Hilfebedürftig sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 SGB II diejenigen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen decken können. Dabei gelten für die Berücksichtigung von Einkommen (§ 11 SGB II) und Vermögen (§ 12 SGB II) unterschiedliche Maßstäbe, so dass es für die Anrechnung maßgeblich auf die Zuordnung zur einen oder anderen Kategorie ankommt. Nach der ständigen BSG-Rechtsprechung ist zur Abgrenzung allein auf den Zufluss des jeweiligen Gegenstands abzustellen: Vermögen, das was bei der ersten Antragstellung nach dem SGB II bereits in der Hand der Leistungsberechtigten vorhanden war, Einkommen hingegen dasjenige, das den Leistungsberechtigten nach der Erstantragstellung wertmäßig zusätzlich zugeflossen ist (sog. modifizierte Zuflusstheorie: vgl. hierzu Pattar/Sartorius ZAP F. 18, S. 1430 m.w.N. und BSG, Urt. v. 19. 8. 2015 – B 14 AS 43/14 R).

In seinem Urteil vom 10.8.2016 (B 4 AS 51/15 R) entschied das BSG nun über die Zuordnung einer Überschussbeteiligung aus einer kapitalbildenden Lebensversicherung. Diese Überschussbeteiligung sei Teil eines einheitlichen Lebensversicherungsvertrags und daher als Vermögen anzusehen. Bei Lebensversicherungen sei ihr jeweils gegenwärtiger Verkehrswert im Verlauf der Zeit nach der Antragstellung der jeweilige Rückkaufswert der Versicherung zuzüglich der Überschussbeteiligung und ggf. abzüglich von Verwertungskosten. Er könne daher schwanken. Darin unterscheide sich die Überschussbeteiligung von Zinsen auf Kapitalvermögen: Das Kapitalvermögen sei als Vermögen betragsmäßig auf den bei der Antragstellung vorhandenen Betrag begrenzt. Die Zinsen kämen als realer Wertzuwachs zu dem bereits vorhandenen Kapitalvermögen hinzu. Demgegenüber drücke die Überschussbeteiligung lediglich den variablen Wert der gesamten, bereits bei Antragstellung vorhanden gewesenen Lebensversicherung im Laufe der Zeit aus.

 

Hinweis:

Damit behandelt das BSG die kapitalbildende Lebensversicherung nun ähnlich wie eine Sache: Auch Sachen sind Vermögensgegenstände, wenn sie zum Zeitpunkt der Erstantragstellung bereits vorhanden waren. An dieser Qualifikation als Vermögensgegenstand ändert auch eine Verwertung nichts (Radüge, in: jurisPK-SGB II, § 12 Rn 33; BSG, Urt. v. 30.9.2008 – B 4 AS 57/07 R; zur früheren Arbeitslosenhilfe: BSG, Urt. v. 8.6.1989 – 7 RAr 34/88; zum früheren Bundessozialhilfegesetz: BVerwG, Urt. v. 18.2.1999 – 5 C 14/98; Urt. v. 18.2.1999 – 5 C 16/98). Sie sind mit ihrem Wert bei Antragstellung, bei Wertänderungen mit ihrem jeweils aktuellen Wert einzustellen (§ 12 Abs. 4 SGB II).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge