Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung hat auch in der Sache Erfolg. (...)

Dass die Erblasserin tatsächlich nach deutschem Recht beerbt wird, ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Da die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des notariellen Testaments und bis zu ihrem Tode die niederländische Staatsangehörigkeit besaß und staatsvertragliche Regelungen, die gemäß Art. 3 Abs. 2 EGBGB vorrangig zu beachten wären, zu dem maßgeblichen Zeitpunkt – nämlich am 17. Oktober 1971 – nicht bestanden, verweist das deutsche internationale Privatrecht für das Erbstatut auf das Recht der Niederlande. Art. 25 Satz 1 EGBGB in der bis zum 31. August 1986 geltenden Fassung vom 18. August 1896 knüpfte hinsichtlich des Erbstatuts an die Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes an (vgl. auch BGHZ 19, 315 [317]; BGHZ 24, 352 [358]; Erman/Marquordt, BGB, 5. Auflage 1972, Art. 24, 25 Rn 9); diese Verweisung auf das Recht des Staates, dem der Erblasser zu jenem Zeitpunkt angehört hat, erstreckt sich auch auf dessen internationales Privatrecht (Art. 27 EGBGB aF). Dabei ist das Erbstatut für den ganzen Bereich erbrechtlicher Rechtsverhältnisse maßgebend, so auch für die Zulässigkeit und den Inhalt der Nacherbschaft (vgl. Erman/Marquordt, aaO, Art. 24, 25 Rn 10).

Das am 1. Oktober 1996 in den Niederlanden in Kraft getretene Gesetz vom 4. September 1996 über das Kollisionsrecht der Erbfolge (Wef conflichtenrecht erfopvolging, WCErf; vgl. dazu auch Senat, Beschluss vom 6. November 2002, 2 W 105/02; BayObLG, NJW-RR 2001, 297; AnwK/Süß, BGB, 2. Auflage 2007, Länderbericht Niederlande Rn 4 ff; Schmellenkamp, MittRhNotK 1997, 245 [248 ff]; Weber in Ferid/Firsching, Niederlande, Vorbem. Rn 2) gilt erst für Nachlässe, die durch einen Erbfall nach dem 30. September 1996 eröffnet worden sind (AnwK/Süß, aaO, Rn 2). Für die vor dem 1. Oktober 1996 eingetretenen Erbfälle war gesetzlich in den Niederlanden nicht geregelt, welches Recht anzuwenden ist. Vielmehr knüpfte die Rechtsprechung in den Niederlanden grundsätzlich an die Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes an (vgl. Ebke, RabelsZ 48 (1984), 319 [325], Koenigs, MittRhNotK 1987, 238 [239]; AnwK/Süß, BGB, 2. Auflage 207, Länderbericht Niederlande Rn 1). Dabei wurde der Grundsatz der kollisionsrechtlichen Nachlasseinheit streng durchgeführt, insbesondere wurden grundsätzlich kein vorrangiges Einzelstatut im Sinne von Art. 3 Abs. 3 EGBGB oder eine Rechtswahl des Erblassers anerkannt.

Von diesem Grundsatz ließen, wie Professor Dr. T in seinem von dem Senat eingeholten Rechtsgutachten vom 24. September 2007 näher unter Heranziehung der entsprechenden Entscheidungen dargelegt hat, niederländische Instanzgerichte für bestimmte Fälle Ausnahmen zu. Hatte der Erblasser zu seinem Heimatstaat keinerlei echte Bindungen mehr und besaß er eine größere Nähe zum Wohnsitzstaat, so wandten diese Gerichte auf die Erbfolge nach einem Ausländer das niederländische Wohnsitzrecht an (vgl. auch Ebke, RabelsZ 48 (1948), 319 [338 ff mwN]; AnwK/Süß, aaO, Rn 1). Aus dieser in Ausnahmefällen vorgenommenen Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt hat der Sachverständige den Schluss gezogen, dass bereits im Jahre 1971 aus niederländischer Sicht keine Bedenken bestanden, wenn deutsche Gerichte in vergleichbaren Fällen bei niederländischen Staatsangehörigen entsprechend verfuhren. So sprachen auch nach Auffassung der niederländischen Gerichte die besseren Gründe dafür, in den Fällen, in denen – wie hier – eine engere Verbindung zu dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts bestand, für das Erbstatut dessen Recht anzuwenden. Entsprechend war im niederländischen Recht bereits lange vor dem Inkrafttreten des Erbkollisionsgesetzes vom 4. September 1996 eine Entwicklung weg von der Anknüpfung des Erbstatuts an die Staatsangehörigkeit des Erblassers und hin zum letzten gewöhnlichen Aufenthalt zu beobachten, die bereits im Jahr 1971 weit fortgeschritten war. Dieser Rechtsentwicklung hat das Kollisionsgesetz aus dem Jahre 1996 Rechnung getragen und die Rechtsnachfolge von Todes wegen vorbehaltlich einer Rechtswahl des Erblassers und vorbehaltlich außergewöhnlicher Umstände dem Recht des Staates unterstellt, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wenn er sich mindestens fünf Jahre vor seinem Tode in diesem Staat aufgehalten hatte. Diesen überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, die auch von den Parteien nicht infrage gestellt worden sind, schließt sich der Senat an.

Die Zurückverweisung durch das niederländische Recht wurde gemäß Art. 27 EGBGB aF von dem deutschen Recht angenommen, sodass vorliegend für die Erbfolge insgesamt die Vorschriften des deutschen Rechts heranzuziehen sind.

Unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften des deutschen Rechts ist die Annahme des Landgerichts, die Großmutter des Klägers sei im Jahre 2001 noch nicht "endgültige" Nacherbin geworden, unzutreffend. Maßgeblich ist die in § 3 des notar...

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