Das Erfordernis der formal abstrakten Bestimmung genehmigungspflichtiger Geschäfte ist zentrale Leitlinie[57] bei der Auslegung der §§ 1821 f. BGB und für die Sicherheit im Rechtsverkehr von wesentlicher Bedeutung. Es muss für die Betroffenen (Eltern, gesetzliche Vertreter) und prüfenden Stellen (Familiengericht, Registergericht) schnell erkennbar sein, ob das Geschäft einer Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht. Eine Kasuistik, nach der erhebliche Detailkenntnis eines Sachverhalts erforderlich ist, um über die Anwendbarkeit des § 1822 Nr. 3 BGB entscheiden zu können, wirkt dem entgegen. Die Kriterien, die der BGH zur Beteiligungshöhe oder der Zusammensetzung der Gesellschafter einer GmbH aufgestellt hat[58] sind deshalb ebenso abzulehnen[59] wie die vom OLG Nürnberg[60] ins Feld geführten Indizien des Umfangs des zukünftig (!) zu erwerbenden Vermögens der Gesellschaft oder die Ermächtigungen zugunsten des Geschäftsführers.[61] Die Beteiligungsquote des Minderjährigen bietet sich auch nicht zur Abgrenzung von genehmigungspflichtigen und genehmigungsfreien Geschäften an, wie es vom BGH behauptet wird.[62] Warum eine Veräußerung von mehr als 50 % der Anteile abstrakt gefährlicher und deshalb genehmigungspflichtig sein soll, führt der BGH nicht aus. Auch die Risiken, die sich aus der Veräußerung aller Anteile einer allein von Minderjährigen gehaltenen GmbH ergeben, erschließt sich nicht. Für die abstrakte Bestimmung der Gefährlichkeit eines Geschäfts und der daraus folgenden Genehmigungspflicht kommt es auf den abstrakten Geschäftstypus an. Für eine Unterteilung in weitere Fallgruppen bietet das Gesetz keine Grundlage und liefern die genannten Sachverhalte keine Begründung.

[58] BGH, Urt. v. 28.1.2003 – X ZR 199/99, Rn 29 (juris) = ZEV 2003, 375, 376; der BGH war sich der Atypizität seiner Entscheidung bewusst und versuchte sich mit der Begrenzung auf "typische Fälle" zu behelfen.
[59] Vgl. Damrau, ZEV 2003, 375, 377 ff.
[61] Zukünftig mögliche Erwerbe der Gesellschaft als Kriterium zurecht zurückgewiesen: OLG München, Beschl. v. 28.12.2017 – 2 WF 1509/17, MittBayNot 2019, 132, 135.
[62] BGH, Urt. v. 28.1.2003 – X ZR 199/99, Rn 29 (juris) = ZEV 2003, 375, 376.

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