Die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG gibt auch jedem Einzelnen das Recht, den Anwaltsberuf zu wählen und als Anwalt zugelassen zu werden. Die vom Gesetzgeber in den §§ 4 ff. BRAO geregelten objektiven Zulassungsschranken sind verfassungskonform und stehen im Einklang mit primären und sekundären Europarecht (BVerfG, Beschl. v. 4.11.1992 – 1 BvR 79/85, NJW 1993, 317; BGH, Beschl. v. 10.10.2011 – AnwZ (B) 10/10, NJW 2012, 615). Nach § 4 BRAO kann zur Rechtsanwaltschaft nur zugelassen werden, wer

  1. die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz erlangt hat,
  2. die Eingliederungsvoraussetzungen nach Teil 3 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland erfüllt oder
  3. über eine Bescheinigung nach § 16a Abs. 5 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland verfügt, also eine als gleichwertig festgestellte Berufsqualifikation innehat oder die Eignungsprüfung nach dem EuRAG bestanden hat.

Der klassische Weg zur Zulassung zur Rechtsanwaltschaft führt über die Befähigung zum Richteramt nach dem DRiG, wofür zwei bestandene Staatsexamina erforderlich sind oder als ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften an einer deutschen Universität beschäftigt ist, § 7 DRiG. Das EU-Rechtsanwälte-Gesetz (EuRAG) eröffnet niedergelassenen Anwälten aus den EU-Mitgliedstaaten und des EWR verschiedene Möglichkeiten, nicht nur unter der Berufsbezeichnung ihrer Herkunftsstaaten tätig zu sein, sondern auch zur deutschen Rechtsanwaltschaft zugelassen zu werden, §§ 2 ff. EuRAG. Hierfür gibt es die folgenden Möglichkeiten:

  • §§ 11, 12 EuRAG: Wer eine mindestens dreijährige effektive und regelmäßige Tätigkeit als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt in Deutschland auf dem Gebiet des deutschen Rechts, einschließlich des Gemeinschaftsrechts, nachweist, wird nach den Vorschriften der §§ 6 bis 36, 46a bis 46c Abs. 1, 4 u. 5 der Bundesrechtsanwaltsordnung zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Effektive und regelmäßige Tätigkeit ist die tatsächliche Ausübung des Berufs ohne Unterbrechung; Unterbrechungen aufgrund von Ereignissen des täglichen Lebens bleiben außer Betracht.
  • §§ 13-15 EuRAG: Dreijährige, effektive und regelmäßige Tätigkeit in Deutschland, jedoch Betätigung im deutschen Recht nur für kurze Zeit und erfolgtes Fachgespräch.
  • §§ 16-24 EuRAG: Feststellung einer gleichwertigen Berufsqualifikation oder nach Bestehen einer Eignungsprüfung.
  • Die so zugelassenen Rechtsanwälte sind nach § 4 BRAO anderen Rechtsanwälten gleichgestellt, sodass sich auch die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" führen können (Peitscher, 2021, a.a.O., § 13 Rn 99).

Verfassungsrechtlich unbedenklich wird die Berufswahlfreiheit zum Schutz einer funktionsfähigen Rechtspflege durch die Statuierung subjektiver Zulassungsbeschränkungen beschränkt, was durch Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG gedeckt ist (BVerfG, Beschl. v. 4.11.1992 – 1 BvR 79/85, NJW 1993, 317; BVerfG, Beschl. v. 8.3.1983 – 1 BvR 1078/80, NJW 1983, 1535). Eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft kann daher nur dann erfolgen, wenn keine der in § 7 BRAO enthaltenen, enumerativen Versagungsgründe vorliegt, wobei für Syndikusrechtsanwälte zusätzlich § 46 Abs. 2-5 BRAO zu beachten ist. Die Rechtsanwaltskammer hat das Nichtvorliegen von Versagungsgründen von Amts wegen zu prüfen, §§ 32 BRAO, 24 VwVfG, wobei den eine Zulassung beantragenden Bewerber eine aktive Mitwirkungspflicht trifft. Kommt er also einer konkreten Nachfrage der Rechtsanwaltskammer nicht ausreichend nach, kann die Zulassung schon aus formellen Gründen wegen nicht ausreichender Mitwirkung versagt werden (AGH Berlin, Beschl. v. 23.6.2016 – II AGH 17/15, BRAK-Mitt 2016, 255).

Die in § 7 BRAO genannten Versagungsgründe sind die Folgenden:

  1. Grundrechtsverwirkung
  2. Keine Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter: Bei einer strafrechtlichen Verurteilung wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr folgt für fünf Jahre der Verlust der Bekleidung von öffentlichen Ämtern, gleiches gilt bei einem Ausspruch im Strafurteil bei Vergehen, die eine solche Nebenstrafe ausdrücklich vorsehen, § 45 Abs. 1 und 2 StGB.
  3. Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft durch rechtskräftiges Urteil: Für die Dauer von acht Jahren nach einem rechtskräftigen anwaltsgerichtlichen Urteil nach § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO besteht dieser Versagungsgrund.
  4. Entlassung oder Entfernung aus dem Rechtspflegedienst für frühere Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger oder Notare: Nach dem Wortlaut soll ein lebenslanger Versagungsgrund bestehen, der nach Ansicht des BVerfG verfassungswidrig ist (BVerfG, Beschl. v. 4.4.1984 – 1 BvR 1287/83, NJW 1984, 2341). Eine gesetzgeberische Änderung steht noch aus.
  5. Unwürdigkeit zur Ausübung des Rechtsanwaltberufs: Eine solche Unwürdigkeit wird insb. bei Vorsatzdelikten angenommen, die Vermögensstraftaten betreffen oder eine besondere Missachtung der Rechtspflege und/oder ihrer Organe zum Ausdruck bringen (z.B. Parteiverrat, falsche Verdächtigung oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte). ...

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