Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Es unterliegt grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers, das Anforderungsprofil für einen eingerichteten Arbeitsplatz festzulegen (Senatsurteil vom 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - AP Nr 65 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Dies gilt insbesondere, wenn bei drittfinanzierten Arbeitsverträgen das festgelegte Anforderungsprofil den Vorgaben des Drittmittelgebers entspricht.

 

Normenkette

PersVG BR § 65 Abs. 1 c; KSchG § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 b

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Entscheidung vom 21.06.1995; Aktenzeichen 2 Sa 211/94)

ArbG Bremerhaven (Entscheidung vom 16.02.1994; Aktenzeichen 2 Ca 677/93)

 

Tatbestand

Die beklagte Kreishandwerkerschaft ist Trägerin einer überwiegend durch Mittel des Arbeitsamtes finanzierten Ausbildungseinrichtung, in der die Klägerin seit dem 1. August 1985 beschäftigt ist. Das Arbeitsverhältnis war zunächst bis 30. Juni 1986 befristet, in einem Vorprozeß haben sich die Parteien vergleichsweise dahin geeinigt, daß das Arbeitsverhältnis mit diesem Zeitpunkt geendet hat, aber am 1. August 1987 ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit unter Anrechnung der bisherigen Beschäftigungszeit begründet worden ist. Nach § 1 des Arbeitsvertrages war die Klägerin als Raumausstattermeisterin angestellt. Die Vergütung erfolgte zunächst nach VergGr. V b BAT, zuletzt nach VergGr. IV b BAT. Bis 30. Juni 1986 und dann wieder ab August 1987 bis April 1990 wurde die Klägerin im Förderlehrgang als Werkstattfachlehrerin im Raumausstatterbereich beschäftigt, von Mai 1990 bis April 1992 in einer Sondermaßnahme, vom 1. September 1992 bis 31. Oktober 1992 im Fußbodenverlegelehrgang für Maler, vom 1. November 1992 bis 18. Dezember 1992 im Förderlehrgang im Bereich Gartenbau als Werkstattfachleiterin und von Februar 1993 bis 31. Dezember 1993 im Sonderprogramm für Raumausstatter. Die Tätigkeit der Klägerin in anderen Fachbereichen war erforderlich, weil im Fachbereich Raumausstatter die Anzahl der Auszubildenden stark rückläufig war. Zuletzt standen zwei Ausbildern nur noch zwei bzw. drei Auszubildende gegenüber.

Im Hinblick darauf beantragte die Beklagte beim Personalrat mit Schreiben vom 3. Mai 1993 die Zustimmung zur fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zum 30. September 1993. Der Personalrat lehnte diesen Antrag ab. Die Beklagte rief daraufhin die Einigungsstelle an, die am 24. Juni 1993 tagte. Hierbei wurde eine Zwischenlösung getroffen, wonach Arbeitgeber und Personalrat in einem Gespräch mit dem zuständigen Abschnittsleiter beim Arbeitsamt klären sollten, ob der Antrag des Personalrats, die Klägerin als Sozialpädagogin in der Integrationswerkstatt einzusetzen, akzeptiert werde. Das Einigungsstellenverfahren wurde solange ausgesetzt. Im Protokoll heißt es, der Personalrat werde nach einem Gespräch mit dem Arbeitsamt seine Entscheidung überdenken. Am 29. Juni 1993 fand ein Gespräch mit dem Arbeitsamt statt, an dem die Beklagte, der Personalrat und die stellvertretende Frauenbeauftragte teilnahmen. Der Vertreter des Arbeitsamtes stellte sich auf den Standpunkt, die Stelle als Sozialpädagogin in der Integrationswerkstatt müsse mit einer ausgebildeten Fachkraft in Sozialpädagogik besetzt werden, die Befähigung der Klägerin reiche dazu nicht aus. Nicht einmal in ihrer bisherigen Position als Raumausstattermeisterin sei man mit der Klägerin zufrieden, ein Einsatz der Klägerin als Sozialpädagogin werde abgelehnt. Auf Drängen des Personalrats ließ sich die Beklagte die Stellungnahme des Arbeitsamts noch einmal schriftlich bestätigen. Das Schreiben des Arbeitsamts vom 30. Juni 1993 lautet:

"...

mit dem "Ergänzungsbogen Betreungskräfte" und den

beigefügten Befähigungsunterlagen haben sie dar-

gelegt, ggf. Frau R W mit der Wahr-

nehmung der Ganztagsstelle "soziale Teilnehmer-

betreuung" in der Integrationswerkstatt zu be-

treuen.

