss an sich die Geschädigtenseite (hier also eigentlich die Kl.) beweisen. Jedoch spricht grundsätzlich der Anscheinsbeweis dafür, dass ein Ablösen von Gebäudeteilen Folge fehlerhafter Errichtung und/oder mangelhafter Unterhaltung des Gebäudes ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein außergewöhnliches Wetterereignis vorliegt, mit dem erfahrungsgemäß nicht zu rechnen ist und dem auch ein fehlerfrei errichtetes oder mit hinreichender Sorgfalt unterhaltenes Gebäude nicht standzuhalten vermag. Weil ein Hausbesitzer auch ungewöhnliche, aber mögliche Sturmstärken in die Betrachtung einbeziehen und entsprechend Vorsorge treffen muss, wird der vorgenannte Anscheinsbeweis i.d.R. nicht dadurch erschüttert, dass das Schadensereignis durch eine besonders starke Sturmböe verursacht worden ist. In der heutigen Zeit muss man auch in unseren Breiten verstärkt mit orkanartigen Stürmen rechnen und dies bei Errichtung bzw. Unterhaltung des Gebäudes berücksichtigen. Dementsprechend reichen zur Erschütterung des Anscheinsbeweises selbst ungewöhnlich starke Sturmböen jedenfalls der Stärke 12, der Dächer unstreitig nach der maßgebenden DIN mindestens standhalten müssen, nicht aus; zum großen Teil wird sogar bei Böen bis zu 13 Beaufort die Erschütterung des Anscheinsbeweises verneint (vgl. zum Ganzen nur Geigel/Haag, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 19, Rn 12; Palandt/Sprau, a.a.O., § 836, Rn 9; BGH NJW 1993, 1782; OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 1244; OLG Zweibrücken NJW-RR 2002, 749 sowie OLG Koblenz VersR 2005, 982, welches schon bei Böen mit einer Windstärke oberhalb von 12 Beaufort den Anscheinsbeweis als erschüttert ansieht).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowie des Ergebnisses der vom Senat noch ergänzten Beweisaufnahme ist vorliegend – entgegen der Annahme des LG – der grundsätzlich im o.g. Sinne gegen die Bekl. sprechende Anscheinsbeweis als nicht erschüttert anzusehen, und zwar schon unabhängig davon, ob für die Erschütterung des Anscheinsbeweises schon Böen ab Stärke 13 oder erst solche oberhalb der Stärke 13 als ausreichend anzusehen sind.

Der bloße Verweis darauf, dass am Schadenstag der Sturm “Kyrill’ geherrscht und auch in M erhebliche Schäden verursacht hat, reicht für die Feststellung eines außergewöhnlichen Sturmereignisses nicht aus. Schon innerhalb einer Stadt können durchaus unterschiedliche Windstärken vorliegen. Es kommt aber auf die Verhältnisse am konkreten engeren Schadensort an.

Die vorliegenden Wettergutachten ergeben lediglich, dass es in M Böen mit Windgeschwindigkeiten von 10–11 Beaufort gegeben hat, was nach den o.g. Grundsätzen für die Annahme eines außergewöhnlichen Sturmereignisses nicht ausreicht. Auch in der von Bekl.-Seite überreichten Wikipedia-Dokumentation ist lediglich davon die Rede, dass im Norden und Westen Deutschlands gebietsweise auch im Flachland Orkanböen zwischen 120 und mehr als 130 km/h (das entspricht der Stufe 12 auf der erweiterten Beaufort-Skala) aufgetreten sind; höhere Windgeschwindigkeiten bis hin zu 225 km/h haben danach nur an der Küste und auf den Bergen vorgelegen (die Spitzenböe mit 225 km/h ist am Schweizer Aletschgletscher gemessen worden). Soweit im Parteigutachten die bloße abstrakte Möglichkeit lokaler Windhosen genannt wird und es im gerichtlichen Wettergutachten heißt, Böen bis in den Bereich der Windstärke 12 (nach der nicht erweiterten Beaufort-Skala) seien nicht auszuschließen, reicht dies nicht aus, um den zu...

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