Eine Kündigung, die auf betrieblichen Gründen basiert, ist nur nach Maßgabe des § 1 Abs. 25 KSchG zulässig. Sie ist nach § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3 KSchG sozial nicht gerechtfertigt, wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.

aa) Betriebliche Erfordernisse

Betriebliche Erfordernisse können sich aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen, wie z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Einschränkung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z.B. Auftragsmangel, Umsatzrückgang) ergeben.

Bei innerbetrieblichen Gründen ist die unternehmerische Entscheidung gerichtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachprüfbar ist auch, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG NZA 2012, 1223, 1225).

Hingegen sind das Vorliegen außerbetrieblicher Gründe und ihre Auswirkungen auf den Rückgang des Beschäftigungsvolumens gerichtlich voll überprüfbar (BAG NZA 2012, 852, 853 f.)!

Der Arbeitgeber sollte Nachweise für die inner- bzw. außerbetrieblichen Gründe und Auswirkungen sammeln, wie zur

  • getroffenen Unternehmerentscheidung,
  • vergangenen und aktuellen wirtschaftliche Situation,
  • aktuellen und künftigen Organisationsstruktur oder
  • Belege, die den künftigen Arbeitsanfall prognostizieren.

bb) Kausaler Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten

Durch den inner- oder außerbetrieblichen Grund muss ein Überhang an Arbeitskräften entstehen, durch den unmittelbar oder mittelbar das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (BAG NZA 1986, 155 f.).

cc) Dringlichkeit des betrieblichen Erfordernisses

Die betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein. Es darf dem Arbeitgeber nicht möglich sein, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen (BAG NZA 1986, 823).

Der Arbeitgeber muss daher vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung dem Arbeitnehmer eine objektiv mögliche anderweitige Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz, ggf. zu geänderten Bedingungen, anbieten (BAG NZA 2014, 730, 732). Eine Änderungskündigung kann nur in Extremfällen unterbleiben, z.B. bei einer völlig unterwertigen Beschäftigung (Angebot einer Pförtnerstelle an den bisherigen Personalchef, BAG NZA 2005, 1289, 1291 f.; NZA 2014, 730, 732).

 

Hinweis:

Es gilt eine abgestufte Darlegungslast (BAG NZA 2014, 730, 732): Bestreitet der Arbeitnehmer lediglich den Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes, genügt der Vortrag des Arbeitgebers, eine Weiterbeschäftigung sei nicht möglich. Dem Arbeitnehmer obliegt es dann zu einer Beschäftigung an anderer Stelle vorzutragen und seine Vorstellungen mitzuteilen. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung als milderes Mittel nicht in Betracht kam.

dd) Sozialauswahl

Schließlich muss eine betriebsbezogene Sozialauswahl erfolgen, § 1 Abs. 3 KSchG (zur ausnahmsweise unternehmensbezogenen Sozialauswahl BAG NZA 1996, 307, 308; zu den Einschränkungen BAG NZA 2008, 753, 755).

Die Sozialauswahl erstreckt sich nur auf vergleichbare Arbeitnehmer. Entscheidend sind die tatsächliche Einsetzbarkeit (vergleichbare Aufgabenbereiche), die rechtliche Einsetzbarkeit (Berücksichtigung von Um-/Versetzungsmöglichkeiten im Wege des Direktionsrechts) und die horizontale Vergleichbarkeit (Vergleichbarkeit auf einer Hierarchieebene, vgl. BAG NZA 2005, 1302, 1305).

 

Hinweis:

Die Festlegung des Anforderungsprofils für den jeweiligen Arbeitsplatz unterliegt der freien unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers (BAG NJOZ 2002, 1788, 1795). Die Entscheidung kann nur auf offenbare Unsachlichkeit überprüft werden (BAG NZA 1997, 253, 254).

Aus dem auswahlrelevanten Personenkreis scheiden gesetzlich ordentlich nicht kündbare Arbeitnehmer (z.B. Betriebsratsmitglieder) aus (BAG NZA 2005, 1307, 1308).

Auch Arbeitnehmer, deren Weiterbeschäftigung wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes im berechtigten betrieblichen Interesse liegt, sind nicht in die Sozialauswahl mit einzubeziehen, § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG.

Unter den vergleichbaren Arbeitnehmern sind die Sozialkriterien des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG ausreichend zu berücksichtigen. Dem Arbeitgeber steht bei der Gewichtung ein Wertungsspielraum zu. Nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer können sich mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen (BAG NZA 2015, 426).

ee) Kollektive Auswahlrichtlinien und Interessenausgleich mit Namensliste

Liegt der betriebsbedingten Kündigung eine tarifliche oder betriebliche Auswahlrichtlinie oder ein Interessenausgleich mit Namensliste zugrunde, sind die für den Arbeitgeber günstigen Vorschriften des § 1 Abs. 4 u. 5 KSchG zu beachten.

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