Rechtsanwälten sollen künftig in bestimmtem Rahmen Erfolgshonorare erlaubt werden. Zudem sollen sie Prozesse ihrer Mandanten unter bestimmten Voraussetzungen finanzieren dürfen. Dies sieht ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vor, der Mitte November präsentiert wurde. Nur wenige Tage nach Vorstellung des umfangreichen Reformpakets zu anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften (vgl. dazu Anwaltsmagazin ZAP 22/2020, S. 1158 ff.) gibt das Ministerium damit Pläne bekannt, die an bisherigen Grundfesten des anwaltlichen Berufsrechts rütteln.

Als Grund für das geplante neue "Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt" nennt das BMJV den Bedarf für eine Anpassung des Rechtsrahmens aufgrund der zunehmenden Konkurrenz durch Legal-Tech-Unternehmen. Insbesondere gelte es, eine "Kohärenz" zwischen Anwaltschaft und Inkassodienstleistern herzustellen.

Der Markt für Rechtsdienstleistungen habe sich in den letzten Jahren stetig differenziert, führt der Gesetzentwurf aus. Sei der Rechtsdienstleistungsmarkt früher v.a. von den Angeboten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte geprägt gewesen, träten in den letzten Jahren ergänzend neue Akteure in Erscheinung, um Bürgerinnen und Bürgern weitere Zugänge zu rechtlicher Vertretung und Beratung im außergerichtlichen Bereich zu ermöglichen. Hierzu zählten u.a. Verbraucherschlichtungsstellen, zur Durchsetzung von Verbraucherforderungen befugte Verbände wie auch sog. Legal-Tech-Unternehmen. Der Rechtsdienstleistungssektor reagiere damit zum einen auf die vom Gesetzgeber geschaffenen rechtlichen Möglichkeiten, Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern gerichtlich oder außergerichtlich durchzusetzen, und zum anderen auf das Bedürfnis der Rechtsuchenden nach einem einfachen und niedrigschwelligen Zugang zum Recht.

Insbesondere die registrierten Inkassodienstleister, zu denen viele der aktuell am Markt auftretenden Legal-Tech-Unternehmen gehörten, seien aber nicht von den Restriktionen betroffen, denen Rechtsanwälte unterlägen. Sie könnten daher sowohl Erfolgshonorare vereinbaren als auch als Prozessfinanzierer auftreten. Nach der Rechtsprechung des BGH dürften sie rechtliche Beratungstätigkeiten erbringen, ohne dabei berufsrechtlichen Verboten zu unterliegen, die mit denen, die für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gelten, vergleichbar seien. Dies führe momentan zu einer Ungleichbehandlung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten und solchen Rechtsdienstleistern und benachteilige insb. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die in den Bereichen tätig seien, in denen auch Legal-Tech-Unternehmen aufträten.

Dem will das Bundesjustizministerium nun insb. mit den folgenden Maßnahmen entgegentreten:

  • Lockerung des Verbots der Erfolgshonorare

    Die bereits nach geltender Gesetzesfassung geregelte Ausnahme vom Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars nach § 4a Abs. 1 S. 1 RVG, wonach die Möglichkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars dann besteht, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten werden würde, wird dahingehend ausgeweitet, dass es auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers künftig nicht mehr ankommen soll. Dies soll dann gelten, wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten und dieser einen Betrag von 2 000 EUR nicht überschreitet.

  • Gestattung der Prozessfinanzierung

    In diesem Rahmen soll auch die Vereinbarung einer Kostenübernahme zulässig sein. Insbesondere zur Herstellung eines "kohärenten Gleichlaufs zu registrierten Inkassodienstleistern" soll es erlaubt sein, eine Kostenübernahme zu vereinbaren, wenn der Rechtsanwalt in dem Tätigkeitsbereich von Inkassodienstleistern tätig wird, d.h. außergerichtlich oder in den in § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO genannten Verfahren.

  • Gestattung der Gebührenunterschreitung

    Zudem soll es Rechtsanwälten durch eine Änderung des § 4 RVG künftig gestattet werden, die gesetzlich vorgegebenen Gebühren und Auslagen in weiterem Umfang als bisher i.R.v. Vergütungsvereinbarungen zu unterschreiten. Insoweit soll es ihnen im Anschluss an die vorgenannten Änderungen ermöglicht werden, in den Bereichen, in denen Inkassodienstleistern die außergerichtliche oder gerichtliche Erbringung von Rechtsdienstleistungen erlaubt ist, Vergütungsvereinbarungen gleichermaßen frei zu treffen.

  • Schärfere Auflagen für Inkassodienstleister

    Inkassodienstleister sollen künftig spezielle Informationspflichten beachten müssen, die ihre Dienstleistungen transparenter machen. Auch soll das Verfahren zur Registrierung der Inkassodienstleister ausgebaut werden. Künftig sollen Antragsteller bereits dort Angaben dazu machen, welche Tätigkeiten sie erbringen wollen. Damit soll der Aufsichtsbehörde eine eingehende Vorabprüfung der Vereinbarkeit der angestrebten mit der gesetzlich zulässigen Tätigkeit ermöglicht werden.

Der Gesetzentwurf ist derzeit an ...

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