Nach Wertung dieser Unterlagen und im Hinblick

auf einzuhaltende Qualitätsstandards komme ich zu

dem Ergebnis, daß eine evtl. Realisierung der

obigen Absicht von mir nicht akzeptiert werden

wird.

Wie bereits in meinem Schreiben vom 14.6.1993

mitgeteilt, halte ich eine Stellenbesetzung mit

einer Fachkraft aus der Fachrichtung Sozialarbeit

bzw. Sozialpädagogik für unabdingbar notwendig.

Entsprechende fachliche Voraussetzungen werden

von der genannten nachweislich jedoch nicht er-

füllt."

Da die Beklagte zunächst der Auffassung war, mit diesem Schreiben seien die Einwände des Personalrats gegen die beabsichtigte Kündigung entfallen, kündigte sie mit Schreiben vom 30. Juni 1993 das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30. September 1993, nahm diese Kündigung aber später zurück.

Am 14. Juli 1993 besetzte die Beklagte die Stelle einer Sozialpädagogin in der Integrationswerkstatt mit einer Arbeitnehmerin, die in Polen u.a. den Titel "Magister der Fürsorgepädagogik" erworben hat und aufgrund einer entsprechenden Genehmigung berechtigt ist, in der Bundesrepublik Deutschland den Titel "Diplom-Pädagogin" zu führen. Am 5. August 1993 bat die Beklagte den Personalrat erneut um Zustimmung zur fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin, diesmal zum 31. Dezember 1993. Hierauf hat der Personalrat nicht reagiert. Am 24. August 1993 kündigte die Beklagte der Klägerin daraufhin fristgerecht zum 31. Dezember 1993.

Die Klägerin hält die Kündigung für sozialwidrig. Sie hat geltend gemacht, durch ihren Einsatz als Sozialpädagogin in der Integrationswerkstatt hätte eine Kündigung vermieden werden können. Ausweislich des ihr erteilten Zwischenzeugnisses habe ihre bisherige Arbeit nicht zu Beanstandungen Anlaß gegeben. Für eine Arbeit als Sozialpädagogin sei sie ohne weiteres geeignet gewesen, nachdem sie - insoweit unstreitig - im Wintersemester 1992/93 ein Studium der Sozialpädagogik/Sozialarbeit begonnen und am 6. Juli 1993 die Diplomvorprüfung abgelegt habe. Zu der Kündigung fehle außerdem die wirksame Zustimmung des Personalrats, da das Einigungsstellenverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, daß die Kündigung mit Schreiben

vom 24. August 1993 unwirksam ist und hier-

durch das Arbeitsverhältnis nicht zur Auflö-

sung gelangt,

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu

den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzube-

schäftigen.

Die Beklagte hat zur Stützung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, es habe an einer Einsatzmöglichkeit für die Klägerin gefehlt, nachdem das Arbeitsamt als Träger der Maßnahme wegen der eingeschränkten Qualifikation der Klägerin deren Einsatz in der Integrationswerkstatt abgelehnt habe. Die Klägerin könne von ihr nicht verlangen, daß sie sich über diese Entscheidung des Maßnahmeträgers hinwegsetze.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach den Klageanträgen erkannt. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Kündigung der Beklagten ist weder nach § 1 KSchG noch nach anderen Vorschriften rechtsunwirksam. Die Klage ist deshalb insgesamt unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es sei schon zweifelhaft, ob zu der Kündigung die nach dem bremischen Personalvertretungsgesetz vorgeschriebene Zustimmung des Personalrats vorliege. Mit Rücksicht auf das bei dem erneuten Zustimmungsersuchen noch nicht abgeschlossene Einigungsstellenverfahren könne nicht ohne weiteres aus dem Schweigen des Personalrats auf dessen Zustimmung geschlossen werden. Jedenfalls sei die Kündigung sozialwidrig, da die Klägerin auf einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle habe weiterbeschäftigt werden können. Ein Einsatz der Klägerin auf der Stelle einer Sozialpädagogin in der Integrationswerkstatt sei möglich gewesen und die Klägerin sei auch "an sich" geeignet gewesen, diese Aufgabe zu erfüllen. Da das Vorliegen eines Hochschulabschlusses als Sozialpädagoge/Sozialarbeiter nach den einschlägigen Richtlinien nicht zwingende Voraussetzung für eine Beschäftigung auf dieser Stelle gewesen sei, müsse davon ausgegangen werden, daß das Arbeitsamt die Besetzung der Stelle mit der Klägerin willkürlich abgelehnt habe. Schlechtleistungen der Klägerin in ihrem bisherigen Arbeitsgebiet seien nicht substantiiert dargelegt. Wenn das Arbeitsamt aber bei seiner Entscheidung auf derartige Schlechtleistungen abgestellt habe, müsse davon ausgegangen werden, daß dessen Berufung auf die fehlende berufliche Qualifikation der Klägerin lediglich vorgeschoben sei. Sei die Klägerin aber für die Besetzung der Stelle als Sozialpädagogin in der Integrationswerkstatt geeignet gewesen, habe die Beklagte nach der einschlägigen Dienstvereinbarung vorrangig ihr eigenes Personal, also die Klägerin, auf dieser Stelle einsetzen müssen.

