Leitsatz (amtlich)

Nr. 4142 VV RVG gilt für eine Tätigkeit des Rechtsanwalts, die sich auf einen dinglichen Arrest zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz bezieht, auch dann, wenn der dingliche Arrest der Rückgewinnungshilfe (§ 111b Abs. 5 StPO) dient.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Entscheidung vom 16.10.2013; Aktenzeichen 6 KLs 181 Js 29161/12)

 

Tenor

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 16. Oktober 2013 wird wie folgt festgesetzt:

  • a)

    soweit die Staatsanwaltschaft die Anordnung eines dinglichen Arrests in das Vermögen des Angeschuldigten P. über einen Betrag von 1.007.400,- € hinaus auf 1.600.000,- € begehrte, auf

    197.533,- € ;

  • b)

    soweit die Staatsanwaltschaft die Anordnung eines dinglichen Arrests in das Vermögen der Arrestbeteiligten zu 1. und 2. in Höhe von jeweils 1.600.000,- € begehrte, jeweils auf

    533.333,- € .

 

Gründe

I.

Mit Verfügung vom 29. August 2013 ordnete die Staatsanwaltschaft nach § 111b Abs. 2 und Abs. 5, 111d, 111e Abs. 1 StPO i.V. mit §§ 73 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 Satz 2, 73a StGB wegen Gefahr im Verzug zur Sicherung des staatlichen Anspruchs auf Verfall von Wertersatz und zur Sicherung der den Verletzten aus den Straftaten erwachsenden zivilrechtlichen Ansprüche jeweils einen dinglichen Arrest in Höhe von 1.600.000,- € in das Vermögen des Angeschuldigten P. und in das Vermögen der Arrestbeteiligten zu 1. und 2. an. Am selben Tag wurden von der Staatsanwaltschaft auf der Grundlage der dinglichen Arreste Pfändungsmaßnahmen u.a. in die Konten der Arrestbeteiligten zu 1. bei der Kreissparkasse H. (Guthaben: ca. 340.000,- €) und bei der Volksbank F. eG (Guthaben ca. 40.000,- €) ausgebracht.

Mit Beschluss der 6. Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts vom 16. Oktober 2013 wurde der gegen den Angeschuldigten P. angeordnete dingliche Arrest mit der Maßgabe bestätigt, dass der Arrestbetrag und der Geldbetrag für die Hemmung der Vollziehung des Arrestes auf 1.007.400,- € herabgesetzt wurden. Der darüber hinausgehende dingliche Arrest gegen den Angeschuldigten P. und die dinglichen Arreste gegen die Arrestbeteiligten zu 1. und 2. wurden aufgehoben.

Die dagegen eingelegte Beschwerde der Staatsanwaltschaft Stuttgart wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts vom 16. Januar 2014 (1 Ws 212/13) als unbegründet verworfen.

Der frühere Verteidiger des Angeschuldigten Petkovic Rechtsanwalt ..., die Verfahrensbevollmächtigten der Arrestbeteiligten zu 1. im Beschwerdeverfahren (Rechtsanwalt ... und Rechtsanwältin ...) und der Verfahrensbevollmächtigte der Arrestbeteiligten zu 2. (Rechtsanwalt ...) haben jeweils beantragt, den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit nach § 33 RVG festzusetzen.

II.

Der Senat entscheidet über die Anträge in der Besetzung mit drei Richtern, weil das Verfahren vom Berichterstatter wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache auf den Senat übertragen worden ist (§ 33 Abs. 8 Satz 2 RVG).

III.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist wie tenoriert festzusetzen.

1.

Die Anträge auf Festsetzung des Gegenstandswertes sind zulässig i.S. von §§ 2 Abs. 1, 33 Abs. 1 RVG, weil die Antragsteller einen fälligen Anspruch auf eine Vergütung haben (§§ 33 Abs. 2 Satz 1, 8 Abs. 1 RVG) und es hinsichtlich der Anwaltsgebühren für das Verfahren über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 16. Oktober 2013 auf den Gegenstandswert des Verfahrens ankommt. Die Tätigkeit der Antragsteller, die auf Abwendung der von der Staatsanwaltschaft begehrten Anordnung dinglicher Arreste in das Vermögen des jeweiligen Mandanten gerichtet war, unterfällt nach Auffassung des Senats der als Wertgebühr ausgestalteten Nr. 4142 VV RVG.

a)

Nach überwiegender Ansicht unterfallen Tätigkeiten zur Abwendung eines dinglichen Arrests, der zur Sicherung der Rückgewinnungshilfe angeordnet worden ist, nicht der Nr. 4142 VV RVG (OLG Köln, StraFo 2007, 131; KG, Beschluss vom 15. April 2008 - 1 Ws 309/07, 310/07 -, [...] Rn. 5; OLG Hamm, Beschluss vom 17. Februar 2009 - 2 Ws 378/08 -, BeckRS 2009, 08073; LG Saarbrücken, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 2 Qs 18/11 -, [...]). Denn ein solcher Arrest diene lediglich der vorläufigen Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche und daher falle nicht unter die in Nr. 4142 VV RVG aufgeführten Tätigkeiten (OLG Hamm, a.a.O., LG Saarbrücken, a.a.O., Rn. 7). Entscheidend für die Anwendung von Nr. 4142 VV RVG sei, ob es sich um eine Maßnahme handelt, die darauf gerichtet ist, dem Betroffenen den Gegenstand endgültig zu entziehen und dadurch einen endgültigen Vermögensverlust bewirken soll (KG, a.a.O.; LG Saarbrücken, a.a.O., Rn. 5). Nur eine auf diese Maßnahmen bezogene Tätigkeit des Verteidigers verdiene eine gesonderte Honorierung (KG, a.a.O.). Strafgerichtliche Entscheidungen, welche der Rückgewinnungshilfe dienten, führten hingegen bei dem Betroffenen noch nicht zu einem Vermögensverlust. Darüber sei vielmehr außerhalb d...

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