Leitsatz (amtlich)

1. Zu einer Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG (hier des örtlich zuständigen Nachlassgerichts für die Verwahrung des Originals einer Erbausschlagungserklärung) ist der Senat als das in Bezug auf die mit der Zuständigkeitsfrage befassten Gerichte nächst höhere gemeinsame Gericht nicht berufen, bevor, bei Zuständigkeit eines der beteiligten Gerichte, ein jedes seine Kompetenz ausdrücklich und förmlich geleugnet hat und die Kompetenz leugnenden Entscheidungen den Beteiligten bekannt gegeben worden sind (hier als nicht ausreichend angesehen: die formlose Übersendung "zuständigkeitshalber" an ein anderes Nachlassgericht unter "Abgabenachricht" an die Beteiligten, ebenso wenig der Vorlagebeschluss dieses Gerichts unter Darlegung seines Rechtsstandpunktes ohne Nachweis der Bekanntgabe).

2. Zur Pflicht des Vorlagegerichts, vor Einleitung des Bestimmungsverfahrens die die örtliche Zuständigkeit begründenden Tatsachen (hier bei zwingenden Anhaltspunkten für die Möglichkeit von Heimaufenthalten des Erblassers deren zeitliche Lage und Dauer sowie örtliche Belegenheit mit Blick auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes bzw. seines letzten gewöhnlichen Inlandsaufenthalts) zu ermitteln.

 

Normenkette

FamFG § § 5 Abs. 1 Nr. 4, §§ 26, 343 Abs. 1-2; EuErbVO Art. 4

 

Verfahrensgang

AG Duisburg-Hamborn (Beschluss vom 28.10.2016; Aktenzeichen 5 VI 515/16)

 

Tenor

Die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts für die Verwahrung des Originals der Erbausschlagungserklärung der Beteiligten vom 17.8.2016 wird abgelehnt.

 

Gründe

Die Voraussetzungen der vom Nachlassgericht Duisburg-Hamborn gewünschten Zuständigkeitsbestimmung, die sich nach § 5 FamFG richtet, sind - derzeit - nicht feststellbar.

1. Allerdings ist das Oberlandesgericht Düsseldorf grundsätzlich für diese zuständig.

Nach § 5 Abs. 2 FamFG erfolgt die Bestimmung, falls das in Bezug auf die mit der Zuständigkeitsfrage befassten Gerichte nächsthöhere gemeinsame Gericht der Bundesgerichtshof ist, durch dasjenige Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

Hier ist zwar faktisch mit der "Sache" zunächst das AG Charlottenburg befasst gewesen, nämlich infolge der Übersendung des Originals der Erbausschlagungserklärung der Beteiligten durch den diese beglaubigenden Notar. Dabei ist das Nachlassgericht Charlottenburg jedoch ausschließlich als für die Entgegennahme der Erklärung zuständiges Gericht, in dessen Bezirk die erklärende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, nach § 344 Abs. 7 Satz 1 FamFG angegangen worden. Als zuständiges Nachlassgericht im Sinne des § 344 Abs. 7 Satz 2 FamFG ist vom AG Charlottenburg das AG Duisburg angesehen worden. Indes besteht, wie die formlose Abgabe vom 21.10.2016 zeigt, zwischen den Nachlassgerichten bei den AGen Duisburg und Duisburg-Hamborn Einigkeit, dass, falls überhaupt eine Zuständigkeit im Duisburger Bezirk gegeben sein sollte, diese beim AG Duisburg-Hamborn liegt. Demgegenüber ist das AG Schöneberg, welches das vorlegende Nachlassgericht als zuständig ansieht, erst von den Duisburger Gerichten angeschrieben worden. Insgesamt ist damit das AG Duisburg-Hamborn als im Rechtssinne erstbefasstes Nachlassgericht anzusehen, das AG Schöneberg als später befasstes. Deren nächsthöheres gemeinsames Gericht wäre der Bundesgerichtshof, so dass das Oberlandesgericht Düsseldorf als dasjenige Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das AG Duisburg-Hamborn liegt, zur Zuständigkeitsbestimmung berufen ist.

2. Sachlich kommt als Grundlage der Zuständigkeitsbestimmung nur § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG in Betracht. Nach dieser Vorschrift wird das zuständige Gericht durch das nächsthöhere gemeinsame Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für das Verfahren zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

In gefestigter Rechtsprechung, an der nach Überprüfung festgehalten wird, hat sich der Senat dem in der obergerichtlichen Rechtsprechung herrschenden Standpunkt angeschlossen, dass im Interesse einer raschen Klärung so genannter negativer Kompetenzkonflikte der Begriff der rechtskräftigen Unzuständigerklärung weit auszulegen ist. Es genügt, dass jedes der beteiligten Gerichte seine Kompetenz ausdrücklich und förmlich geleugnet hat, wobei jedoch unerlässliche Voraussetzung die Bekanntgabe der kompetenzleugnenden Entscheidungen an die Beteiligten ist (OLG Hamm MDR 2016, 333 f.; OLG München, Beschluss vom 11.4.2016 in Sachen 34 AR 41/16; Senat, NJW-RR 2013, 520 f. sowie Beschluss vom 7.6.2016 in Sachen I-3 Sa 5/15 m. w. Nachw. = FGPrax 2016, 240).

Selbst diese Erfordernisse sind nach Aktenlage derzeit nicht feststellbar. Dass sich das AG Schöneberg unter dem 13.10.2016 anders als durch ein bloßes, eine reine Stellungnahme auf die Zuschrift des Nachlassgerichts Duisburg vom 30.9.2016 darstellendes Schreiben an dieses Gericht geäußert hätte, ergibt sich aus der vorliegenden Akte nicht, noch weniger, dass die Beteiligte hiervon Kenntnis erhal...

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