II. Dem folgt der Senat nicht.

1. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert nicht, wie das Landesarbeitsgericht angedeutet hat, ohne darauf entscheidend abzustellen, an der fehlenden Zustimmung des Personalrats. Nach § 65 Abs. 1 c Bremisches Personalvertretungsgesetz (BremPVG) hat der Personalrat bei der Kündigung von Angestellten und Arbeitern mitzubestimmen. Hat der Leiter der Dienststelle den Personalrat über die beabsichtigte Maßnahme unterrichtet und dessen Zustimmung beantragt, so gilt nach § 58 Abs. 1 Satz 4 BremPVG die Maßnahme als gebilligt, wenn nicht der Personalrat innerhalb von zwei Wochen die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert. Der Zustimmungsantrag zu der Kündigung vom 24. August 1993 datiert vom 5. August 1993. Bei Ausspruch der Kündigung war die Zwei-Wochen-Frist abgelaufen, ohne daß der Personalrat zu der Kündigungsabsicht Stellung genommen hätte. Die Maßnahme galt damit nach § 58 Abs. 1 Satz 4 BremPVG als gebilligt.

Das von der Beklagten am 3. Mai 1993 eingeleitete Mitbestimmungsverfahren zu der Kündigung vom 30. Juni 1993 hatte auf den Fristablauf keinen Einfluß. Nach § 65 Abs. 1 c BremPVG hat der Personalrat bei jeder Kündigung mitzubestimmen. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift, dem Personalrat Gelegenheit zu geben, auf den Kündigungsentschluß des Arbeitgebers Einfluß zu nehmen, kann ein Mitbestimmungsverfahren grundsätzlich nur für die Kündigung Wirksamkeit entfalten, für die es eingeleitet worden ist (vgl. zur Betriebsratsanhörung BAG Urteil vom 11. Oktober 1989 - 2 AZR 88/89 - AP Nr. 55 zu § 102 BetrVG 1972, zu III 4 b der Gründe; Senatsurteil vom 31. Januar 1996 - 2 AZR 273/95 - AP Nr. 80 zu § 102 BetrVG 1972). Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber - wie hier - wegen Bedenken gegen die Wirksamkeit der ersten Kündigung vorsorglich erneut kündigt. Ist die erste Kündigung ordnungsgemäß zugegangen, so greift die ausdrückliche Pflicht des § 65 Abs. 1 c BremPVG ein, das Mitbestimmungsverfahren vor Ausspruch der erneuten Kündigung auch erneut durchzuführen.

