Solange und soweit der Notar die – ggf. auch erneute – Befragung des Erben für notwendig erachtet, ist der Erbe nach der Rechtsprechung des BGH verpflichtet vor dem Notar zu erscheinen. Im aller Regel wird der Erbe in diesem Fall zu einem Termin in den Amtsräumen des Notars erscheinen müssen.[30] Alternativ kann die Belehrung und Befragung des Erben auch außerhalb der Amtsräume des Notar, etwa im Rahmen des Ortstermins oder im Wege einer Videokonferenz, erfolgen. Von diesem Grundsatz muss der Notar auch bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Erben bzw. aufgrund der aktuellen Pandemie nicht abweichen. Soweit durch den Notar etwa gebotene Schutz- und Hygienemaßnahmen nicht eingehalten werden können, hat der Notar zu prüfen, ob der unmittelbare Austausch zwischen ihm und dem Erben nicht auf anderem Wege, etwa im Wege der Videokonferenz oder fernmündlich erfolgen kann.[31] Eine ausschließlich schriftliche Belehrung und Befragung des Erben dürfte meist jedoch nicht ausreichend sein, da der Notar hier nicht sicherstellen kann, dass der Erbe die Belehrung umfassend verstanden und die Fragen des Notars selbst beantwortet. Nur der unmittelbare, interaktive Austausch zwischen Notar und Pflichtteilsberechtigten lässt auch kritische Nachfragen und sachverhaltsbezogene Belehrungen und Erläuterungen des Notars zu.[32] Diese Interaktion ist bei einer schriftlichen Befragung nicht möglich. Im Rahmen seiner Ermessenentscheidung wird der Notar die Qualität der verschiedenen Arten der Belehrung und Befragung des Erben zu berücksichtigten haben. Je weniger unmittelbar der Austausch zwischen Notar und Erben stattfindet desto höher ist die Gefahr eine Aussage des Erbens von minderwertiger Qualität zu erhalten.[33]

[30] BGH v. 13.9.2018 – I ZB 109/17, DNotZ 2019, 204; OLG Frankfurt a.M. v. 9.7.2020 – 10 W 21/20, ZEV 2020, 557; OLG Koblenz v. 29.12.2006 – 1’W 662/06, ZEV 2007, 493; Kurth, ZErb 2018, 293; jurisPK-BGB/Birkenheier, 9. Aufl, Stand 3.4.2020, BGB § 2314 Rn 82; Staudinger/Herzog (2015), § 2314 BGB Rn 72; MüKo/Lange, 8. Aufl. 2020, BGB § 2314 Rn 36; Schönenberg-Wessel, HdB-Nachlassverzeichnis § 23 Rn 2; a.A. Roth, ZErb 2007, 402; Sandkühler, RNotZ 2008, 33. BeckOK/Müller-Engels, 56. Ed. Stand: 1.8.2020, BGB § 2314 Rn 24.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge