Auch wenn der Begriff "ältere Menschen" oder ähnliches nicht gesetzlich definiert oder auch nur vorausgesetzt wird, wird die Existenz älterer Menschen rechtlich nicht schlechthin ignoriert. Allerdings ist häufig ein genauerer Blick erforderlich, um rechtliche Probleme im Zusammenhang mit älteren Menschen zu finden, sieht man einmal von §§ 33 Abs. 1, 35 SGB VI ("Rente wegen Alters") ab.[9]

Ähnlich wie im angelsächsischen Rechtskreis werden in Deutschland Fragen älterer Menschen in rechtlichen Situationen neuerdings verstärkt aufgeworfen.[10] Soweit die zivilrechtliche Diskussion in Deutschland geführt wird, geht es dabei meist um Fragen der Geschäftsfähigkeit älterer Menschen, aber auch um Fragen der Pflege. So hat z. B. der Gesetzgeber im WBVG eine von den §§ 105 ff BGB abweichende Regelung für den Abschluss von Heimverträgen durch (meist) ältere Menschen geregelt. Nach § 4 Abs. 2 S. 1 WBVG ist ein von einem Geschäftsunfähigen abgeschlossener Heimvertrag von der Genehmigung eines Betreuers oder des Bevollmächtigten abhängig. Die sonst mit der Abgabe einer Willenserklärung durch einen Geschäftsunfähigen verbundene Nichtigkeit wird hier durch eine schwebende Unwirksamkeit ersetzt.[11]

Auch die Neuregelung der Patientenverfügung durch das 3. BetrÄndG will mit der "Einwilligungsfähigkeit" (§ 1901 a BGB) die Möglichkeiten zu einem selbstbestimmten Leben (auch) älterer Menschen verbessern.

Ältere Menschen spielen in der Rechtsprechung eine Rolle, so etwa bei Haftungsfragen im Heim. Hier betont der BGH die Aufgabe der Pflege, die Würde und Selbstbestimmung älterer Menschen zu erhalten und zu fördern.[12] Nicht zuletzt das AGG schützt ältere Menschen vor Benachteiligungen (§ 1 AGG).[13] Auf Fragen der Pflegeversicherung, die praktisch auf ältere Menschen zugeschnitten ist, soll hier nicht näher eingegangen werden.

Die Liste der rechtlichen Regelungen und spezifischer Berührungspunkte für ältere Menschen, auch wenn diese nicht immer beim Namen genannt sind, könnte sicher noch verlängert werden. Damit wird jedenfalls deutlich, dass es in Deutschland durchaus ein "Elder Law" gibt, auch wenn es (bislang) zur Schaffung eines Rechtsgebiets (ähnlich etwa dem IT-Recht) nicht gekommen ist.[14]

Damit sind auch ältere Menschen eine rechtlich zugängliche, wenn auch nicht einheitliche Gruppe.

[9] Anders verhält es sich demgegenüber etwa im angelsächsischen Recht. Dort hat sich bereits ein "Elder Law" etabliert; vgl. für das englische Recht: Jonathan Herring (aaO), S. 4 ff, dort auch Hinweise auf die Situation in den Vereinigten Staaten. 2009; vgl. auch Wedemann, AcP 2009, 678.
[10] Wedemann ebenda, mit weiteren Nachweisen, Spickhoff, AcP 2008, 345; Roth AcP 2008, 451 ff.
[11] Es sollte die Selbstständigkeit und Selbstverantwortung älterer Menschen gefördert werden (vgl. Wedemann, aaO).
[12] BGH, NJW 2005, 1952.
[13] Der Schutz vor Diskriminierung wegen des Alters ist allerdings vom Lebensalter unabhängig, sodass auch ein Jugendlicher wegen des "Alters" diskriminiert werden kann; allerdings ist das Ziel des Gesetzes jedoch vor allem, ältere Menschen zu schützen; vgl. TWT/Benedict, Vertragsrechtskommentar (2010), § 1 AGG , Rn 56; EuGH v. 18.1.2010, C-555/07 (Seda Kücükdevicí/Swedex GmbH & Co. KG.).
[14] Dazu würden etwa auch Fragen der Gefährdung älterer Menschen zählen; vgl. etwa Riedel/Stolz, "Altenwohlgefährdung". Pflegewissenschaftliche und betreuungsrechtliche Überlegungen zu Gefährdungen in der häuslichen Pflege. BtPrax 2008, 233; auch die Vorschriften zum Schutz älterer Menschen vor der Pfändung von Versorgungsansprüchen (§ 851 c f ZPO) wären hier zu nennen.

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