2. Die Kündigung ist auch nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr.2 b KSchG unwirksam.

a) Bei der Frage, ob eine Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG) bzw. ob die Arbeitnehmerin an einem anderen Arbeitsplatz in der selben Dienststelle weiterbeschäftigt werden kann (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 b KSchG), handelt es sich um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die vom Revisionsgericht nur dahin überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob die Entscheidung in sich widerspruchsfrei ist (vgl. u.a. BAG Urteile vom 28. Februar 1990 - 2 AZR 401/89 - AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu II 1 b aa der Gründe, m.w.N. und vom 11. August 1994 - 2 AZR 9/94 - AP Nr. 31, aaO, zu II 1 der Gründe). Auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabes hält das angefochtene Urteil den Angriffen der Revision nicht stand.

b) Die Kündigung der Beklagten ist aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Die Klägerin selbst geht davon aus, daß ihre Weiterbeschäftigung in ihrer bisherigen Tätigkeit im Raumausstatterhandwerk nicht mehr möglich war, nachdem dort zuletzt nur noch zwei Auszubildende übrig geblieben sind. Auch wenn die Beklagte insoweit einen Ausbilder weiterbeschäftigt, so ist die von ihr getroffene soziale Auswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) jedenfalls nicht zu beanstanden.

c) Eine dem Arbeitgeber zumutbare Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 b KSchG) besteht nur, wenn ein vergleichbarer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, der insbesondere den Fähigkeiten des Arbeitnehmers entspricht (KR-Etzel, 4. Aufl., § 1 KSchG Rz 511 a).

Es unterliegt dabei grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung, das Anforderungsprofil für einen eingerichteten Arbeitsplatz festzulegen. Soweit die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen für die sachgerechte Erledigung der Arbeitsaufgaben erforderlich ist, kann die unternehmerische Entscheidung nur daraufhin überprüft werden, ob sie offenbar unsachlich ist. So ist die Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit besonderer Qualifikation ausführen zu lassen, grundsätzlich zu respektieren (Senatsurteile vom 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - und 5. Oktober 1995 - 2 AZR 269/95 - AP Nr. 65 und 71 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, letzteres auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

Bei drittfinanzierten Arbeitsverträgen kommt hinzu, daß das Anforderungsprofil oft bereits durch den Drittmittelgeber festgelegt wird. Es ist anerkannt, daß sich auch bei drittfinanzierten Arbeitsverträgen ein dringendes betriebliches Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb des Drittmittelempfängers entgegensteht, schon aus der Entscheidung des (meist öffentlichen) Drittmittelgebers ergeben kann, die Fördermittel zu streichen bzw. zu kürzen. Führt der Drittmittelempfänger die bisher geförderte Maßnahme nicht - etwa aus eigenen Mitteln - fort, so liegt darin für die dort beschäftigten Arbeitnehmer an sich ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung (BAG Urteil vom 30. Oktober 1987 - 7 AZR 138/87 - RzK I, 5c Nr. 24). Die unternehmerische Entscheidung des Drittmittelempfängers unterliegt insoweit nur einer Mißbrauchs- oder Willkürkontrolle (BAGE 32, 150 = AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; KR-Etzel, 4. Aufl., § 1 KSchG Rz 539 a). Auch soweit der Drittelmittelgeber versucht, auf die Besetzung der finanzierten Arbeitsplätze im Betrieb des Drittmittelempfängers Einfluß zu nehmen und dabei insbesondere eine bestimmte Mindestqualifikation der Arbeitnehmer durchzusetzen, haben sich die unternehmerischen Entscheidungen des Drittmittelempfängers stets an dem Recht des Drittmittelgebers zu orientieren, die Fördermittel zu streichen und ggf. andere Institutionen zu fördern, die vergleichbare Kurse mit qualifizierteren Arbeitnehmern durchführen. Selbst wenn der Drittmittelempfänger die Anforderungen des Drittmittelgebers an die Qualifikation der betreffenden Arbeitnehmer für überzogen hält, wird ihm deshalb letztendlich nichts anderes übrig bleiben, als dem Druck nachzugeben. Es kann von ihm dann lediglich verlangt werden, daß er sich zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer stellt und alle zumutbaren Mittel einsetzt, um den Drittmittelgeber von seiner Weigerung, den Arbeitnehmer mangels ausreichender Qualifikation zu akzeptieren, abzubringen (vgl. Senatsurteile vom 19. Juni 1986 - 2 AZR 563/85 - AP Nr. 33 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung und BAGE 27, 263 = AP Nr. 10 zu § 626 BGB Druckkündigung). Bleiben seine Bemühungen erfolglos, fehlt es an einem vergleichbaren Arbeitsplatz, auf dem der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden könnte, jedenfalls ist die Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber nicht zumutbar.

