Im 2. Halbjahr 2019 gab es einige äußerst grundlegende Entscheidungen zum Mietrecht, so die erste Musterfeststellungsklage im Mietrecht (s. unter VI.2.b), die erwartete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur sog. Mietpreisbremse (s. unter III.1.) sowie die Entscheidung des BGH zu den Anforderungen an die Begründung einer Mietpreisbremseverordnung (s. unter III.2.a). Weit über das Mietrecht hinaus Bedeutung erlangen wird die Entscheidung des VIII. Senats zu den Legal-Tech-Unternehmen und deren Möglichkeit, Forderungen einzuziehen (s. unter III.2.e). Die dort entwickelten Grundsätze werden in den übrigen die Gerichte zurzeit massiv beschäftigenden Massenverfahren wie z.B. in Folge des VW-Abgasskandals und bei Flugverspätungen, in Zukunft eine große Rolle spielen.

Politisch spielte die Musik auf mindestens zwei Bühnen. Im "großen Berlin" als Bundeshauptstadt wurde in Salamitaktik das Thema Mietrecht angefasst. Noch kurz vor Weihnachten wurde das Gesetz zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete verabschiedet und "zwischen den Jahren" verkündet (BGBl 2019, 2911). Es hat grds. ab 1.1.2020 den Zeitraum, aus dem die Neuvertrags- und geänderten Bestandsmieten zu ermitteln sind, von 4 auf 6 Jahre verlängert (s. dazu Börstinghaus NZM 2019, 841). Äußerst kompliziert ist leider die Übergangsvorschrift geraten. Nach ihr können Mietspiegel auch nach dem 31.12.2019 eine ortsübliche Vergleichsmiete ausweisen, der ein 4-jähriger Betrachtungszeitraum zugrunde liegt, wenn der Stichtag für die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete in diesem Mietspiegel vor dem 1.3.2020 liegt und der Mietspiegel vor dem 1.1.2021 veröffentlicht wird. Sowohl in diesen Gemeinden wie auch in allen anderen Gemeinden, in denen am 31.12.2019 ein Mietspiegel existierte, der von einem vierjährigen Betrachtungszeitraum ausgeht, gilt in der ganzen Gemeinde weiterhin § 558 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. Das bedeutet, dass für einige Zeit nicht der Gesetzgeber, sondern der Mietspiegelersteller bestimmt, welcher Betrachtungszeitraum der ortsüblichen Vergleichsmiete zugrunde liegt. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um einen qualifizierten Mietspiegel oder einen einfachen Mietspiegel – mit oder ohne Datenerhebung – handelt. Bedeutung hat dies auch für die Höhe der zulässigen Wiedervermietungsmiete, die grds. nur 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf.

Am 1.4.2020 in Kraft getreten ist das Gesetz zur Verlängerung und Verbesserung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn (BGBl I, 540). Danach können die Länder die in den kommenden Jahren auslaufenden Mietpreisbremseverordnungen bis maximal 31.12.2025 verlängern. Ferner wurden zum wiederholten Male die Rechtsfolgen der Rüge des Mieters verändert werden. Der Mieter kann bei neuen Mietverträgen auch für max. 30 Monate rückwirkend Überzahlungen zurückverlangen. Dies gilt aber wiederum dann nicht, wenn das Mietverhältnis beendet ist.

Dagegen wird im "kleinen Berlin" eine Mietrechtsdebatte zwischen Irrsinn und Wahnsinn geführt. Der Berliner Senat hat gegen alle ernstzunehmenden Bedenken gegen seine Zuständigkeit einen öffentlich-rechtlichen Mietendeckel durchgedrückt. Zweifel hat man wohl selbst an oberster Stelle, weil die Bausenatorin den Mietern rät, mit der Unwirksamkeit des Gesetzesvorhabens zu rechnen und die gekürzte Miete besser beiseite zu legen.

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