Das Urteil des BGH ist zwar zum früheren Recht der Vermögensabschöpfung (Rechtsstand bis 31.3.2017) ergangen, es hat aber auch für das neue ab. 1.4.2017 in geltende Recht Bedeutung. Die Neufassungen der §§ 73 ff. StGB und der Nr. 4142 VV RVG haben nämlich im Hinblick auf den hier umstrittenen Gegenstandswert keine Änderungen gebracht.

Mit seiner Auffassung hat sich der BGH gegen die h.M. in Rechtsprechung und Literatur gewandt. Diese geht nämlich bei der Ermittlung des Gegenstandswertes für die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG von dem zu sichernden Hauptanspruch aus, macht davon wegen der Vorläufigkeit eines Arrestes einen Abschlag von 2/3 und kommt somit im Regelfall zu einem Gegenstandswert i.H.v. 1/3 des zu sichernden Hauptanspruchs (so etwa Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., Nr. 4142 RVG Rn 20 m.w.N.; AnwKomm-RVG/N. Schneider, 8. Aufl. 2017, Nr. 4142 VV RVG, Rn 45; OLG Hamm AGS 2008, 341 = wistra 2008, 160; AGS 2008, 175; OLG Köln, Beschl. v. 10.9.2004 – 2 Ws 370/04: zu §§ 88 BRAGO); OLG München AGS 2010, 543 = NStZ-RR 2010, 32 LS; OLG Stuttgart RVGreport 2014, 348 [Burhoff]; LG Chemnitz AGS 2018, 381; LG Kempten JurBüro 2018, 596; a.A., ebenso wie der BGH hier und BGH RVGreport 2017, 420 [Burhoff]; OLG Rostock RVGreport 2018, 352 [ders.] = AGS 2018, 334 = JurBüro 2018, 407).

Die Begründung des BGH, ohne die Begrenzung des Gegenstandswertes ergebe sich ein zusätzlicher Vergütungsanspruch des Verteidigers, der hier mehr als das Doppelte des zu pfändenden Vermögens des Mandanten ausmache, überzeugt allerdings nicht. Denn dies liegt in der Konzeption der nach dem Gegenstandswert zu berechnenden zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG. Der BGH hat auch das – vermeintliche – Missverhältnis zwischen der Verfahrensgebühr und der Vergütung für die gesamte Verteidigung schon in seinem Beschl. v. 21.2.2007 (RVGreport 2007, 313 [Burhoff] = NStZ 2007, 341) gerügt und ein berichtigendes Eingreifen des Gesetzgebers für erforderlich gehalten. Der Gesetzgeber, der vielfach Entscheidungen des BGH zum Anlass nimmt, Rechtsvorschriften zu ändern, hat jedoch in den zurückliegenden rund zwölf Jahren keinen Anlass hierzu gesehen.

Die Entscheidung des III. ZS des BGH hier kollidiert auch mit dem Beschluss des VII. ZS des BGH (RVGreport 2017, 465 [Hansens] = JurBüro 2017, 212), in dem es um den Gegenstandswert der für die Erwirkung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses angefallenen 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG in dem Fall ging, in dem das auf dem gepfändeten Konto vorhandene Guthaben erheblich niedriger ist als die zu vollstreckende Forderung. Hierzu hat der VII. ZS des BGH ausgeführt:

Zitat

"Nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen; soll ein bestimmter Gegenstand gepfändet werden und hat dieser einen geringeren Wert, ist der geringere Wert maßgebend. Mit dem vom Gläubiger beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sollen neben dem Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des auf seinem Girokonto bei der Drittschuldnerin bestehenden Guthabens auch der Anspruch auf Gutschrift der auf dem Konto eingehenden Beträge sowie die gegenwärtige und künftige Forderung des Schuldners gegenüber der Drittschuldnerin auf Auszahlung eines vereinbarten Dispositionskredits, soweit der Schuldner den Kredit in Anspruch nimmt, gepfändet werden. Die Zwangsvollstreckung beschränkt sich damit nicht auf das im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung vorhandene Guthaben. Für den Gegenstandswert ist daher der Wert der zu vollstreckenden Forderung einschließlich der aufgewendeten Zustellkosten maßgeblich."

Hieraus ergibt sich, dass der Gegenstandswert sich nicht stets nach dem Guthaben berechnet. Außerdem hat der III. ZS des BGH mit keinem Wort erörtert, warum nicht die vorrangige Regelung des § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG eingreift, die ausdrücklich den Gegenstandswert "bei der Vollziehung eines Arrestes", um den es auch hier ging, regelt.

Das Urteil des BGH wirft somit mehr Fragen auf, als es klärt.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens

zfs 3/2019, S. 165 - 167

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