d) Das Berufungsgericht wendet, wie die Revision zu Recht rügt, schon den falschen Prüfungsmaßstab an, wenn es die Unternehmerentscheidung des Arbeitsamts nachprüft und darauf abstellt, diese sei mißbräuchlich und ermessensfehlerhaft. Die unternehmerische Entscheidung, die Klägerin nicht auf dem anderen Arbeitsplatz einzusetzen, hat allein die Beklagte getroffen. Eventuelle Ermessensfehler des Arbeitsamts sind ihr nicht ohne weiteres zuzurechnen.

e) Die Revision beanstandet darüber hinaus zu Recht, daß auch die Begründung, mit der das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsamts und damit letztlich die Entscheidung der Beklagten gegen eine Besetzung der freien Stelle mit der Klägerin als willkürlich ansieht, nicht trägt. Die Richtlinien, die das Arbeitsamt seiner Entscheidung über die Qualifikation der Klägerin zugrunde gelegt hat, gehen von dem Grundsatz aus, daß sich die Qualifikation der Ausbilder an der Ausbildereignungsverordnung (Verordnung über die Berufs- und arbeitspädagogische Eignung für die Berufsausbildung in der gewerblichen Wirtschaft vom 20. April 1972, BGBl. I S. 707) orientieren sollte. Die nach dieser Verordnung grundsätzlich durch eine Prüfung nachzuweisende berufs- und arbeitspädagogische Eignung der Ausbilder kann zwar auch durch eine Meisterprüfung in einem Handwerksberuf nachgewiesen werden. Wie § 22 Handwerksordnung erkennen läßt, bezieht sich insoweit der Eignungsnachweis jedoch nur auf das Handwerk, in dem ausgebildet werden soll. Der Beruf des Sozialpädagogen, der ein zumindest sechssemestriges Fachhochschulstudium und eine entsprechende praktische Ausbildung voraussetzt (vgl. Blätter zur Berufskunde 2 - IV A 30), ist deshalb für den Handwerksmeister eine fachfremde Tätigkeit. Es ist damit als sachgerecht anzusehen, wenn die Arbeitsverwaltung in ihren Richtlinien vorsieht, die Mitarbeiter im sozialen Bereich sollten in der Regel Sozialpädagogen, Sozialarbeiter oder staatlich anerkannte Erzieher sein. Wenn die Richtlinien vorsehen, daß die Qualifikation der Lehrkräfte und Sozialpädagogen ausnahmsweise auch anders als durch einen formalen Abschluß (Diplomprüfung und Berufspraktikum) nachgewiesen werden kann, so bedeutet dies noch nicht, daß die Entscheidung des Arbeitsamts, diesen Nachweis im Fall der Klägerin nicht als erbracht anzusehen, als ermessensfehlerhaft anzusehen ist. Der Klägerin fehlte es unstreitig an "entsprechender" beruflicher Erfahrung, also z.B. einem langjährigen Einsatz als Lehrkraft im Fachbereich Sozialpädagogik. An längeren Fortbildungsmaßnahmen, wie es die Richtlinien vorsehen, hat sie nicht teilgenommen, das gerade erst begonnene Fachhochschulstudium war jedenfalls vom Stand der Ausbildung im Zeitpunkt der Kündigung her nicht geeignet, der Klägerin eine Qualifikation zu verschaffen, die der einer voll ausgebildeten Fachkraft entsprach. Unter diesen Umständen kann es nicht als ermessensfehlerhaft, erst recht nicht als willkürlich angesehen werden, wenn das zuständige Arbeitsamt den Einsatz der Klägerin abgelehnt hat und die Beklagte diese Entscheidung im Ergebnis akzeptiert hat. Die von der Beklagten vorgelegten Zeugnisse der eingestellten Arbeitnehmerin lassen erkennen, daß auf dem Arbeitsmarkt hinreichend qualifizierte Arbeitskräfte vorhanden waren. Dabei war zu berücksichtigen, daß bei einem Einsatz der Klägerin zur Betreuung der Integrationswerkstatt überhaupt keine voll ausgebildete Sozialpädagogin zur Verfügung gestanden hätte, weil - was nach den Richtlinien zulässig war - die in der Integrationswerkstatt noch zur Verfügung stehende weitere halbe Stelle aus organisatorischen Gründen von einem Handwerksmeister mitbetreut werden mußte. Wenn bei der Beurteilung der Qualifikation der Klägerin deren Leistungsbild in ihrer bisherigen, mit einer Tätigkeit als Sozialpädagogin nicht vergleichbaren Tätigkeit mitberücksichtigt worden ist, so begründet dies noch keinen Ermessensfehlgebrauch.

