Die Vorschriften der §§ 327 bis 327s BGB sind nach § 327 Abs. 1 S. 1 BGB auf Verbraucherverträge i.S.v. § 310 Abs. 3 BGB anzuwenden, welche als Vertragsgegenstand die Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (digitale Produkte) durch den Unternehmer gegen Zahlung eines Preises zum Gegenstand haben. Die bewusst weite Fassung soll nach den Erwägungsgründen 10 und 19 der RL digitale Angebote unabhängig von der konkreten technischen Ausgestaltung erfassen (Technologieneutralität), um sicherzustellen, dass die RL entwicklungsoffen ist und Umgehungen durch eine Anpassung der Technologie vermieden werden (RegE, a.a.O., S. 37 und 39).

Preis ist (neben einer Geldzahlung) nach § 327 Abs. 1 S. 2 BGB auch eine digitale Darstellung eines Werts (z.B. elektronische Gutscheine oder E-Coupons, RegE, a.a.O., S. 38; vgl. Art. 2 Nr. 7 RL).

Digitale Inhalte (z.B. nach Erwägungsgrund Nr. 19 RL Computerprogramme, Video- oder Musikdateien, digitale Spiele, elektronische Bücher oder andere elektronische Publikationen – ebenso wie „Anwendungen”, etwa Applikationen für mobile Endgeräte oder ähnliche Anwendungssoftware, RegE, a.a.O., S. 39: es „genügt, wenn die Daten in digitaler Form mittels eines Computerprogramms wahrnehmbar gemacht werden können”) sind gem. § 327 Abs. 2 S. 1 BGB (Art. 2 Nr. 1 RL) Daten, die in digitaler Form erstellt oder bereitgestellt werden. Sie sind zu unterscheiden von einem ggf. zur Speicherung des digitalen Inhalts verwendeten Datenträger.

Digitale Dienstleistungen sind nach § 327 Abs. 2 S. 2 BGB (Art. 2 Nr. 2 RL) Dienstleistungen, die dem Verbraucher

  • die Erstellung, die Verarbeitung oder die Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu solchen Daten ermöglichen (Nr. 1 – alleinige Nutzung durch den Verbraucher), oder
  • die gemeinsame Nutzung der vom Verbraucher oder von anderen Nutzern (die keine Verbraucher sein müssen) der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen (Nr. 2, einschließlich Software-as-a-Service, wie die gemeinsame Nutzung von Video- oder Audioinhalten und anderer Formen des Datei-Hosting, Textverarbeitung oder Spiele, die in einer Cloud-Computing-Umgebung oder in sozialen Medien angeboten werden, Erwägungsgrund 19 RL; Dienstleistungen und Angebote [„Apps”], bei denen Nutzer Inhalte einstellen oder mit anderen Nutzern oder dem Anbieter interagieren können, insb. soziale Netzwerke bzw. soziale Medien, aber auch Verkaufs-, Buchungs-, Vergleichs-, Vermittlungs- oder Bewertungsplattformen bzw. eine gemeinsam genutzte cloudbasierte Textverarbeitung, RegE, a.a.O., S. 39).

Die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB sind nach § 327 Abs. 3 BGB auch auf Verbraucherverträge über die Bereitstellung digitaler Produkte anwendbar, bei denen der Verbraucher anstelle oder neben der Zahlung eines Preises personenbezogene Daten bereitstellt oder sich zu deren Bereitstellung verpflichtet – es sei denn, die Voraussetzungen des § 312 Abs. 1a S. 2 BGB liegen vor (vgl. Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 RL, unter I.).

§ 327 Abs. 4 BGB stellt klar, dass die § 327 ff. BGB auch auf Verbraucherverträge, die digitale Produkte zum Gegenstand haben, zur Anwendung gelangen, welche nach den Spezifikationen des Verbrauchers entwickelt (digitale Dienstleistungen) werden (arg.: das Verbraucherschutzniveau soll durch solche Produktgestaltungen nicht unterwandert werden, RegE, a.a.O., S. 41; Art. 3 Abs. 2 RL). Beispielsweise (Erwägungsgrund 26 RL) „maßgeschneiderte Software” oder die Bereitstellung elektronischer Dateien i.R.d. 3D-Drucks von Waren. Die mittels digitaler Produkte hergestellten Sachen selbst unterfallen hingegen nicht der RL.

Nach § 327 Abs. 5 BGB erfassen die §§ 327 ff. BGB (mit Ausnahme der §§ 327b und c BGB, statt derer gelten die allgemeinen Regelungen des § 475 Abs. 1 und 2 BGB) auch Verträge über körperliche Datenträger (z.B. DVDs, CDs, USB-Sticks oder Speicherkarten, Erwägungsgrund 20 RL; nicht hingegen – mangels digitaler Speicherung – Schallplatten oder Audiokassetten, RegE, a.a.O., S. 42), welche selbst (d.h. es wird nicht lediglich der Zugang zu oder die Bedienung von an anderen Speicherorten befindlichen digitalen Inhalten ermöglicht) und ausschließlich als Träger digitaler Inhalte dienen (nicht: „dienen können”, womit Leermedien wie z.B. Rohlinge nicht erfasst werden) (Art. 3 Abs. 2 RL).

Ein Anwendungsausschluss besteht hingegen nach § 327 Abs. 6 BGB (Art. 3 Abs. 5 RL) für:

  • Verträge über andere Dienstleistungen als digitale Dienstleistungen, unabhängig davon, ob der Unternehmer digitale Formen oder Mittel einsetzt, um das Ergebnis der Dienstleistung zu generieren oder es dem Verbraucher zu liefern oder zu übermitteln (Nr. 1 – z.B., Erwägungsgrund 27 S. 1 RL, die Erbringung freiberuflicher Dienstleistungen wie Übersetzungsleistungen, Dienstleistungen von Architekten, juristische Dienstleistungen oder sonstige Fachberatungsleistungen, die ein Unternehmer, auch unter Einsatz digitaler Mittel, persö...

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