Der BGH (Urt. v. 26.11.2020 – I ZR 169/19) hat über die Wirksamkeit eines Verbraucherwiderrufs entschieden: Die Beklagten (Hauseigentümer) unterzeichneten in ihrer Wohnung einen Alleinverkaufsauftrag mit dem Kläger (Makler). Die Vertragsbedingungen enthielten eine Klausel, wonach die Beklagten dem Kläger pauschalen Schadenersatz zu zahlen haben, wenn die Beklagten während der Vertragslaufzeit einen Kaufvertrag ohne Mitwirkung des Klägers abschließen. Die Beklagten unterzeichneten zudem ein gesondertes Blatt mit einer Widerrufsbelehrung, in der darauf hingewiesen wird, dass für einen Widerruf das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwendet werden kann. Tatsächlich war ein solches aber nicht beigefügt. Im Anschluss an die Widerrufsbelehrung folgten zwei jeweils handschriftlich angekreuzte, vom Kläger vorformulierte "Erklärungen des Auftraggebers" mit folgendem Inhalt:

Zitat

"Ich verlange, dass Sie mit der Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen (§ 357 Abs. 8 BGB). Mir ist bekannt, dass ich bei vollständiger Vertragserfüllung durch Sie mein Widerrufsrecht verliere (§ 356 Abs. 4 BGB), wenn Sie bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist die Dienstleistung vollständig erbracht haben."

Die Beklagten verwiesen die späteren Erwerber ihrer Immobilie an den Kläger. Dieser übermittelte den späteren Erwerbern Unterlagen zu dem Objekt und nahm mit ihnen und weiteren Interessenten Besichtigungen vor. Er ließ sich von ihnen ermächtigen, einen Notar mit der Vorbereitung eines Kaufvertrags zu beauftragen. Am 15.9.2017 schlossen die Beklagten und die Erwerber einen notariellen Kaufvertrag über das Objekt zum Preis von 425.000 EUR, in dem die Kaufvertragsparteien bestätigten, der Kläger habe den Vertrag vermittelt. Der Kläger erteilte beiden Beklagten Rechnungen über den jeweils hälftigen Betrag der Maklerprovision. Die Beklagten erklärten am 7.12.2017 den Widerruf des Maklervertrags. Nach vergeblichen Mahnungen hat der Kläger die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 15.172,50 EUR als Provision bzw. Wertersatz und auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch genommen. Das LG Münster (Urt. v. 15.10.2018 – 10 O 70/18) und das OLG Hamm (Urt. v. 12.8.2019 – 18 U 119/18) wiesen die Klage ab, die zugelassene Revision blieb erfolglos.

Der BGH bestätigte die Sichtweise der Vorinstanz, dass die Beklagten den Maklervertrag wirksam widerrufen haben und dass der Kläger wegen nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung auch keinen Wertersatz beanspruchen könne. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sowie bei Fernabsatzverträgen steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht gem. §§ 312g Abs. 1, 355 BGB zu. Gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB), nicht jedoch, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB unterrichtet hat (§ 356 Abs. 3 S. 1 BGB). Das Widerrufsrecht erlischt spätestens (Höchstdauer) zwölf Monate und 14 Tage nach dem in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB genannten Zeitpunkt des Vertragsschlusses (§ 356 Abs. 3 S. 2 BGB). Die Regelung in Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB legt die Informationspflichten des Unternehmers fest, wenn dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zusteht. Danach ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 BGB sowie über das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und § 2 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB zu informieren. Der Unternehmer kann nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB die Informationspflicht bzgl. der Widerrufsbelehrung dadurch erfüllen, dass er das in der Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung zutreffend ausgefüllt in Textform übermittelt. Nach Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen nach Art. 246a § 1 EGBGB vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen. Bei einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag muss der Unternehmer die Informationen auf Papier oder, wenn der Verbraucher zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen (Art. 246a § 4 Abs. 2 S. 1 EGBGB). Das konnte der Kläger nicht beweisen. Der Widerruf war vor Ablauf der in § 356 Abs. 3 S. 2 BGB genannten Höchstfrist von zwölf Monaten und 14 Tagen nach dem Vertragsschluss erfolgt. Bei einem Fernabsatzvertrag muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen, in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise, zur Verfügung stellen (Art. 246a § 4 Abs. 3 S. 1 EGBGB).

Die Widerrufsfrist war außerdem auch mangels Aushändigung der Information über das Muster-Wide...

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