Nicht selten ist, dass sich der Betreute im Laufe der Betreuung vom Betreuer vernachlässigt fühlt. Damit einher geht zuweilen die Drohung, den Betreuer zu enterben. Oftmals ist der Betreute aber zur Errichtung eines entsprechenden Testaments körperlich ohne Weiteres nicht mehr in der Lage, z. B. weil er blind oder gelähmt ist, sodass er nur ein notarielles Testament errichten kann. Ist der der Betreute aufgrund der Veranlassung des Betreuers und in Ausfüllung des Aufgabenkreises "Aufenthaltsbestimmung" in einem Heim untergebracht[23], ist der Betreute zur Verwirklichung seines Testierwillens, der den Kontakt zum Notar voraussetzt, letztlich auf die Mitwirkung des Betreuers als dessen "Mittler zur Außenwelt" angewiesen. Kennt der Betreuer den Wunsch des Betreuten zur Errichtung des ihn enterbenden Testaments, stellt sich die Frage, ob seine Passivität diesem Wunsch gegenüber mit der Folge, dass die Errichtung unterbleibt, als Erbunwürdigkeitsgrund zu bewerten ist.

Geht man sachverhaltlich davon aus, dass der Betreuer die Heimunterbringung bereits bewirkt hat, bevor er vom Testamentsänderungswillen des Betreuten erfährt, scheidet eine Verhinderung im Sinne des § 2339 Abs. 1 Ziff. 2 BGB in Form eines – aktiven – Tuns aus und es kommt lediglich ein Handeln in Form des Unterlassens bei Bestehen einer Handlungspflicht in Betracht, was aber zur Tatbestandserfüllung ausreicht.[24] Legt man hierfür die Maßstäbe der Garantenstellung gemäß § 13 StGB an,[25] wird man eine Verpflichtung des Betreuers dazu, dem Testamentsänderungswillen des Betreuten zu verwirklichen, aus dem Gesichtspunkt der "engen Gemeinschaftsbeziehung" bejahen können, wie sie z. B. auch für Pflegeverhältnisse vertreten wird.[26] Dafür spricht auch die in § 1901 Abs. 3 Satz 1 BGB normierte Verpflichtung des Betreuers, den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dieses dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist.

[23] Vgl. Palandt/Diederichsen, § 1896, Rn 20.
[24] Palandt/Edenhofer, § 2339 Rn 5.
[25] Was explizit nicht gefordert wird, aber gedeckt ist von der zu allen Erbunwürdigkeitsgründen § 2339 BGB vertretenen Ansicht, dass ein strafbares Verhalten erforderlich ist, so z. B. Soergel/Damrau, § 2339 Rn 2.
[26] Jescheck/Weigend, Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Auflage 1996, § 59 IV. 3. b.

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