Leitsatz (amtlich)

1. Hatte ein in Deutschland verstorbener Erblasser, der zum Zeitpunkt des Todes die niederländische Staatsangehörigkeit besaß, zu seinem Heimatstaat keinerlei Beziehungen mehr, so ist auf den Erbfall auch vor dem Inkrafttreten des niederländischen Erbkollisionsgesetzes vom 4.9.1996 (Wef conflichtenrecht erfopvolging) das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsorts anzuwenden.

2. Zur Anordnung einer zeitlich beschränkten Vor- und Nacherbschaft in einer testamentarischen Verfügung.

 

Normenkette

EGBGB Art. 3 Abs. 2, Art. 25; BGB § 2109

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 11.10.2006; Aktenzeichen 13 O 119/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 11.10.2006 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des LG Bonn - 13 O 119/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten beider Instanzen des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.

 

Gründe

(Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gem. § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO)

I. Der Kläger ist der Urenkel der am 17.10.1971 verstorbenen B.E. (nachfolgend Erblasserin). Diese hatte zwei Kinder, Frau J.L., geb. E, die Großmutter des Klägers, sowie Herrn I.E.. Aus der Ehe von Frau J.L. mit dem Beklagten sind zwei Kinder hervorgegangen, K.L., der Vater des Klägers, sowie Q M-L. Zudem hat der Beklagte einen weiteren Sohn, S.C. K.L. hat wiederum zwei Kinder, nämlich den Kläger und dessen Schwester N.U., geb. L.

Die in Essen geborene Erblasserin hatte durch Eheschließung ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren und die niederländische erlangt und diese bis zu ihrem Tode behalten. Der Wohnsitz der Erblasserin war stets in Deutschland. Die Erblasserin hatte am 6.7.1971 - zu diesem Zeitpunkt war ihr Ehemann bereits verstorben - ein notarielles Testament errichtet (Urkundenrolle-Nr. ... für 1971 des Notars I1 in A) errichtet, in dem es u.a. heißt:

"Ich will ein Testament errichten und bin durch frühere Verfügungen von Todes wegen hieran nich(t) gehindert. Ich habe die niederländische Staatsangehörigkeit, bin jedoch geboren in deutscher Staatsangehörigkeit, - die niederländische Staatsangehörigkeit habe ich erst durch die Eheschließung erworben, - mein Wohnsitz war stets nur in Deutschland ...

§ 1

Zu meinen Erben setze ich, je zur Hälfte beteiligt, ein:

  • meinen Sohn I.E., ...
  • meine Tochter J.L.. ...

§ 3

Meine Tochter soll lediglich befreite Vorerbin sein.

Zu Nacherben setze ich die leiblichen, ehelichen Abkömmlinge meiner Tochter J ein, und zwar unter sich zu gleichen Teilen, nach Stämmen. Heute hat J 2 Kinder nämlich K und Q.

Die Nacherbfolge tritt ein beim Tode der Vorerbin, - vorzeitig beim Tode des Vaters der Nacherben, X L; sofern dann dessen Kind S C ebenfalls verstorben ist, ist der Vorerbe zugleich alsdann Nacherbe, - sonst sind die Kinder und Abkömmlinge nach Stämmen meiner Tochter J ersatzweise gegenseitig Vor- und Nacherbe jeweils bis zum Tode von Herrn X L und dessen Kind S C. Nach 30 Jahren sind jeweilige Vorerben alsdann zugleich Nacherben. Tod im Sinne des Eintritts der Nacherbfolge ist auch rechtswirksamer Verzicht auf jegliches Erb- und Pflichtteilsrecht durch X L und dem Stamm S C.

Der Ehemann X L und das Kind S C sind in jedem Fall von jeglicher Erbfolge ausgeschlossen, soweit immer gesetzliche Erbrechte für diese bestehen sollten.

§ 4

Alle Erbrechte meiner Tochter J sind Vorbehaltsgut und jeglichem ehemännlichen Einfluss entzogen. Ebenso ist jegliche Unterhaltsausgleichspflicht - auch gem. § 1649 BGB - durch den Vater X L nicht ausübbar. wenn die Kinder Erben sind und während ihrer Minderjährigkeit dem Vater Nutzungs- oder Verwaltungsrechte zustehen

Zur Verwaltung der Nacherbenrechte und zum Zwecke der frei Verfügung über Nachlassgegenstände während der Dauer des Bestehens der Nacherbfolge ernenne ich zur Wahrnehmung der Nacherbenrechte zum Testamentsvollstrecker meinen Sohn:

I.E., wohnhaft in A, M-Straße 20, ersatzweise bitte ich das Nachlassgericht einen Ersatztestamentsvollstrecker zu ernennen."

Die Ehefrau des Beklagten war zunächst Alleininhaberin eines Speditionsbetriebes, an dem später auch der Beklagte sowie der Vater des Klägers beteiligt waren. Am 20.10.1990 übertrugen die Eheleute ihre Geschäftsanteile auf ihren Sohn. Im Jahre 1998 wurde über den Betrieb das Konkursverfahren eröffnet. Im Anschluss hieran nahmen die Gläubiger der Gesellschaft die Eheleute aufgrund gestellter Sicherheiten in Anspruch.

Durch notariellen Vertrag vom 26.9.2000 (Urkundenrolle-Nr. ...1/2000 des Notars Y in B1) i.V.m. dem Vertrag vom 16.5.2001 (Urkundenrolle-Nr. ...2/2001 des Notars Y in B1) verkauften die Eheleute neun in der Gemarkung J1 gelegene Grundstücke zu einem Gesamtbruttoverkaufspreis von 2.101.875,60 DM. Eigentümer dieser Parzellen war die Ehefra...

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