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Zum 1.1.2019 ist die Europäische Güterrechtsverordnung (EUGüVO) in Kraft getreten. Wesentlicher Inhalt der Verordnung ist die Bestimmung des anwendbaren materiellen Güterrechts, primär im Wege der Rechtswahl und sekundär im Wege einer Auffangbestimmung mangels Rechtswahl. Nicht geregelt sind die Fragen des materiellen Rechts. Für deutsch-französische Ehen werden diese Fragen durch das deutsch-französische Abkommen über den Wahlgüterstand geregelt. Neben die Güterstände der Zugewinngemeinschaft, der Gütertrennung und der Gütergemeinschaft ist im deutschen Recht ein vierter Güterstand, der deutsch-französische Wahlgüterstand, hinzugetreten.

I. Die Europäische Güterrechtsverordnung

1. Allgemein

Die Europäische Güterrechtsverordnung (EuGüVO)[1] führt für Ehen und Lebenspartnerschaften[2] im internationalen Kontext zu weitreichenden Änderungen. Die Verordnungen sind am 24.6.2016 im Wege der verstärkten Zusammenarbeit zwischen insgesamt 18 Staaten[3] verabschiedet worden. Dabei gehen die Verordnungen über die Rechtsverhältnisse der teilnehmenden Staaten hinaus, weil sie jeweils auch in Bezug auf Drittstaaten das aus ihrer Sicht anwendbare Recht bestimmen.

[1] Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates, Amtsblatt der Europäischen Union vom 8.7.2016 L 181/1.
[2] Verordnung (EU) 2016/1104 des Rates, Amtsblatt der Europäischen Union vom 8.7.2016 L 181/2.
[3] Neben Deutschland und Frankreich nehmen Belgien, Bulgarien, Finnland, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik und Zypern an den Verordnungen teil.

2. Grundgedanke

Grundgedanke der Verordnungen ist die Vereinheitlichung der anzuwendenden Rechtsordnungen. Die Verordnungen sind ein wichtiger Baustein auf dem Wege der Harmonisierung im Bereich des Erb- und Familienrechts auf europäischer Ebene.[4] Es geht um die Bestimmung eines umfassend anwendbaren materiellen Güterrechts und eines umfassend zuständigen Gerichts, unabhängig von der Belegenheit der Vermögenswerte und unabhängig von einem späteren Umzug. Dabei folgen die Verordnungen dem so genannten Erstarrungsprinzip. Das heißt, das auf die Ehe oder Partnerschaft anwendbare Recht wird grundsätzlich fixiert und ändert sich durch späteren Umzug nicht automatisch, kann aber durch Rechtswahl geändert werden.

[4] Vgl. Erwägung Verordnung (EU) des Rates ABl.L 183/3.

3. Anwendungsbereich

Nach Art. 1 Abs. 1 EuGüVO findet die Verordnung auf die ehelichen Güterstände Anwendung. Darunter sind gemäß Art. 3 Abs. 1 lit.a) EuGüVO nicht nur die einzelnen Güterstände im engeren Sinne, sondern sämtliche vermögensrechtlichen Regelungen, die zwischen Eheleuten und in ihren Beziehungen zu Dritten aufgrund der Ehe oder der Auflösung der Ehe gelten, zu fassen. Die wichtigste Neuerung der Verordnungen liegt in der Veränderung des Anknüpfungsmoments. Es wird nicht mehr die Staatsangehörigkeit zugrunde gelegt, sondern der gewöhnliche Aufenthalt. Dabei hat der Gesetzgeber den Begriff des "gewöhnlichen Aufenthaltes" wie auch in der Europäischen Erbrechtsverordnung[5] nicht definiert.[6] Anwendbar ist das Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben.

[5] Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.9.2012, ABl L 201/107; der Begriff des letzten gewöhnlichen Aufenthalts ist nicht Bestandteil des Definitionskanons des Art 3 EuErbRVO und damit auslegungsbedürftig.
[6] Odersky, notar 2013, 3, 4; Süß, ZEuP 2013, 725, 731; Mankowski, IPrax 2015, 39, 42.

4. Größere Autonomie

Das auf die Ehe anwendbare Recht können die Eheleute durch geeignete Rechtswahl selbst bestimmen. Zur Wahl stehen dabei das Recht des Ortes, an dem einer oder beide Ehepartner im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren Lebensmittelpunkt[7] haben, und das Recht der Staatsangehörigkeit[8] eines oder beider Ehegatten.

Die Verordnungen ermöglichen eine bislang ungekannte aktive Gestaltung – gemäß Art. 22 Abs. 2 EuGüVO auch rückwirkend auf den Tag der Eheschließung. Im Falle eines grenzüberschreitenden Umzugs haben die Ehegatten die Wahl zwischen dem Recht am neuen Lebensmittelpunkt und dem Heimatrecht. Die Formgültigkeit der Rechtswahlvereinbarung nach Art. 23 Abs. 1 EuGüVO orientiert sich an Art. 7 Rom III-VO, wonach Schriftform erforderlich ist. Bei Eheleuten mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland ist gemäß Art. 23 Abs. 2 EuGüVO iVm § 1410 BGB die notarielle Beurkundung erforderlich.[9] Befinden sich die Eheleute in verschiedenen an dem Abkommen beteiligten Mitgliedstaaten, genügt gemäß Art. 23 Abs. 3 EuGüVO die Einhaltung der Formvorschriften eines Mitgliedstaates. Die konkrete Formwirksamkeit des gewählten Rechts für den Ehevertrag und die darin enthaltene Vereinbarung hinsichtlich des ehelichen Güterstands richtet sich nach Art. 25 EuGüVO.[10]

[8] OLG Düsseldorf, ZEV 2017, 103, 104; OLG München, B. v. 22.3.2017, FamRZ 2017,1251.
[9] Zu den Formvorschriften für Eheverträge Döbereiner in Dutta/Weber, S. 71 f.
[10] Vgl. Weber, DNotZ 2016, 659, 684.

5. Auswirkungen auf das Erbrecht

Gemäß Art. 1 Abs. 2 ...

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