f) Zu Unrecht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, die Beklagte habe die Klägerin unter den gegebenen Umständen auch trotz des Widerspruchs des Arbeitsamts als Sozialpädagogin in der Integrationswerkstatt weiterbeschäftigen müssen. Dazu war die Beklagte nicht verpflichtet. Sie mußte sich nur schützend vor die Klägerin stellen und die ihr zumutbaren Maßnahmen ergreifen, die Arbeitsverwaltung von ihrem Widerspruch gegen deren Einsatz abzubringen. Daß sie insoweit irgendwelche zumutbaren Maßnahmen unterlassen hätte, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Schon anläßlich des ersten Mitbestimmungsverfahrens ist unter Einschaltung des Personalrats und der Einigungsstelle der eingehende Versuch unternommen worden, eine Zustimmung des Arbeitsamts zu dem Einsatz der Klägerin auf dem freien Arbeitsplatz zu erlangen. Dieser Versuch ist nochmals gescheitert, nachdem unter ausdrücklicher Aussetzung des Einigungsstellenverfahrens auf eine erneute schriftliche Anfrage der Beklagten hin das Arbeitsamt einen Einsatz der Klägerin endgültig abgelehnt hat. Damit waren die Möglichkeiten der Beklagten ersichtlich ausgeschöpft. Es war ihr nicht zumutbar, die Klägerin einfach als Sozialpädagogin zu beschäftigen und damit die Streichung der Fördermittel zu riskieren. Andererseits konnte es auch ersichtlich nicht weiterhelfen, wie das Berufungsgericht dies offenbar annimmt, mit dem Arbeitsamt in eine Diskussion über die Qualität der Arbeit der Klägerin in ihrer bisherigen Position einzutreten.

g) Da der Sachverhalt feststeht und weitere tatsächliche Feststellungen nicht mehr zu erwarten sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Er folgt der rechtlichen Würdigung des Arbeitsgerichts. Dieses hat ausgeführt, es sei nicht zu beanstanden, wenn das Arbeitsamt für eine von ihm finanzierte Maßnahme bestimmte Leistungs- und Qualifikationskriterien zukünftig fordere, selbst wenn dies in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen sei. Die Klägerin könne nicht verlangen, daß die Beklagte sich darüber hinwegsetze. Daß es sich bei dem Schreiben vom 30. Juni 1993 lediglich um ein Gefälligkeitsschreiben gehandelt habe, davon könne nach den ausführlichen Vorgesprächen zwischen der Beklagten und dem Arbeitsamt nicht ausgegangen werden. Bereits aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 8. Juni 1993 ergebe sich, daß das Arbeitsamt nach Verhandlungen über die verschiedenen Stellen in der Integrationswerkstatt vorgegeben habe, die volle Sozialpädagogenstelle müsse von einer ausgebildeten Fachkraft wahrgenommen werden. Dennoch habe die Beklagte noch um eine Stellungnahme bezüglich eines Einsatzes der Klägerin gebeten, was vom Arbeitsamt zunächst mündlich, dann schriftlich abgelehnt worden sei. Ein "abgekartetes Spiel" könne in diesem Hergang nicht gesehen werden. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.

Etzel Bröhl Fischermeier

Strümper Thelen

 

Fundstellen

Haufe-Index 438244

BB 1997, 268 (L1)

DB 1997, 581-582 (LT1)

NJW 1997, 1252

NJW 1997, 1252-1254 (LT)

NWB 1997, 587

BuW 1997, 158 (T)

EBE/BAG 1997, 30-32 (LT1)

EBE/BAG Beilage 1997, Ls 27/97 (L1)

ARST 1997, 38-40 (LT1)

JR 1997, 352

NZA 1997, 253

NZA 1997, 253-256 (LT1)

RzK 00, I 5c Nr 78 (L1)

ZAP, EN-Nr 163/97 (L)

ZTR 1997, 139 (LT1)

AP 00, Nr 00

ArbuR 1997, 83 (S1)

EzA-SD 1997, Nr 2, 8-10 (LT1)

ZMV 1997, 141

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