Das AG hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 60 EUR verurteilt. Außerdem hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von 3 Monaten festgesetzt.

Das AG hat zum Tatgeschehen folgende Feststellungen getroffen:

"Am 23.1.2007 hielt der Angeklagte sich in seinem Haus in Bad H auf und testete einige Weine für ein Fest. Seine Ehefrau befand sich bei ihrer etwa 3 Kilometer entfernt wohnenden Mutter, wo sie auch über Nacht bleiben wollte."

Der Angeklagte erlitt an diesem Abend einen Harnverhalt. Dies ist eine Erkrankung in der Harnröhre, die dazu führt, dass der Urin nicht mehr auf natürlichem Weg entweicht, sondern mittels eines Katheters abgelassen werden muss. Durch den hierdurch entstandenen Druck auf der Blase ist der Verlauf der Krankheit recht schmerzhaft. Der Angeklagte erlitt früher schon mal einen solchen Harnverhalt.

Da ihm der Verlauf der Erkrankung bekannt war und daher auch die Tatsache, dass ihm ein Katheter gelegt werden muss, setzte er sich an dem Abend in sein Auto und wollte nach Bonn ins Krankenhaus fahren. Über den zuvor genossenen Alkohol machte er sich dabei keine weiteren Gedanken. Bei Unkel bemerkte er, dass die Schmerzen zu stark wurden, er wendete daraufhin sein Fahrzeug und wollte nach Linz in das Krankenhaus fahren. Dabei fiel er gegen 0:30 Uhr der Polizei auf, die ihn wegen überhöhter Geschwindigkeit anhielt. Weitere alkoholbedingte Ausfallerscheinungen konnten nicht festgestellt werden.

Nachdem der Angeklagte aus dem Wagen ausgestiegen war, fiel den ermittelnden Beamten Alkoholgeruch bei dem Angeklagten und der unsichere Gang des Angeklagten auf. Sie boten diesem daraufhin einen Atemalkoholtest an, der einen Wert von 1,04 o/oo zeigte. Da der Angeklagte wegen des Harnverhaltes unter erheblichen Schmerzen litt und diesem im Übrigen auch zur Feststellung der Blutalkoholkonzentration eine Blutprobe entnommen werden sollte, wurde er nach Linz in das Krankenhaus gebracht. Dieses wurde gegen 0:50 Uhr erreicht.

Die dort diensthabende Ärztin Dr. M. kümmerte sich zunächst um die Erkrankung des Angeklagten. Sie legte dem Angeklagten einen Katheter, wobei sie zunächst die Eichel desinfizierte, dann ein Betäubungsmittel mit dem Namen "lnstillagel" einführte und daraufhin einen Katheter legte. Hiermit entnahm sie der Blase etwa 1000 ml Urin. Daraufhin führte sie noch eine Ultraschallbehandlung durch und entnahm dem Angeklagten dann gegen 1.35 Uhr eine Blutprobe. Dabei benutzte sie ein spezielles Set für die Entnahme einer Blutprobe, welches ihr von dem Zeugen POK C. übergeben wurde und in dem sich ein Pad zum Desinfizieren befindet, der ohne Alkohol als Desinfektionsmittel auskommt.

Die Untersuchung der Blutprobe ergab eine BAK von 1,11 ‰.“

Weiter hat das AG ausgeführt:

Der Angeklagte habe die Fahrt mit seinem Fahrzeug eingeräumt und diese damit erklärt, dass er sich wegen des Harnverhalts zunächst in die urologische Abteilung der Universitätsklinik in Bonn habe begeben wollen. Auf Grund der Schmerzen habe er jedoch in Höhe von Unkel gedreht und habe nach Linz ins Krankenhaus fahren wollen. Er habe Angst gehabt, weil ein Verwandter von ihm an geplatzter Blase gestorben sei. Er habe nicht versucht, ein Taxi oder einen Notarzt zu rufen. Seine Ehefrau sei nicht anwesend gewesen. Er habe auch keine Freunde oder Nachbarn gefragt, ob diese ihn mit dem Auto ins Krankenhaus bringen könnten. Er habe nicht genau gewusst, wie viel er tatsächlich getrunken habe.

Die Strafrichterin hat die Tat als fahrlässige Trunkenheitsfahrt gewertet. Der Angeklagte habe sein Fahrzeug geführt, obwohl er auf Grund der Blutalkoholkonzentration von 1,11 %o absolut fahruntüchtig gewesen sei. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Blutprobe weder durch das Desinfektionsmittel noch durch die Verabreichung des Betäubungsmittels "Instillagel" beeinflusst worden sei. Es liege nur eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt vor, da der Angeklagte sich irrig noch für fahrtüchtig gehalten und er nicht in Fahrbereitschaft getrunken habe; gefahren sei er nur wegen des schmerzhaften Verlaufs des erlittenen Harnverhaltes.

Die Tat sei auch nicht nach § 34 StGB gerechtfertigt. Die Trunkenheitsfahrt sei nicht zur Abwendung einer Gefahr für Leben oder Leib erforderlich gewesen, da mildere, gleich effektive Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Der Angeklagte hätte einen Krankenwagen oder Notarzt rufen können. Er hätte mit dem Taxi ins Krankenhaus fahren können. Er hätte auch seine Frau, die nur 3 Kilometer von seinem Aufenthaltsort entfernt gewesen sei, anrufen oder er hätte Freunde und Nachbarn fragen können, ob diese ihn in das Krankenhaus fahren könnten.

Der Angeklagte habe sich auch nicht über das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes geirrt, da er sich keine Sachlage vorgestellt habe, bei der er, wenn diese tatsächlich vorgelegen hätte, gerechtfertigt gewesen wäre. Denn selbst wenn...

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