Die zulässige Berufung ist begründet, sodass das Teilurteil vom 19.8.2011 aufzuheben und der Klage auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in Form des mit klägerischem Schriftsatz vom 26.8.2011, Ziffer II., gestellten Antrags stattzugeben war.

1. Die Auffassung des Erstgerichts, die Klage auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sei nicht mehr zulässig, trifft nicht zu. Es nimmt an, die Klägerin habe nach Erledigterklärung der Anträge aus Ziffer 1. und 2. der Stufenklage (erste Stufe) nicht den ursprünglichen Antrag aus Ziffer 3. (zweite Stufe) ihrer Klage weiter verfolgt, sondern sei durch Schriftsatz ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten vom 19.8.2010 zur Zahlungsklage (dritte Stufe) übergegangen, sodass für eine Weiterverfolgung des Anspruchs auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung kein Raum sei. Zur Begründung seiner Auffassung bezieht sich das Erstgericht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.11.2000 (NJW 2001, 833).

Die Ausgangslage des vom BGH entschiedenen Falls rechtfertigt keine entsprechende Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt. In dem dem BGH vorliegenden Fall hatte die Klägerin, die Pflichtteilsansprüche gegen die Beklagte erhob, auf der ersten Stufe Auskunft, auf der zweiten Stufe Antrag auf Wertermittlung durch Sachverständigengutachten und auf der dritten Stufe Zahlung gefordert. Nachdem die dortige Klägerin im Rahmen der ersten Stufe Auskünfte über ein Verkehrswertgutachten aus einem Zwangsversteigerungsverfahren über das betreffende Grundstück erhalten hatte, benötigte sie weitergehende Auskünfte gemäß der zweiten Stufe der Klage nicht mehr und war sofort zur Bezifferung der Leistungsklage imstande, woraufhin das Schlussurteil erging. Das OLG Köln hatte auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen, weil es einen wesentlichen Verfahrensfehler unter anderem darin gesehen hatte, dass das Urteil nicht erkennen lasse, wie der für die zweite Stufe angekündigte Antrag auf Wertermittlung behandelt worden sei. Der BGH hatte das Berufungsurteil aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin den Antrag auf Wertermittlung (zweite Stufe) nicht notwendigerweise zur Verhandlung und Entscheidung stellen musste, sondern direkt zum Leistungsbegehren habe übergehen können, nachdem sie im Rahmen der ersten Stufe (Auskunft) ein Verkehrswertgutachten erhalten hatte und dadurch den Pflichtteilsanspruch beziffern konnte. Damit hatte sie das ursprünglich nur mittelbar verfolgte Klageziel auf derselben tatsächlichen und rechtlichen Grundlage nunmehr unmittelbar angestrebt, was nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig war; der BGH sah für eine (teilweise) Klagerücknahme oder Erledigterklärung, da die Klägerin ihr ursprüngliches Begehren in qualifizierter Gestalt weiter verfolgte, keinen Raum.

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin ihren Leistungsantrag – nach Erledigung der Stufe 1 – nicht als definitiv verstanden; dies ergibt sich daraus, dass schon im Schriftsatz vom 19.8.2010 darauf verwiesen wird, dass sich der Wert des Vermögens vorbehaltlich etwaiger Änderungen durch neue Erkenntnisse ändern könnte. Zudem wurde der Leistungsantrag in keiner mündlichen Verhandlung gestellt, sondern lediglich angekündigt. Der Beweisbeschluss gemäß § 358 a ZPO vom 25.10.2010 zur Feststellung des Verkehrswerts des von der Erblasserin an den Beklagten überlassenen Anwesens erging tatsächlich außerhalb der mündlichen Verhandlung, nachdem der Verkündungstermin vom 10.9.2010 aufgehoben worden war, erlegte der Klägerin die Einzahlung eines Auslagenvorschusses auf, den diese – in der ursprünglich geforderten Höhe – letztlich einzahlte. Dass hierin aber keine Abstandnahme von der zweiten Stufe der Stufenklage zu sehen ist, ergibt sich daraus, dass mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 24.3.2011 eine Entscheidung des Gerichts über Ziffer 3. der Klage (eidesstattliche Versicherung zur Richtigkeit und Vollständigkeit des Nachlassverzeichnisses) erbeten und darauf hingewiesen wurde, dass die Bezifferung des Pflichtteilsanspruchs erst nach eidesstattlicher Versicherung der Auskunft möglich sei. Entsprechend war mit Schriftsatz vom 18.5.2011 die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung bezüglich der zweiten Stufe der Stufenklage (eidesstattliche Versicherung gemäß Klageantrag Ziffer 3) erbeten und ein konkreter Antrag angekündigt worden, der dann auch ausweislich des Protokolls vom 29.7.2011 gestellt wurde. Im Gegensatz zu dem vom BGH entschiedenen Fall ist mithin der Leistungsantrag der dritten Stufe der Stufenklage nicht zur Verhandlung gestellt worden.

In der Tat ist hier nicht ersichtlich, wieso die Klägerin durch die vorläufige Bezifferung des Leistungsantrags mit Schriftsatz vom 19.8.2010 sich prozessual der Möglichkeit begeben haben sollte, den Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weiterzuverfolgen. Insoweit ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Beziffert der Kläger den Leistungsanspruch zulässigerweise – wenn auch ...

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